Gegen den Wind

28.11.2019 | Timo Züst
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Timo Züst

Eine Hälfte des Dachs der Cevi Hütte wird derzeit saniert. Die Herausforderung dabei ist nicht die Arbeit, sondern die Lage. Für den An- und Abtransport kommt deshalb ein Helikopter zum Einsatz – in Kombination mit Flugstunden.

Für Marcel Züst ist der Blick auf den Wetterbericht ein tägliches Ritual. Besonders jetzt im Spätherbst. Denn die Züst Bedachungen AG befindet sich in einem Wettlauf gegen die Zeit – und gegen den Schnee. «Wir müssen noch alle Dachsanierungen abschliessen.» Diese Woche war das Studium der Wetterprognose aber noch intensiver als sonst. Der Grund ist die Cevi Hütte. Hier muss die eine Dachhälfte erneuert werden. Das Problem: Die Hütte ist nur über die alte Holzbrücke oder eine holprige Privatstrasse erreichbar. «Schon das Zufahren mit dem Kran war eine Herausforderung», so Züst. Deshalb haben er und ein Bekannter für den Abtransport der alten und die Anlieferung der neuen Ziegel (inkl. Dämmmaterial und Dachlatten) eine kreative Lösung gefunden: einen Helikopter. Der ist zwar nicht auf eine befestigte Strasse angewiesen. Aber auf gutes Wetter. Und wenig Wind.

Auf dem Weg zum Last-Flieger

Die unsichere Wetterlage hatte einige Verschiebungen zur Folge. Geplant war der erste Flug schon Anfang Woche. Heute Nachmittag um kurz vor 14 Uhr war es dann aber so weit: Der Heli flog seine erste Ladung vom Materiallager neben der Göbsistrasse über die Brücke zur Cevi Hütte. Das rote Fluggefährt ist ein «Robinson R44». Eigentlich kein Last-Heli. Die Ziegel-Pakete dürfen maximal 200 Kilogramm schwer sein. «Aber wenn man übt, sollte man klein anfangen», sagt Manfred Holdener. Er sitzt am Steuerknüppel. An Flugerfahrung mangelt es ihm nicht. Er hat bereits über 4500 Flugstunden absolviert und ist Inhaber der Helialpin AG in Thal. Das Fliegen unter Last ist aber neu für ihn. «Wir haben 15 Helikopter und sind hauptsächlich in der Aus- und Weiterbildung sowie im Transport- bzw. Erlebnisflug tätig. Aber wir bekommen immer mehr Anfragen wegen Last-Einsätzen», erzählt er. Dazu gehören Abtransporte von Holz (Forstarbeiten / Sturm), Einsätze bei abgelegenen Baustellen aber auch Wassertransporte auf eine Alp oder Löscheinsätze. «Die Nachfrage nach Flugunterstützung wächst. Und heute kommen die Helikopter dafür oft von weit her in die Nordostschweiz.» Deshalb hat Holdener beschlossen, noch einmal den «Lehrknüppel» in die Hand zu nehmen. An diesem Nachmittag wird er dabei von einem Instruktor für Lastflüge begleitet. Zudem unterstützen ihn vier ausgebildete Flughelfer am Boden. Aber: Ohne die richtige Vorbereitung wäre diese Übung so nicht durchführbar. Denn das Material musste alles in «kleine Portionen» verpackt werden.

Marcel Züst von der Züst Bedachungen AG mit seinem Freund und Piloten Manfred Holdener von der Helialpin AG (rechts).

Zwei Fliegen mit einer Klappe

«Natürlich war das Abpacken des Materials ein Zusatzaufwand. Aber der Transport auf dem Boden wäre auch nicht einfach gewesen», sagt Marcel Züst. Er und Manfred Holdener sind gute Freunde. Und er wusste von dessen Plan, das Fliegen von Lasten zu trainieren. «Diese Baustelle eignet sich perfekt dafür.» Aber: Da die Entfernung via Luftlinie nur rund 200 Meter beträgt, der Heli nur kleine Mengen tragen kann und ein Lufteinsatz teuer ist, hätte sich das Ganze für die Bauherrschaft (Gemeinde / siehe Kasten) nicht gerechnet. «Das hier geht finanziell auf meine Kappe. Ich bin froh, kann ich hier üben», sagt Heli-Unternehmer Manfred Holdener. Für ihn ist es wichtig, dass er solche Übungs-Einsätze unter realen Bedingungen vorweisen kann. Deshalb übernimmt er die Kosten. «Für mich und die Gemeinde entstehen keine Mehrkosten im Vergleich zum herkömmlichen Logistik-Aufwand», so Marcel Züst. Heute Nachmittag muss die Übung aber bereits nach wenigen Flügen abgebrochen werden – der Wind ist zu stark. Die restliche Ladung soll in den nächsten Tagen transportiert werden. Das sollte den Handwerkern von Marcel Züst genug Zeit geben, das Dach noch vor dem ersten grossen Schnee fertigzustellen.

Gemeinde segnete Einsatz ab


«Natürlich ist das eine spezielle Idee. Aber der Unternehmer hat uns überzeugt, dass hier für beide Seiten Vorteile entstehen», sagt Martin Zoller, Fachverantwortlicher Hochbau. Da sich die Cevi Hütte im Gemeindebesitz befindet, ist er für die Dachsanierung zuständig. Für ihn war einerseits wichtig, dass für die Gemeinde durch den Heli keine Mehrkosten entstehen. «Andererseits sollte der Einsatz eines Helikopters auch immer verhältnismässig sein. Da das hier ein Ausbildungsflug ist, sehen wir die Verhältnismässigkeit als gegeben an.» Ein wertvoller Zusatzeffekt ist die Schonung des Kulturlands dank des Transports durch die Luft. Die letzte Bedingung war, dass über den Flug öffentlich informiert wird. «Die Einwohnenden sollen schliesslich wissen, warum hier ein Heli herumfliegt.»

 

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