Feuerwehr-Dorf auf Zeit

09.09.2020 | Timo Züst
Feuerwehr_Maske
Die Maske am Arm: Hygiene-Vorschriften sind fixer Bestandteil des Kurses.

Der Kurs «Einsatzführung 1» ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum Feuerwehr-Offizier. Heuer findet die Ausbildung unter besonderen Bedingungen statt – Corona lässt grüssen. Über Qualität und Kursinhalt wachen die Kontrolleure der vier teilnehmenden Kantone AR und AI (Walter Hasenfratz), SG und Thurgau. Die TP hat sich in der Pause mit dem SG-Kontrolleur und ehemaligen Feuerwehr-Inspektor Daniel Bischof unterhalten.

Herr Bischof, heuer kontrollieren Sie auch die Corona-Vorschriften.

Unter anderem. Wir haben für unser Ausbildungszentrum in Bernhardzell ein umfassendes Schutz- und Hygiene-Konzept ausgearbeitet. Die gleichen Vorschriften gelten nun auch hier. Das bedeutet: Regelmässiges Desinfizieren, Maskenpflicht in geschlossenen Räumen oder bei fehlendem Abstand und generell: Abstand halten.

Wieso müssen diese Ausbildungskurse unbedingt stattfinden? Hätte man nicht pausieren können?

Von April bis Juli haben wir sämtliche Ausbildungen – auch die fachlichen – abgesagt. Während der ersten Welle war es wichtiger, die Einsatzbereitschaft der Feuerwehren sicherzustellen. Hätten sich bei so einem Kurs viele Angehörige einer Feuerwehr angesteckt, wäre das unter Umständen nicht mehr möglich gewesen.

Aber im August ging es dann wieder los?

Wir sind der Ansicht, dass das Risiko bei der jetzigen Ausbreitung des Virus und unter Einhaltung der nötigen Sicherheitsmassnahmen vertretbar ist. Aber klar: Ganz ausgeschlossen ist eine Ansteckung nie.

Zwei Kurse in Teufen

Die Corona-Pandemie hat die Jahresplanung der Feuerwehren AR, AI, SG und Thurgau auf den Kopf gestellt. Erst seit August werden wieder Kurse durchgeführt. Zu den essenziellsten Ausbildungen gehört der Kurs «Einsatzführung 1», der diese Woche in Teufen stattfindet. Angehende Offiziere müssen ihn abschliessen, um befördert werden zu können. Seit Jahren ist Teufen Austragungsort dafür. Alle Offiziersanwärterinnen und -anwärter können aber nicht in einer Woche geschult werden. Deshalb findet normalerweise ein zweiter Kurs in Frauenfeld statt. Normalerweise. Heuer ist alles anders. «Da auf dem Gelände in Frauenfeld wegen Corona gar keine Kurse stattfinden können, sind wir in die Bresche gesprungen», sagt Dominik Krummenacher, Kommandant der Feuerwehr Teufen Bühler Gais. Das bedeutet: Dieses Jahr finden zum ersten Mal zwei Kurswochen in Teufen statt – diese Woche und in der Woche vom 28. September bis 2. Oktober. «Diese Ausbildungen sind sehr wichtig für die Einsatzfähigkeit der Feuerwehren. Wir sind deshalb sehr dankbar für das Verständnis der Teufner Bevölkerung.» Die wichtigsten Abbruch- bzw. Übungsobjekte sind die Villa Thürer und das Haus an der Hauptstrasse 75 in Niederteufen. «Aber entscheidend sind für uns die Plätze, an denen wir jedes Jahr willkommen sind: die Werkhalle von Mettler & Tanner, das Bad Sonder, die Gemeindeliegenschaften oder die Elbau im Bühler.»

Hier wird gerade der Kurs «Einsatzführung 1» absolviert. Was ist das?

Das ist ein Beförderungskurs. Unteroffizieren, die zum Leutnant bzw. in den Offiziersgrad befördert werden sollen, müssen ihn besucht haben. Und deshalb ist seine Durchführung auch so wichtig. Denn wenn wir pro Jahr nicht genügend Offizieren ausbilden, kommen wir irgendwann zwangsläufig in einen Engpass.

Hätte man die Beförderungen nicht so oder so durchführen und den Kurs nachholen können?

Lassen Sie jemanden Autofahren, bevor er eine Fahrstunde genommen hat?

Also ist dieser Kurs so wichtig wie die Fahrschule?

Der Vergleich hinkt etwas, weil die Teilnehmenden hier am Ende keine Prüfung absolvieren müssen. Die Beförderung liegt in der Kompetenz der Gemeinden bzw. Feuerwehren. Aber ja: Er ist sehr wichtig. Wer zum Offizier befördert wird, kann in einem Ernstfall der erste Entscheidungsträger vor Ort sein. Darauf müssen wir die Feuerwehrleute vorbereiten. Stellen Sie sich vor, Sie stehen vor einem brennenden Haus, müssten den Einsatz koordinieren und haben keine Ahnung, was zu tun ist.

Der Kurs dauert fünf Tage. Kann man in dieser Zeit alles Nötige lernen?

Auch hier wieder der Vergleich zur Fahrschule. Dort werden Ihnen die Grundlagen beigebracht. Der richtige Test ist dann das Fahren auf der Strasse – bei Realbedingungen. Das ist hier genau gleich. Wir geben ihnen das nötige Werkzeug mit. Wie sie am besten damit umgehen, lernen sie im Ernsteinsatz.

Und was tun Sie, wenn einer der Teilnehmer ungeeignet scheint?

Wie gesagt: Die Beförderungskompetenz liegt bei den Gemeinden. Aber wir teilen unsere Beobachtungen natürlich den jeweiligen Kommandanten mit. Dazu muss man aber auch sagen: Wer als Offizier vorgeschlagen wird, bringt normalerweise die nötigen Voraussetzungen mit.

Herr Adrian Salvisberg, Sie sind der technische Leiter des Kurses und für den Inhalt verantwortlich. Finden die vier beteiligten Kantone heute noch genug motivierte Offiziere?

Ganz pauschal lässt sich das nicht sagen. Aber meiner Ansicht nach herrscht derzeit kein akuter Mangel.

Und werden die Teilnehmenden gute Offiziere?

Ja. Sie sind motiviert und bringen das nötige Vorwissen mit. Der Schritt vom Unteroffizier zum Offizier ist eher kleiner als jener zum Unteroffizier. Wer den gemacht hat, ist in der Regel auch bereit dazu, den nächsten zu tun.

Bringen die Arbeitgeber den Feuerwehrleuten das nötige Verständnis für die Abwesenheit entgegen?

Die Zeit, die man investieren muss, ist natürlich immer ein grosses Thema. Und vor dem Arbeitgeber kommt ja noch die Familie. Der Vorteil der Beförderung zum Offizier ist ihre Planbarkeit. Man weiss ein Jahr vorher, dass man ein paar Tage mehr fehlen wird und kann die nötigen Abklärungen treffen und Gespräche führen. Ich kann nicht für alle sprechen, aber meistens findet sich eine Lösung.

Heuer finden beide Kurswochen in Teufen statt. Sind Sie zufrieden mit der Infrastruktur?

Bisher habe ich meine Kollegen immer nur von dem Kurs hier schwärmen gehört. Jetzt weiss ich, wovon sie gesprochen haben. Die Infrastruktur hier ist top. Und was besonders auffällt: Die Bevölkerung hat ein riesiges Verständnis für die Feuerwehr. Man beklagt sich nicht, wenn eines unserer Fahrzeuge mal ein bisschen im Weg steht, sondern wartet geduldig. Auch die Übungsobjekte sind perfekt. tiz

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