Der 25-jährige Patrick Angehrn bei einem der Trainings für das grosse Abenteuer. Seine längste Zeit an Bord des «Clipper 70» waren bisher sechs Tage – im Ärmelkanal. Foto: zVg
Timo Züst
Die «Clipper Round The World Challenge» ist ein Segelrennen um die ganze Welt. Der 25-jährige Teufner Patrick Angehrn hat sich für die längste Etappe des Rennens angemeldet: von Macao über Qingdao in China nach Seattle in den USA. Die Überquerung des Nordpazifiks wird rund vier Wochen dauern – inklusive Stürmen, Kälte und starkem Seegang.
Eat. Sleep. Sail. Repeat. So wird der Alltag von Patrick Angehrn ab Anfang März für rund zwei Monate aussehen. Essen. Schlafen. Segeln. Wiederholen. Denn dann stösst der 25-jährige für zwei Etappen zum längsten Segelrennen der Welt, der «Clipper Round The World Challenge». Organisiert wird diese Regatta um die ganze Welt von einem englischen Unternehmen, das auch die einzigartigen «Clipper»-Boote betreibt. «Solche Boote sieht man sonst nirgends. Das sind über 21 Meter lange Rennboote. Etwas ganze Spezielles», erklärt Patrick Angehrn. Kurz vor Weihnachten trifft er sich mit der TP auf einen Kaffee in Teufen. Gerade ist er von Ohio zurückgekehrt. Dort hat der Maschinenbaustudent (ETH Zürich) sein viermonatiges Industriepraktikum bei einem amerikanischen Werk von «SFS» absolviert. Es ist ein wichtiger Teil des Master-Studiengangs. Und eine tolle Erfahrung: «Es war wirklich sehr spannend und lehrreich.» Patrick Angehrns Gedanken kreisten in dieser Zeit aber nicht nur um die Sauberkeit der produzierten Kaltformteile für ABS-Systeme und die Performance der Wasseraufbereitungsanlage – auch das anstehende Segel-Abenteuer war stets präsent. «Die Weltumsegler sind bereits im September gestartet. Und natürlich kann man ihren Fortschritt mitverfolgen.» Ihm selbst bleiben jetzt noch zwei Monate Vorbereitungszeit. Dann reist er per Flieger nach China. Dort steigt er an Bord des «Clipper 70». Und startet ein Abenteuer, auf das er sich seit zwei Jahren vorbereitet.
Eine Frage der Leidenschaft
Patrick Angehrn stammt nicht aus einer Segelfamilie. Verantwortlich für seine Passion ist ein winziges Segelboot in der Toscana. «Wir waren da in meiner Kanti-Zeit mal in den Ferien. Das kleine Boot lag am Strand. Da konnte man nicht viel falsch machen, also habe ich es einfach Mal ausprobiert.» Er war sofort fasziniert. Das Gefühl vom Wind über das Wasser getragen zu werden. Die ständige Herausforderung. Das Streben nach der perfekten Lage im Wasser – und am Wind. Für ihn war sofort klar, das muss wiederholt werden. Kurz darauf absolvierte er die Segelprüfung für Binnengewässer. Später, mit 22 Jahren, kam der Hochseeschein dazu. «Das war ein purer Zufall. Mein Bruder hatte ein 50-Prozent-Angebot auf deindeal.ch gefunden», erzählt er schmunzelnd. Das Erringen des Hochseescheins ist ein langer Prozess. Nach dem Absolvieren der schriftlichen Prüfung – dauert rund eine Woche – muss ein Segler 1000 Meilen Hochseeerfahrung sammeln. Erst dann darf er überall auf der Welt ein Segelboot chartern. Heute hat Patrick Angehrn rund 3000 Meilen in seinem Logbuch. Das ist eine stattliche Anzahl für sein Alter. Aber wenig im Vergleich zu erfahrenen Hochsee-Seglern. Wie kommt er nun auf die Idee über den Pazifik zu segeln? «Auch das war wieder Zufall. Schuld war das gleiche Anzeigebild auf zwei Smartphones.» Die Geschichte: Er und ein flüchtiger Bekannter von der Uni wollten vor rund zwei Jahren die Handynummer austauschen. Beim Entsperren der Smartphone-Bildschirme fiel ihnen auf, dass auf beiden das gleiche Foto von Alex Thomson zu sehen war. Der Brite ist einer der bekanntesten Sport- und Extremsegler der Welt. «Wir mussten lachen und kamen ins Gespräch. Die Folge war die Anmeldung beim Clipper.»
Vorbereitung ist alles
«Am Ende ist es ein Unternehmen.» Ein Hinweis, den Patrick Angehrn mehrmals wiederholt. Und er ist wichtig für das Verständnis der Regatta. Denn dabei handelt es sich nicht um ein Rennen im herkömmlichen Sinn. Die «Clipper Round The World Challenge» findet alle zwei Jahre statt – heuer zum zwölften Mal. Dabei messen sich elf Amateur-Segelteams auf identischen «Clipper 70»-Booten. Dafür legen sie rekordverdächtige 40’000 Seemeilen zurück, sie segeln also einmal um die Welt. «Für die Firma dahinter ist das aber natürlich ein Geschäft. Die Teilnehmenden müssen also eine Gebühr bezahlen und auch Sponsoren sind wichtig», erklärt Patrick Angehrn.
Er wird Anfang März aber nicht zum ersten Mal an Bord einer «Clipper 70» sein. Denn wer Teil dieses Rennens sein will, muss einen ausgedehnten Bewerbungsprozess durchlaufen. Dazu gehören vier Trainingswochen in und rund um England. Auch das ist Teil der unternehmerisch geführten Regatta. «Sicherheit ist das Wichtigste. Sie wollen schliesslich nicht riskieren, dass ein schlimmer Unfall passiert. Und sie haben sehr viel Erfahrung.» Der Skipper, also der Kapitän, der elf Boote ist ein Vollprofi. Er trägt die Verantwortung über die rund 18 Amateur-Segler an Bord. «Unser Skipper ist die Ruhe selbst. Mit ihm hatte ich wirklich Glück.»
Keine Angst
Und was sagen die Eltern dazu? «Naja, sie waren nicht wirklich begeistert», sagt Patrick Angehrn schmunzelnd. Auch seine Freunde und Bekannte haben ihn in den vergangenen zwei Jahren immer wieder als «Spinner» bezeichnet. Er tut das mit einem Lächeln ab. «Ich mache mir ehrlich gesagt überhaupt keine Sorgen. Vielleicht bin ich einfach sowas wie ein Draufgänger.» Ausserdem gibt ihm die lange Geschichte des Events und die grosse Erfahrung der Verantwortlichen Sicherheit. Trotzdem: Geschwindigkeiten von bis zu 25 Knoten (Durchschnitt: 9 Knoten), Windböen von bis zu 100 Km/h und ein Rennboot, das fast senkrecht im Wasser zu stehen scheint. Ist das nicht einschüchternd? «Ach, ich werde sicher einmal richtig seekrank werden. Aber wenn man sich an die Vorschriften hält, als Team gut zusammenarbeitet und die Ruhe bewahrt, kommen wir sicher in Seattle an.»
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