«Gesundheitshaus» wird Realität

20.11.2024 | Timo Züst

Die Mitteilung der Gemeinde kam am 24. Oktober 2023: Im ehemaligen Altersheim Bächli soll eine Hausarztpraxis entstehen. Ein gutes Jahr später steht deren Eröffnung kurz bevor. Und nicht nur das: Im kommenden Jahr werden auch eine Physio-, eine Kinderarzt- und eine Osteopathie-Praxis einziehen – dazu kommen Büros für die «Pro Senectuce», die «Pro Juventute» und die «Tüüfner Poscht».

Ein Gruppenbild nach dem Rundgang (v.l.n.r.): Gemeinderat Urs Spielmann (Finanzen), Architekt Sepp Thürlemann (Archplan AG), Martin Zoller (Gemeinde Teufen / Bauten und Anlagen), Architektin Alexandra Völker (Archplan AG) und Gemeindepräsident Reto Altherr – auf dem Foto fehlt Bauleiter Patrick Riechsteiner. Foto: Nerina Keller

«Es sind genau 200 Jahre. 1825 steht da», sagt Gemeindepräsident Reto Altherr zurück im Eingangsbereich des «Bächli». Gerade war in der Runde die Frage nach dem Alter des einst als Armenhaus erbauten und später als Altersheim genutzten (bis 2017) «Bächli» aufgeworfen worden. Ein Blick ins TP-Archiv bestätigt die Zahl an der Fassade: Ursprünglich gebaut zwischen 1824 und 1826, Wiederaufbau nach einem Brand 1864, umfassende Sanierung 1979. Man könnte also auch sagen: Das «Bächli» feiert im kommenden Jahr seinen 200. Geburtstag. Und einen neuen Lebensabschnitt als «Gesundheitshaus».

«Die ersten Mietenden ziehen Ende Januar ein. Die anderen folgen nach und nach», sagt Architekt Sepp Thürlemann von der Archplan AG in St. Gallen. Dieser gestaffelte Bezug ist aus logistischer Sicht eine Herausforderung. «Andererseits haben wir in den anderen Stockwerken so auch noch etwas mehr Luft.» Der Zeitplan sieht folgendermassen aus: Ende Januar zieht die «Praxis Bächli AG» (2. OG) ein, im Frühling folgen die «PhysioAppenzellerland» (EG / 1. OG), das «Osteopathie Therapiecenter» (4. OG) sowie die «Pro Juventute» und die «Pro Senectute» (1. OG), im Sommer die «Praxisgemeinschaft für Kinder und Jugendliche» (3. OG / 4. OG) und im Spätherbst kommt noch die «Tüüfner Poscht» (1. OG) dazu. Mit diesem Mietermix hat die Gemeinde die einstige Idee vom «Gesundheitshaus Bächli» verwirklicht – wenn auch anders als einst angedacht.

Genügend Parkplätze?

Im Rahmen der Projektierung war auch die Parkplatzsituation beim und ums «Bächli» analysiert worden. Ein entsprechendes Mobilitätskonzept geht – unter Berücksichtigung der neuen Nutzungsform – von genügend Parkplätzen aus. Die Parkplätze sollen mehrheitlich mit «Besucher Haus Bächli» beschriftet werden. Zusätzlich stehen den eingemieteten Institutionen einige fest zugewiesene Parkplätze zur Verfügung. Die Parkplätze des Friedhofs tangiert der Umbau des Bächlis nicht. Diese sind weiterhin ausschliesslich für Besuchende des Friedhofs gedacht und entsprechend markiert.

Diese Grafik der Archplan AG zeigt die zukünftige Belegung des „Bächli“.

Gemeinde investiert selber

Der definitive Entscheid wurde Anfang 2017 gefällt: Das Alters- und Pflegeheim Bächli wird geschlossen. Damals waren von den 28 verfügbaren Plätzen nur noch 14 belegt. Neueintritte gab es kaum. Die Gemeindekanzlei schrieb: «Die Infrastruktur mit den kleinen Zimmern ohne Nasszellen sowie mit Duschen und Toiletten auf der Etage genügt den heutigen Anforderungen nicht mehr.» Die Schliessung war nicht mehr abzuwenden. Was aber wird aus dem «Bächli»? Das soll geprüft werden. Damals stand noch eine «Wohnnutzung im Vordergrund». In einem Interview mit der TP im Mai 2017 machte Gemeindepräsident Reto Altherr den Fächer schon etwas weiter auf: «In einem ersten Schritt gaben wir eine Vorstudie in Auftrag. Damit klären wir die Umbaumöglichkeiten und den Investitionsbedarf für eine Umnutzung.» Klar war: Ein Verkauf der Liegenschaft ist kein Thema.

Dann wurde es für zwei Jahre ruhig ums «Bächli». Bis der Gemeinderat Anfang 2019 die Idee des Gesundheitshauses ins Spiel brachte. Davor waren folgende Nutzungsformen – nach Priorität aufgelistet – definiert worden: gewerbliche Nutzung im Gesundheitswesen, Nutzung als Mehrgenerationenhaus, Wohnnutzung oder eine Mischform der drei Möglichkeiten. Zwei Planungsbüros hatten entsprechende Konzeptstudien erarbeitet. Auf deren Basis entschied der Gemeinderat, eine Trägerschaft für ein «Gesundheitshaus Bächli» zu suchen. Es gab Interessenten und es wurde verhandelt. Es zeigte sich aber: Dieser Ansatz funktioniert nicht. Die Begründung folgte an der Budget-Info 2021: «Die Abklärungen haben ergeben, dass diese Umnutzung bzw. die komplette Sanierung rund 4 Mio. Franken kosten würde.» Unter diesen Umständen könne ein Privater keinen rentablen Betrieb führen.

Der neue Ansatz war deshalb: Das Gebäude soll mit minimalen Eingriffen «vermietbar» gemacht werden – rund 1 Mio. Franken wurden dafür im Budget 2022 (und 2023) eingerechnet. Im Herbst 2023 kam dann die Meldung: Das «Bächli» wird doch zu einem Gesundheitshaus. Eine Arztpraxis hatte bereits zugesagt, weitere sind interessiert. Das Problem: Die für ein Gesundheitshaus nötigen Sanierungs- und Umbauarbeiten kosten deutlich mehr als 1 Mio. Franken («Pinselrenovation»). Also sprach der Gemeinderat am 26. März 2024 einen gebundenen Ausführungskredit in der Höhe von 2.75 Mio. Franken.

Wird das reichen? Das weiss Gemeinderat Urs Spielmann (Ressort Finanzen) zum Zeitpunkt der Besichtigung an diesem Novembermorgen noch nicht: «Der Kostenvoranschlag beinhaltet eine Kostenungenauigkeit von plus bzw. minus 15 Prozent. Wenn man diese Zunahme berücksichtigt, könnten wir – wenn alles gut läuft – auf jedem Fall im Rahmen landen. Was ich schon sagen kann: Das Haus wird nach aktuellen Berechnungen selbsttragend sein.» Eine der Herausforderungen dieser Sanierung ist, die unterschiedlichen Anforderungen der Mietenden berücksichtigen zu können. Diese Anforderungen alle unter einen Hut zu bringen, ist die Aufgabe von Architekt Sepp Thürlemann. Einfach ist das nicht. «Eine Arztpraxis benötigt natürlich einen spezialisierten Mieterausbau: ein Röntgenzimmer, eine Kundentoilette, oder eine klimatisierte Apotheke. Wir haben aber für alles eine gute Lösung gefunden. Auch für die 300 Kilogramm schwere Röntgenmaschine.»

Strick und «Schein-Strick»

An einigen Wänden kleben A4-Blätter mit der Aufschrift: «Strick bürsten». Gleich gegenüber steht hingegen «Strick nicht bürsten». Die Erklärung liefert der Architekt: «Wo wir können, wollen wir den alten Strick zeigen. Aber überall geht das nicht. Als Lösung bringen wir in diesem Fall eine passende Verkleidung an. Eine Art ‘Schein-Strick’, wenn man so will.» Das sei übrigens keine Neuheit für dieses Gebäude. Während der Umbauarbeiten wurden an anderen Stellen solche «Aufhübschungen» entdeckt. Aber man fand auch Unschönes. «Die Bausubstanz war leider nicht überall so gut wie erwartet. Das hat an einigen Stellen zu Mehraufwänden geführt. Beispielsweise beim Brandschutz.»

Wo immer möglich, haben wir Bestehendes erhalten oder saniert.

Architekt Sepp Thürlemann

Die Liegenschaft hält aber auch viel Nützliches bereit. Zum Beispiel den zentralen Lift oder den zweiten Treppenaufgang im westlichen (neueren) Hausteil. Diese Treppe endete vor dem Umbau im ersten Obergeschoss und wurde nun bis hinunter ins Erdgeschoss verlängert. «Dieser letzte Treppenteil wird in Zukunft von der ‘Physio’ genutzt. Der obere wird nachher kaum gebraucht.» Das «Bächli» bekommt auch eine neue Pellets-Heizung im Wärmeverbund mit dem Nachbargebäude (Forstamt), eine bessere Wärmedämmung, neue sanitäre Anlagen oder eine Gemeinschaftsküche. «Wo immer möglich, haben wir aber Bestehendes erhalten oder saniert – wie die Fenster», sagt Sepp Thürlemann. Das gilt insbesondere für die denkmalgeschützte Fassade. Daran wird kaum etwas gemacht. So bleibt auch die vom Gemeindepräsidenten Reto Altherr rasch entdeckte Jahreszahl sichtbar. Für ihn ist die Neunutzung des Bächli als «Gesundheitshaus» ein Gewinn für die Gemeinde: «Die komplette Vermietung zeigt einerseits, dass wir mit diesem Projekt ein Bedürfnis erfüllen. Und für die Gesundheitsversorgung der Gemeinde ist dieser Mietermix eine super Ergänzung. Alles in allem sind wir sehr zufrieden und freuen uns über die anstehenden Eröffnungen im kommenden Jahr.»

Die TP war vor ein paar Wochen bereits auf einem Baustellenrundgang. Bei sonnigem Herbstwetter und ohne Schnee.

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