Erika Preisig
Im Museum Appenzell sind über sechzig Krämerläden, vom Biedermeier bis in die 50er- Jahre, zu bestaunen – alle stammen aus der Sammlung der Teufnerin Frieda Wick.
Wir haben die Sammlerin kurz vor dem Abtransport ihrer Kostbarkeiten besucht. Im ehemaligen „Unterweisungszimmer“ des alten Pfarrhauses, wo Frieda und Niklaus Wick seit vielen Jahren wohnen, warten die Sammlerstücke fixfertig ausgestattet auf ihre Reise ins Museum Appenzell. «Das Museumsteam, Roland Inauen, Birgit Langenegger, Anna-Katharina Geisser und Margrit Gmünder, hat in den letzten Wochen Grosses geleistet und ein interessantes Rahmenprogramm realisiert. Nun freue ich mich auf die Ausstellung», sagt Frieda Wick.
Wie alles begann
Sie erinnert sich noch genau: «An einer Brocante in Zürich, vor etwa zehn Jahren, entdeckte ich einen alten, ‹baufälligen› Verkäuferladen. Er kostete 300 Franken und ich weiss nicht mehr, aus welcher Laune heraus ich ihn kaufte.» Dass dies der Beginn einer grossen Sammelleidenschaft war, ahnte sie damals noch nicht. Auf der Suche nach Originalzubehör kam sie in Kontakt mit Händlern und Sammlern. Ein Gelegenheitskauf – oft waren auch Schnäppchen darunter – folgte dem andern, und sie geriet vollends ins Lädeli-Fieber. Die meisten Funde waren in sehr schlechtem Zustand und vor allem ohne Inhalt, da die Händler mehr lösten, wenn sie diese Miniaturprodukte, die Büchslein, Fläschchen und Döschen separat verkauften.
Und Frieda wollte sie alle restaurieren und ausstatten. Um dies originalgetreu tun zu können, brauchte sie Vorlagen. Sie vertiefte sich in alte Spielzeug- und Sammlerkataloge und begann ganz gezielt nach Stücken Ausschau zu halten, die in ihrer Sammlung fehlten. Die Geschichte dieser Spielläden – die meisten stammen aus der Gegend von Nürnberg und dem Erzgebirge – liess sie nicht mehr los.
Sie erzählen von Kindern aus gutbürgerlichen Häusern der Biedermeierzeit, denen das Christkind einen solchen Krämerladen schenkte. Damit gespielt werden durfte jedoch nur an Weihnachten. Und auch von deren Herstellung im Erzgebirge, wo die Menschen sehr arm waren und die Frauen, unter Mithilfe der Kinder, mit der Fertigung von Spielsachen die grösste Not linderten.
Mit handwerklichem Geschick
Was es braucht an Geduld und handwerklichem Geschick, um einen Laden vom «Rohzustand» in ein solch reich ausgestattetes Kunstwerk zu verwandeln, lässt sich kaum vorstellen. «Am liebsten ist mir, wenn er vollständig übermalt wurde», sagt Frieda Wick. «Unter dieser Farbe kommt nämlich der Originalzustand hervor.» Und wie gelingt es ihr, diese Farbe wegzubringen? Laugen oder kratzen? Das sei ihr Geheimnis, lacht sie. Sie wisse dann genau, wie z.B. die Tapete ausgesehen habe und diese könne originalgetreu nachgedruckt werden.
Für die Restaurierung der Tapeten und Papierschilder, für Laubsäge-, Blech- und Drechslerarbeiten ist Gatte Niklaus zuständig. Oft seien auch die Holzverzierungen und Säulen defekt und müssten nachgebaut werden. Und alles ist feinste Miniaturarbeit – eine Herausforderung für Hände und Augen! Kurz, man kommt aus dem Staunen, welch vielfältige Handwerkstechniken hier zur Anwendung kommen – und das alles vereinigt in einer Person –, nicht heraus.
… und Fantasie
Bei der Ausstattung der Läden konnte Frieda Wick oft selber bestimmen, ob dies jetzt ein Kolonialwarenladen, eine Apotheke oder doch lieber eine Stoffhandlung werden soll. Alle Läden sind bestückt mit Originalzubehör aus jener Zeit, von Frieda in aller Welt zusammengesucht. Und welche Tricks sie braucht, um für den Stoffladen Mini-Häkelnadeln und -Stoffrollen herzustellen, ist und bleibt ein Rätsel.
Am 21. November fand die Vernissage statt. Frieda und Niklaus Wick freuten sich über die Begeisterung und Bewunderung der zahlreichen Gäste, die aus dem Staunen nicht herausfanden. «I mos nomol choo», hörte man, es sei unmöglich diese Vielfalt während eines einzigen Besuchs zu erfassen.
Vechäufeliläde Sammelstücke aus zwei Jahrhunderten
Museum Appenzell, Hauptgasse 4, 9050 Appenzell.
21. November 2013 bis 11. Mai 2014
Öffnungszeiten: bis 31. März: Dienstag bis Sonntag 14 – 17 Uhr, ab 1. April: täglich 10 –12/14 – 17 Uhr
www.museum.ai.ch