Es muss nicht klingen

15.01.2024 | Sepp Zurmühle
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Sepp Zurmühle

«Die Ursprünge des Appenzeller Hackbretts baulich erforschen.» Dazu lud die Lesegesellschaft Teufen ins Zeughaus ein. Der Musiker Elias Menzi ist als Klangforscher und Handwerker getrieben von der Musikkultur des Alpsteins. Auf den Spuren der legendären Brüder Alder durften die Gäste selber «zur Tat schreiten»: eine einmalige Erfahrung.

Es ist Sonntag der 14. Januar 2024. Draussen ist die Appenzeller Landschaft schneebedeckt. Die Sonne verschwindet am Horizont. Ab 16.30 Uhr treffen die ersten Gäste im Zeughaus Teufen ein. Nach dem Apéro im Mittelgeschoss begrüsst Vorstandsmitglied Clarissa Zurwerra Höhener, in ihrem schönen Walliser Dialekt, Elias Menzi und die Teilnehmenden im Dachgeschoss vor einer Leinwand.

Auf den Spuren der Brüder Alder

Ganz zu Beginn zeigt Elias Menzi ein kurzes Ton- und Bilddokument aus dem Appenzeller Brauchtumsmuseum in Urnäsch. Es zeigt alte Fotos der Brüder Ulrich und Johannes Alder und weiterer Mitglieder, der 1884 gegründeten Original Appenzeller Streichmusik Alder. Dazu erzählt Ueli Alder, der legendäre Giger der dritten Generation, wie seine Vorfahren damals die Idee hatten und offenbar auch das angeborene Talent, zu singen und Musik zu spielen. Die späteren Volksmusik-Pioniere besassen noch keine Instrumente und konnten auch keine Noten lesen. Doch sie begannen mit Brettern, Draht und Nägeln erste eigene «hackbrettähnliche Instrumente» zu bauen, um Klänge gehörter Formationen nachzuahmen. Das fasziniert Elias Menzi bis heute und so experimentiert er selber seit Jahren mit dem Bau eigener Instrumente.

Beinahe symbolträchtig durchschreiten die Teilnehmenden nach dem Filmdokument die Grubenmannausstellung, um sich in den dahinterliegenden Bereich zu begeben. An den Holzmodellen von Brücken und Dachstühlen vorbei, werden sie daran erinnert, welche eindrücklichen Kunstbauten andere regionale Pioniere, rund 150 Jahre vor den Brüdern Alder, aus Holz erschaffen hatten.

Elias Menzi

Aufgewachsen in Ebnat-Kappel, wohnt er seit acht Jahren in Teufen. In seiner handwerklich-künstlerischen Ursprungsfamilie entdeckt er mit sieben Jahren das Hackbrett und macht erste Spielversuche. So kommt er in Kontakt mit der Musikkultur des Alpsteins. In seiner Jugendzeit besucht er Stunden bei Töbi Tobler, was ihn und sein Spiel nachhaltig prägen. Die vielseitigen musikalischen Interessen bewegen Elias Menzi später dazu, auch Schritte in Richtung Jazz zu gehen. Im Moment setzt sich Elias Menzi mit der Volksmusik aus dem näheren In- und Ausland auseinander, widmet sich der freien Improvisation und schreibt und spielt eigenen Stücke; dies sowohl solo als auch in diversen Projekten. Mehr dazu unter: www.eliasmenzi.ch

Selber bauen, experimentieren

Angekommen im hinteren Teil des Dachstockes können drei Hackbretter bestaunt werden. Das älteste Modell – ohne Standbeine – ist über 100 Jahre alt. Das eine hat Elias Menzi, in Zusammenarbeit mit einem Instrumentenbauer, selber gebaut. Ein drittes – ein 125-Saiten-Hackbrett – stammt von Johannes Fuchs, dem bekannten Hackbrettbauer aus Innerrhoden. Auf diesem wird Elias Menzi am Schluss ein paar Kostproben spielen.

Doch zuerst zeigt Elias Menzi den Teilnehmenden ein einfaches Muster eines selbst gebauten Saiteninstruments, damit man eine grobe Vorstellung davon hat, wie es aussehen könnte. Danach stellt er die Auswahl an verschiedenen Holzstücken, Werkzeugen, Befestigungselementen und Saitendraht auf Spulen vor. Einleitend gibt er kurze Informationen zu einzelnen Komponenten und Hilfsmitteln.

Dann darf umgehend zur (Neujahrs)Tat geschritten werden. Spontan formieren sich kleine Gruppen. Sie wählen «ihr» Brett aus, suchen sich ein Plätzchen an den bereitgestellten Tischen und sammeln die benötigten Gerätschaften zusammen.

Innerhalb weniger Sekunden sieht man emsiges Treiben. Bleistift und Metermass sind im Einsatz und schon hört man erstes Sägen, Bohren, Hämmern. Mit viel Engagement und offensichtlichem Eifer sind Jung und Älter dabei. Über passende Distanzen, Positionen der Komponenten oder gar Design wird diskutiert. Aber auch über ganz Praktisches, wie funktioniert diese Säge oder der Handbohrer, bzw. die Akkubohrmaschine? Auf der einen Brettseite werden Nägel eingeschlagen, auf der andern professionelle Stimmwirbel in die zuvor gebohrten Löcher getrieben. Dann kommen das Ablängen und Befestigen der Saiten, bevor diese gespannt werden können.

Vieles sieht recht einfach aus und doch zeigt das eine und andere seine Tücken und Überraschungen. Schon bald erklingen die ersten Töne. «Diese Saite muss noch mehr gespannt werden.» «Wenn wir den Steg verschieben, ändert sich die Tonlage.» «Uhi, jetzt haben wir zu heftig gespannt, die Saite ist ausgerissen.» So und ähnlich tönt es an den einzelnen Tischen.

Das Experiment des «zur Tatschreitens» zeigt eindrücklich, wie ab der ersten Minute wertvolle Erfahrungen gesammelt werden. Es macht erlebbar, wie stark sich die Ausgangslage für ein nächstes Mal ändert und man Vieles bereits anders, vielleicht besser machen würde.

Das Ziel der NeujahrsTat von Elias Menzi ist voll und ganz erreicht. Die Anwesenden zeigen sich glücklich über die neuen Erfahrungen. Zum Ausklang spielt Elias Menzi einige Musikstücke und schliesst mit dem Wunsch aus dem Publikum – einem Appenzeller Zäuerli – ab.

Daniel Ehrenzeller, Präsident der Lesegesellschaft, bedankt sich mit einem kleinen Präsent bei Elias Menzi und dankt auch den Verantwortlichen des Zeughauses für ihre Gastfreundschaft und dem Publikum für sein Engagement. Beim Schlusstrunk im Mittelstock wird noch eine Weile über die gemachten «NeujahrsTaten» diskutiert. Wer weiss, vielleicht bauen einige Zuhause bereits weiter an den Instrumenten oder beginnen mit einem neuen?

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