













Der gewählte Ort ist ideal. Auf dem Schulhausareal in Niederteufen wurde eine multifunktionale und biodiverse Umgebung gestaltet, die sich seither schön entwickelt hat. Der seit 14 Tagen für die Bau- und Umweltkommission zuständige Gemeinderat Harry Ramsauer wartet noch etwas mit seinen Begrüssungsworten, weil anfänglich kaum Interessierte vor Ort sind. Gegen 11 Uhr begrüsst der amtsjüngste Gemeinderat rund 50 Personen. Er betont die Wichtigkeit einer möglichst intakten und biodiversen Natur als unverzichtbare Grundlage unseres menschlichen Lebens. Für Fragen und Anregungen steht er gerne zur Verfügung.
Nistkästen und Bienenhotels
Der Renner des heutigen Tages scheinen die Vogel-Nistkästen zu sein. Einige sind bereits zusammengebaut und dürfen gratis mitgenommen werden. Sie haben denn auch schnell neue Eigentümerinnen und Eigentümer gefunden. Andere werden mit viel Motivation, vor allem von Kindern und ihren Vätern, vor Ort zusammengebaut. Bausätze, Schrauben und Werkzeuge liegen bereit.
Auch am Stand der Natur- und Kleintierfreunde stehen selbstgebaute Nistkästen. Auf einer Gemeindekarte sind die Platzierungen der Vogel- und auch Fledermaus-Nistkästen, welche der Verein selber gebaut hat und betreut, mit roten, respektive blauen Punkten markiert. Wer Interesses an solchen Nistkästen hat oder sich im Verein engagieren möchte, kann sich melden unter: https://www.nkt-teufen.ch/.
Am Stand der Gemeinde können Bausätze von Kleinst-Bienenhotels mitgenommen oder ebenfalls vor Ort fertiggebaut werden. Diese sind besonders an unsere jüngsten Mitglieder der Gesellschaft gerichtet und sollen mithelfen sie möglichst früh für die Natur zu interessieren. Auf dem Schulhausareal steht ein richtig grosses Bienenhotel. Dort können die Schülerinnen und Schüler beobachten, wann und wo sich Wildbienen einnisten. Die allermeisten Wildbienen bauen ihre Nester jedoch im Boden, zwischen Steinen oder auf Sand- und Kiesplätzen.
Vögel und fremde Pflanzen
Am Stand der Tüüfner Aktion für Biodiversität wird diskutiert und gefragt. Auch Levi Fitze, der junge Naturfotograf und Ornithologe, erteilt gerne Auskunft über eine seiner Leidenschaften, die Vögel, https://levifitze.ch/.
Ein Besucher ärgert sich gar: «Warum verkaufen all die Gartencenter und Baumschulen diese gebietsfremden Pflanzen immer noch? Das macht doch wirklich keinen Sinn …»
Eine Liste auf dem Tisch zeigt verschiedene Arten exotischer Pflanzen, die null biologischen Nutzen, das heisst auch keine Nahrung für unsere einheimischen Vögel, Insekten und andere Tiere bringen, ja manchmal gar eine Gefahr für sie sind. Einzelne sind offiziell verboten, andere nicht. Wichtig ist deren Ausbreitung durch Samen, Wurzeln oder Ausläufer zu verhindern und natürlich keine solchen Pflanzen mehr anzupflanzen. Dazu gehören unter anderem Kirschlorbeer, Thuja, Sommerflieder, Topinambur, Forsythie usw. Weitere Informationen siehe: www.exotischeproblempflanzen.ch
















Einheimische nützen
Urs Broggi, pensionierter Landschafts-Architekt, nimmt Interessierte mit auf einen Rundgang durch die von ihm geplante Schulhausumgebung in Niederteufen. Aus seinem sehr reichen Erfahrungsschatz erzählt der passionierte Gartengestalter und Naturkenner viele interessante Details und beantwortet Fragen.
«Wollen wir wirklich etwas für die Stärkung der Vielfalt (Biodiversität) in unserer Umgebung tun, sollten wir gut darauf achten, möglichst einheimische Pflanzen zu verwenden. Sie sind Nahrung und Existenzgrundlage unserer einheimischen Fauna und geben letztlich das Leben wieder weiter.»
«Eine gute Möglichkeit sind einheimische Wildstauden-Mischpflanzungen». Diese zeigt er direkt vor Ort. Stauden sind mehrjährige, nicht verholzende Pflanzen, die den Winter (oder Teile des Sommers) kurz über oder unter der Erdoberfläche überdauern und im nächsten Jahr wieder neu austreiben. Sie eigenen sich besonders für nährstoffreiche Böden (wie sie sehr häufig vorkommen bei uns). Die Methode der Stauden-Mischpflanzungen wurde in den 1990er-Jahren mit dem Ziel entwickelt, artenarme Bodendecker-Pflanzungen durch artenreiche, dynamische und pflegeextensive Staudenpflanzungen abzulösen. Wer sich dafür interessiert, findet hilfreiche Informationen unter: https://www.zhaw.ch/de/lsfm/institute-zentren/iunr/urbane-oekosysteme/pflanzenverwendung/wildstauden-mischpflanzungen/hintergrundwissen.
Blühende Wiesen
Etwas weiter hinten können die blühenden Margriten und andere Blüten in der Wiese bewundert werden. «Hier handelt es sich um eine Zwei-Schnittwiese (auch Wildblumenwiese genannt), im Gegensatz zu Vier- bis Sechsschnittwiesen. Auf letzteren gedeihen praktisch nur Gräser (und noch Löwenzahn und Hahnenfuss), weil diese die vielen Nährstoffe viel effizienter nutzen können als die meisten einheimischen Wildblumen. So sind die sog. saftigen Bauernwiesen heute leider ‘ökologische Wüsten’ in denen kaum Fauna überleben kann. Je kleiner die Betriebe, je intensiver die Nutzung. So ist die Landwirtschaft in unserem Kanton denn auch eine der intensivsten der Schweiz und z.B. viel intensiver als in Frankreich oder Deutschland, wo es grosse kaum ungenutzte Restflächen gibt.
Nährstoffarme Böden und spät schneiden, das Heu ein paar Tage liegen und absamen lassen und dann von der Wiese entfernen, sind die Grundlagen einer jeden Wiese mit einer grossen Blütenvielfalt. Wichtig ist auch: nicht alles auf einmal mähen.»
Die Wichtigkeit der Vernetzung von biodiversen Flächen wird betont, damit die Tiere genügend Schutz und Nahrung finden und dies in einer für sie erreichbaren Distanz.
«Das Schutzbedürfnis kommt beim Tier (und vermutlich auch beim Menschen) vor dem Nahrungsbedürfnis. Deshalb sind Unterschlupfmöglichkeiten und Verstecke so wichtig. Vögel können sich in Dornenhecken z.B. vor Katzen und anderen Räubern schützen.»
Auch die moderne Waldwirtschaft hat gelernt. Altholz liegen lassen, fördert die Biodiversität. Eine gewisse «Unaufgeräumtheit» im Garten fällt uns (Schweizern) immer noch schwer, aber sie nützt der Natur.
Am heutigen Tag gibt es noch ganz viel anderes zu lernen, z.B. über Sandsteine von Teufen die nur gesägt werden können oder solche von Rorschacherberg, die sich spalten lassen. In jedem Fall sind sie umweltschonender als Steine aus fernen Regionen oder Ländern.
Eine Frage bleibt unbeantwortet: Warum interessieren sich nicht mehr Bewohnerinnen und Bewohner unseres Dorfs (unseres Planeten) für das Wesen und die Funktionsweise der Natur, von der wir Menschen doch Teil sind und so viel lernen könnten? Oder war es einfach nur zu heiss heute und die Badi naheliegender?