Sandra Germann stellt an der «ARt» in Herisau aus
Bis am Sonntag sind die Bilder von Sandra Germann noch in Herisau ausgestellt. Auf drei Etagen sind Werke von sechs Kunstschaffenden zu sehen.
Das Fell des Wolfs sieht flauschig aus. Fast will man reingreifen. Ob es so weich ist, wie es aussieht? Die Redaktorin streckt schon ihre Hand aus. Sandra Germann steht daneben und lacht. Sie hat ihr Ziel erreicht. Und vor ihr steht zum Glück kein Raubtier. Das Bild sieht aber verblüffend echt aus. «Ich bin erst dann zufrieden, wenn es so perfekt wie möglich ist», sagt sie. Beim Rundgang in ihrer ersten grösseren Ausstellung wird schnell klar, was sie meint. Zu sehen sind Tiere und Menschen mit unendlich vielen Details. Beim Hackbrettspieler können Armhärchen ausgemacht werden, wenn man nahe genug rangeht. Und beim Betrachten eines anderen Bildes versinkt man dank der perfekt imitierten Tiefenschärfe im Wald hinter dem Hirschkalb.
Einfach mal probieren
Das Malen hat die 43-Jährige vor rund eineinhalb Jahren entdeckt. «Als Kind habe ich gerne gemalt, aber dann habe ich damit aufgehört.» Auf die Idee, selbst zu malen, kam sie beim Einkaufen. Zusammen mit ihrem Mann war sie auf der Suche nach Bildern für ihr Zuhause. Ein Bild war gekauft. Ein zweites wollten sie über dem Sofa aufhängen, aber nicht nochmals so viel Geld ausgeben. «Ich habe mir eine Weile überlegt, ob ich das nicht auch selbst kann.» Und dann hat sie es einfach probiert.
Leuchtende Farben, viele Schichten
Für die Pastellkreiden hat sie sich wegen der natürlichen Farbtöne und der Möglichkeit der Schichten entschieden. «Etwa einen Monat habe ich mit YouTube-Tutorials gelernt und mir da auch Wissen über Material angeeignet.» Ihr erstes Bild zeigt einen Adler auf schwarzem Papier. Es ist auch Teil der Ausstellung. Anleitungen braucht Sandra Germann heute keine mehr. «Von dunkel zu hell arbeiten und leuchtend weisse Stellen am Anfang machen», sind zwei der wichtigsten Regeln. Dass die Pastellkreiden schnell verschmieren, stört sie nicht. Im Gegenteil: «Mir gefällt es, dass ich damit so spielerisch arbeiten kann.» Um Verschmieren zu verhindern, arbeitet sie von oben nach unten und mit einer Schutzfolie.
«Mir gefällt es, dass Pastellkreiden schnell verschmieren. So kann ich ganz spielerisch damit arbeiten.»
50 Stunden Präzisionsarbeit
So ein Bild braucht Zeit. Und Geduld: «Nach etwa drei Stunden höre ich meistens wieder auf, dann nimmt auch die Konzentration ab.» Für ein Bild im A3-Format mit wenig Details im Hintergrund braucht sie etwa 25 Stunden. «Und wenn es grösser wird, sind es dann auch schnell mal 50.» Nebst dem Malen arbeitet die gelernte Floristin in einem Teilpensum bei «Permapack». Und sie kümmert sich um die beiden Kinder. «Mittlerweile wissen die zwei, dass meine Malsachen für sie tabu sind.» Sie lacht. Zurzeit malt sie immer zu Hause. Ein eigenes Atelier? «Vielleicht, irgendwann mal. Aber momentan ist das noch in weiter Ferne.»
Stubentiger auf Bestellung
Die Bilder in der Ausstellung können alle auch gekauft werden. Neben einigen klebt an diesem Nachmittag schon ein roter Punkt. Er bedeutet: verkauft. «Ein ganz bisschen Abschiedsschmerz verspüre ich manchmal schon, wenn ein Bild zum Käufer geht», sagt sie. «Aber dafür male ich sie ja auch.» Fürs kleinere Budget lässt Sandra Germann immer auch Kunstdrucke anfertigen. Bei einer darauf spezialisierten Druckerei in Zürich. Wenn jemand lieber seinen Stubentiger, den treuen Vierbeiner oder sonst ein Motiv abgebildet haben möchte, malt Sandra Germann auch auf Auftrag. Ihr nächstes grosses Projekt ist in den Startlöchern. So viel verrät sie schon: «Es wird animalisch und floral.» Und ansonsten gibt es auch noch die Bestellung ihrer Kinder: Die wünschen sich schon lange ein Eichhörnchen.