Herz und Portemonnaie

17.08.2024 | Timo Züst

Der FDP-Stamm hat ein Update bekommen. Früher traf sich die FDP einmal im Monat am Samstagvormittag zum Stamm im Alters- und Pflegeheim Haus Unteres Gremm (HUG). Neu werden rund dreimal pro Jahr öffentliche Infoveranstaltungen mit spannenden Gästen veranstaltet. Dieses Mal spricht Regierungsrat Hansueli Reutegger. Über das geplante «Strassenverkehrs- und Sicherheitszentrum» in Gmünden und den Finanzausgleich. Kritische Stimmen gibt es zu beiden Themen.

Eigentlich ist Hansueli Reutegger der «Finänzler» der Regierung. Aber eben erst seit Beginn der aktuellen Legislatur. Per 1. Juni 2023 gab er das Departement Inneres und Sicherheit an die damals neu gewählt Katrin Alder ab. Während der vier Jahre zuvor hatte er unter anderem das Neubau- bzw. Sanierungsprojekt der Strafanstalt Gmünden (STVA) aufgegleist – heute trägt es den Titel «Strassenverkehrs- und Sicherheitszentrum». Grund dafür: Nicht nur das Gefängnis soll erneuert werden. Wird das Projekt bzw. der Kredit von Kantonsrat und Volk gutgeheissen, entsteht hier auch das neue Strassenverkehrsamt inkl. Stützpunkt der Regional- und Verkehrspolizei. Das Projekt soll 62.5 Mio. Franken kosten. Da der Bund aber 11 Mio. Franken für die Erneuerung des Gefängnisses zugesichert hat, wird Ausserrhoden dereinst «nur» über einen Kredit von 51.5 Mio. Franken abstimmen. Davon entfallen 31 Mio. auf die STVA, 15 Mio. auf das Verkehrsamt, 4.5 Mio. auf die Polizei und 1 Mio. Franken auf die Planung. Aber zurück zu Regierungsrat Hansueli Reutegger. Eben genau, weil er heute dem Departement Finanzen vorsteht, ist er der richtige für den Info- und Diskussionsvormittag im HUG. Denn die FDP Teufen will nicht nur Gmünden, sondern auch den Finanzausgleich diskutieren. Aber der Reihe nach.

Zu kleine Zellen

«Früher sprach man von den arbeitsscheuen Leuten.» Hansueli Reutegger beginnt mit einem Rückblick. Dieses «Früher» ist schon eine Weile her. Seit 140 Jahren werden in Gmünden Menschen untergebracht, die als nicht gesellschaftskonform eingestuft wurden. «Der Wechsel zur Strafanstalt erfolgte dann in den 50er- und 60er-Jahren.» Aus dieser Zeit stammt auch der Mittel- bzw. Hauptteil der heutigen STVA. Dazu kommt das im Jahr 2007 erbaute kantonale Gefängnis. Hier ist die Untersuchungshaft untergebracht, während der besonders strenge Regeln gelten. «Man spricht vom ‘23/1-System’. Wer in U-Haft sitzt, ist 23 Stunden pro Tag in der Zelle und eine Stunde auf ‘Freigang’ in einem kleinen Innenhof, der 7 auf 7 Meter misst.» Dieser Teil der Anlage ist strikte vom Rest getrennt. Das gilt auch für das rote Haus. Es beheimatet den Spezialvollzug für Frauen – einer von nur zwei in der ganzen Schweiz.

Bei diesen beiden Gebäuden ist der Sanierungsbedarf bescheiden. Am erst 17 Jahre alten kantonalen Gefängnis muss kaum etwas gemacht werden. Das «Frauengefängnis» wurde bereits saniert, hier braucht es nur noch einige Nacharbeiten. «Das eigentliche Problem sind der grosse Mittelkomplex aus den 60er-Jahren sowie der alte Stall und die Werkstatt.» Dabei geht es nicht nur um die mittlerweile sanierungsbedürftige Bausubstanz. Auch die eidgenössischen Vorgaben kann die STVA seit längerem nicht mehr erfüllen. Das gilt für die Zellengrösse, aber auch für die Infrastruktur. Heute werden Inhaftierte beispielsweise für körperliche Betätigungen in eine externe Anlage gefahren. «Es mag erstaunen, dass das neue Projekt eine Turnhalle beinhaltet. Aber das ist heute Vorschrift», erklärt Hansueli Reutegger. An Grösse und Kapazität der Strafanstalt soll sich indes nichts ändern.

Auch in Zukunft können hier maximal 62 Inhaftierte untergebracht werden. Der Grossteil davon – wie heute – im offenen Vollzug. Dieser gilt auch für die Frauen. «Wir werden häufig gefragt, was für Menschen in Gmünden sind. Das können ganz unterschiedliche Fälle sein. Auch Mörder oder Totschläger. In dem Fall verbringen sie aber nur den letzten Teil ihrer Haftstrasse dort.» Im sogenannten offenen Vollzug sollen sie nämlich resozialisiert und auf die Wiedereingliederung in die Gesellschaft vorbereitet werden.

Zudem erklärt der Regierungsrat: Nur rund 10 Prozent der Inhaftierten stammt aus Ausserrhoden – mit Ausnahme des kantonalen Gefängnisses bzw. der U-Haft. Das liegt daran, dass die Ostschweizer Kantone in einem Strafvollzugs-Konkordat zusammenarbeiten. So werden Verurteilte unterschiedlichen bzw. passenden Anlagen zugewiesen. Oft ausserhalb der jeweiligen Wohnkantone. Für Ausserhoden bedeutet das: Die STVA Gmünden verbucht jährlich einen «Gewinn» von mindestens (nach Leistungsauftrag) 700’000 Franken und gleichzeitig bezahlt der Kanton rund 1.5 Mio. Franken für Ausserrhodinnen und Ausserrhoder, die anderswo eingesperrt sind. «Auch mit dem Neubau wird noch ein Gewinn von über 200’000 Franken resultieren. Und in etwa 49 Jahren hätten wir sogar einen ‘Return of Investment’. Dann wäre die Anlage auch abgeschrieben.»

Zentrale Synergien

Die Geo-Marker sind teilweise weit voneinander entfernt. Zwei im Vorderland, drei im Mittelland, zwei im Hinterland – und einer in Wil. Hansueli Reutegger erklärt: «Diese Folie zeigt die acht Standorte, an denen das Strassenverkehrsamt heute tätig ist. Das ist natürlich alles andere als optimal. Ausserdem sind wir vielerorts eigemietet und können keinen längerfristigen Betrieb garantieren.» Die Lösung: Ein Neubau in Gmünden. Dort soll aber nicht nur das Strassenverkehrsamt – samt Prüfungsstelle für PKW und LKW –, sondern auch die Regional- und Verkehrspolizei unterkommen. «Sie ist heute auf Trogen und Herisau verteilt. Und besonders in Trogen ist der Standort mitten im Dorf nicht optimal.» Ausserdem fehle es immer wieder an Platz. Zum Beispiel für sichergestellte Fahrzeuge.

Frühester Baubeginn des «Strassenverkehrs- und Sicherheitszentrum Gmünden» wäre dann im zweiten Quartal 2028 – mit Abschluss im Frühling 2030.

Anders gesagt: Der Kanton sieht schon länger Handlungsbedarf. Und im Gebiet Gmünden hat er den perfekten Ort für eine zentralisierte Anlage gefunden. «Der Standort ist aus mehreren Gründen ideal. Erstens liegt er im ‘Herzen’ des Kantons. Zweitens müssen wir hier wenig Boden verbauen und drittens befindet sich die Liegenschaft bereits im Besitz des Kantons.» Hansueli Reutegger erhofft sich vom Zusammenzug von Strafanstalt, Verkehrsamt und Polizei aber auch Synergien. «Die Polizei wird immer mal wieder zur Unterstützung ins Gefängnis gerufen. Und die Verkehrspolizei arbeitet eng mit dem Strassenverkehrsamt zusammen.»

Verkehr, Biodiversität, Landwirtschaft

Auch wenn sie in der Inhaltsübersicht anfangs gefehlt hatte: Die letzte PowerPoint-Folie zeigt das obligate Fragezeichen. Und sie wird rege genutzt. Auf eine Nachfrage zum Mehrverkehr antwortet Regierungsrat Hansueli Reutegger: «Das können wir leider nicht genau berechnen, da wir nicht wissen, welches Auto woher kommt. 50 bis 60 Prozent der Fahrzeuge werden von Garagisten vorgeführt. Was wir wissen: Die Anzahl gefahrener Kilometer wird sich dank der zentralen Lage im Kanton im Gegensatz zu heute verringern. Und pro Tag würden maximal 8 LKWs anfahren.»

Ein anderer Anwesender erhofft sich die Prüfung möglicher Kompensationen im Bereich der Biodiversität – im Hinblick auf die Flächen, die für den Bau versiegelt würden. Der konkrete Vorschlag: ein grosses Biotop. Auch die heutigen Pächter der Landwirtschaftsfläche (Edi und Ruth Tanner) sind anwesend und fragen unter anderem nach der geplanten Pflanzung von Bäumen und der Umlegung des Wanderwegs. Hansueli Reutegger beschwichtigt: «Die jetzt eingezeichneten Bäume dienen nur der Veranschaulichung. Wie das dann im Detail aussehen wird, werden wir mit euch anschauen. Wir befinden uns sowieso noch in einem frühen Stadium.» Denn: Nach der Analyse der Vernehmlassung folgen im kommenden Jahr die zwei Lesungen im Kantonsrat. Das Volk wird voraussichtlich Mitte 2026 befragt. Das Baubewilligungsverfahren startet im Falle eines «Ja» ein weiteres Jahr später. Frühester Baubeginn des «Strassen- und Sicherheitszentrum Gmünden» wäre dann im zweiten Quartal 2028 – mit Abschluss im Frühling 2030.

Finanzausgleich: Der vertretbare Rahmen

Eines der wichtigsten Geschäfte auf der Traktandenliste des Kantonsrats in diesem Jahr ist das neue Finanzausgleichsgesetz. An der ersten Lesung Mitte Juni sprach sich das Parlament im Grundsatz für den Vorschlag der Regierung aus. Dieser beinhaltet eine deutliche Mehrbelastung für die wichtigste Gebergemeinde – Teufen. Auch darüber wurde im HUG an diesem Morgen gesprochen. FDP-Präsident und Organisator des Anlasses Marco Sütterle sagte zu Beginn der Diskussion: «Teufen wurde vorher als Herz des Kantons bezeichnet. Es ist aber eben auch ein wenig dessen Portemonnaie.» Insbesondere ging es anschliessend um die Frage: Was, wenn Teufen die Steuern anheben muss? Gemeindepräsident Reto Altherr sagte dazu: «Wir müssen uns einfach bewusst sein, dass wir uns schon heute in einem harten Steuerwettbewerb befinden. Und wenn Teufen wichtige Steuerzahler verliert, schadet das nicht nur uns, sondern dem ganzen Kanton. Wir stehen zum Finanzausgleich, er sollte sich aber in einem vertretbaren Rahmen bewegen.» Dieser «vertretbare Rahmen» sei eben eine relative Grösse, antwortete Regierungsrat Hansueli Reutegger. «Das Parlament sprach sich in der ersten Lesung dafür aus, dass sich der neue Finanzausgleich in diesem Rahmen beweget. Aber mal schauen, was die zweite Lesung bringt.»

Hier lesen Sie den Bericht zur ersten Lesung im Kantonsrat.

Hier lesen Sie mehr über das neue Finanzausgleichsgesetz und die Haltung des Gemeinderats.

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