Frühlingsputz im Garten: Mut zum Experiment

04.04.2014 | Sepp Zurmühle
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Andreas Kuster unter «Stamm-Weiden» mit Ästen in verschiedenen Farben. Fotos: SZ

Sepp Zurmühle

In den letzten 30 Jahren haben sich auch in Teufen die Vorgärten und Höfe der Häuser stark verändert. Der dipl. Ing. ETH Andreas Kuster verrät, wie jeder bei sich zuhause kleine, naturnahe Flächen erhalten oder zulassen kann.

In den Werbeprospekten erscheinen die Gärten und Vorplätze zunehmend als klinisch saubere, durchgestylte Umgebungen. Um diese Perfektion zu erzielen, kommen nicht selten grössere Mengen an Chemikalien zum Einsatz. Diese sind oft giftig für Fauna und Flora und finden sich später in unseren Gewässern wieder. Viele natürliche Lebensgrundlagen werden damit gefährdet. Gibt es andere Möglichkeiten, seine eigene Umgebung zu gestalten?

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Mut zum Experiment: Die Liegenschaft von  Andreas Kuster auf der Egg (neben Schäflisegg). Fotos: SZ

Für wen soll der Garten Lebensraum sein und wie können wir das beeinflussen? Andreas Kuster erklärt sein Verständnis eines naturnahen Umschwungs und ermuntert zum «experimentellen Gärtnern ».

Nach welchem Grundprinzip funktioniert die Natur?

Grundsätzlich entwickelt sich die ungestörte Natur in Richtung Vielfalt, Vernetzung, weg von der Monokultur. Vielfalt kann sich am besten in Übergangszonen entwickeln, zwischen Sonne und Schatten, feucht und trocken, niedrigem und höherem Bewuchs etc. Vielfältige Natur bietet zudem eine Fülle von Lebensräumen für unterschiedlichste Lebewesen.

Kann man das Prinzip der Vielfalt in einen modernen Garten übertragen?

Mein Vorschlag ist einfach. Jeder kann eine kleine Fläche Naturgarten in seine Umgebung integrieren. Versuchen Sie es anfänglich z.B. mit ca. 10 Prozent des Umschwungs. Die Minimalvariante funktioniert nach dem Nationalpark-Prinzip: «Die Natur wird sich selber überlassen». Eine monotone Rasenfläche beispielsweise wird nicht mehr gedüngt und nur noch einmal jährlich gemäht. Man muss zulassen und zusehen können. Natur benötigt Zeit (evt. Jahre), bis sich ein standorttypisches, auf Vielfalt beruhendes Gleichgewicht einspielt. In der Übergangszeit kann es auch mal nach Unordnung aussehen. Doch Unordnung kann auch kreativ sein. Die Natur erfindet alle möglichen Tricks, um Räume zu besiedeln.

Gibt es auch «aktivere» Varianten von naturnaher Gartengestaltung?

Es gibt viele Möglichkeiten. Ich appelliere an die Beobachtungsgabe und Experimentierfreude der Gartenbesitzer.

• Gewisse Flächen können während der Vegetationsruhe (ca. November bis März) komplett in Ruhe gelassen werden. Abgeschnittene Äste von Bäumen und Sträuchern werden auf Haufen deponiert, evtl. zusammen mit Rasenschnitt und Laub. Hier finden kleinere Tiere, in grösseren Haufen auch Igel und Vögel, Unterschlupf und Schutz.

• Im Garten gesammelte (sog. Lese-)Steine oder von Ausflügen nach Hause gebrachte Funde können an einer sonnigen Stelle nach und nach zu einem Steinhaufen aufgeschüttet werden

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Andreas Kuster zeigt einen seiner jüngst gepflanzten Obstbäume. Das Amt für Landwirtschaft in Herisau fördert Hochstämme mit Baumaktionen zu vergünstigten Preisen.

• Ein weiterer Schritt ist das Ansiedeln von einheimischen Wildpflanzen. Statt vorherrschende Unkräuter mit Gift zu bekämpfen, können ihnen erwünschte Arten «entgegengepflanzt » werden. Welche Pflanzenarten eignen sich in Teufen?

• An sonnigen Böschungen siedle ich z.B. wilden Majoran (Origanum vulgare) an. An schattigen Plätzen gedeiht beispielswiese Straussen- oder Trichterfarn sehr gut. Auch Brennnesseln sind sowohl für die Natur wie für den Menschen sehr nützlich. Interessant sind Kombinationen der spontanen Vegetation mit Nutzpflanzen wie Johannis- oder Stachelbeeren, Holunder, Obstbäumen (als Schattenspender) oder Rhabarber.

• Nützlich und zugleich dekorativ sind Hecken und Gebüsche aus einheimischen Gehölzen.

• Weiden eignen sich hervorragend für Hecken oder als Schattenspender. Sie werden von sehr vielen Tierarten geliebt und können einfach vermehrt werden.

Was meinten Sie mit Vernetzung von Flächen?

Je näher verschiedene, naturnahe Flächen zu einander liegen und/oder je grösser diese sind, desto besser ist die «Brückenwirkung», und die Lebewesen können sich zwischen den einzelnen Teilflächen hin und her bewegen. Ein einzelner Molch oder eine Kröte an einer kleinen, feuchten Stelle wird nicht lange überleben können.

Sie haben eine offene Kompoststelle, weshalb?

Wie zuvor erwähnt sind Depots von Pflanzenresten (Äste, Laub, Rasenschnitt …) sehr nützlich für die Fauna. In unserer Familie kommen alle organischen Abfälle, inkl. Käserinde, Eierschalen und Kaffeesatz auf den Kompost. Der Ablageort sollte idealerweise unter dem Blätterdach eines Gehölzes liegen.

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Ein solcher Kompostplatz dient auch Vögeln und anderen Tieren als Nahrungsquelle. In dichter besiedelten Gebieten ist geschlossenen Kompostsystemen manchmal der Vorrang zu geben, um keine Waldtiere (Füchse) anzulocken.

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Der Betrieb von A. Kuster ist ProNatura ausgezeichnet.

Können Sitz- und Vorplätze ohne Gift sauber gehalten werden?

Unkrautvernichtungsmittel und Mooskiller sind immer umweltschädlich. In naturnah gestalteten Anlagen mit Kieswegen und -plätzen sind solche Hilfsmittel unnötig. Als Anregung gilt auch hier: «Schaffen Sie Zonen mit abgestufter Sauberkeit». Dicht am Haus der saubere Sitzplatz, weiter entfernt sind Kieswege und -plätze vorteilhaft für die Natur.

Ohne Gifte gegen Ameisen, Schnecken, Läuse?

In naturnah gestalteten Umgebungen sind solche Gifte praktisch unnötig. Läuse sind meist harmlos und verschwinden von alleine wieder. Schneckenkörner im privaten Gemüsegarten sind nur ausnahmsweise nötig. Einzelne, wenige Körner genügen. Ameisen verschwinden wieder, wenn für Feuchtigkeit gesorgt wird.

Und was geben Sie uns sonst noch auf den Weg?

Vorschriften und Verbote führen nicht zu mehr Biodiversität und Artenvielfalt. Wichtig ist das Interesse des Einzelnen an der Natur. Wenn wir lernen, aus Sicht der Natur zu beobachten und zu hinterfragen, wenn wir kreativ und experimentierfreudig sind und auch etwas Geduld mitbringen, kann es nur richtig sein, was wir in unserem Garten tun oder unterlassen. Dies gilt auch für die öffentlichen Grünflächen und Plätze. So lobenswert die Grüngutdeponie im Bächli ist, so ist doch jede unnötige Fahrt dorthin und wieder zurück hausgemachter Verkehr und doppelt umweltschädlich.

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