«Es gehört zum Amt, mit Kritik umzugehen»

02.07.2016 | Erich Gmünder
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GR GPK Gruppenfoto Auswahl 4.6 (4)
Vereint auf einem Bild zum Neustart: Die vollzählige GPK und der fast vollzählige Gemeinderat. Es fehlt Gemeinderat Martin Hofstetter.

 

Interview/Fotos: Erich Gmünder

Ursula von Burg, Sie leisten die im Normalfall von einem Präsidenten im Hauptamt geleistete Führungsarbeit interimsweise auf ehrenamtlicher Basis, neben Ihrem Pensum im Beruf und zusätzlich zum Schulpräsidium. Wie bewältigen Sie das zusätzliche Pensum und den Knowhow-Verlust durch den Abgang des Gemeindepräsidenten und des Gemeindeschreibers?

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Ursula von Burg ist Vizepräsidentin des Gemeinderates und führte nach dem Abgang von Walter Grob die Gemeinde interimistisch.

Ich möchte vorausschicken, dass ich diese Arbeit keineswegs allein leisten kann. Ich bin dankbar für die Hilfe aller Kollegen, die Aufgaben im Rahmen ihrer zeitlichen Möglichkeiten übernehmen und übernommen haben.

Sehr grosse Unterstützung erhalte ich von Markus Bänziger, der wie ich schon länger im Rat sitzt und bei grossen Themen wie der Dorfdurchfahrt stärker involviert gewesen war als ich. Er wurde noch im April ins Büro Gemeinderat gewählt, und wir koordinieren die laufenden Geschäfte in einer wöchentlichen Sitzung mit dem Gemeindeschreiber, der sich in einer intensiven Einarbeitungsphase befindet, und unserem externen Kanzleimitarbeiter Markus Peter, der als ehemaliger Gemeindepräsident ein absoluter Verwaltungsprofi ist. Dazwischen sprechen wir uns mittels Telefonkonferenzen eng ab.

«Wir möchten näher zu den Bürgerinnen und Bürgern rücken»

Ich verantworte seit April die Vorbereitung und Leitung der GR-Sitzungen, nehme Repräsentationsaufgaben wahr und kümmere mich um die Belange der Verwaltung. Markus Bänziger betreut Projekte wie die Ortsdurchfahrt sowie Anliegen der Planungskommission.

Zum Zeitaufwand ist zu sagen, dass ich die Möglichkeit hatte, mein berufliches Engagement kurzfristig etwas zurückzufahren und die gewonnene Zeit für das Vizepräsidium einzusetzen. Dass wenig Freizeit bleibt in einer solchen Ausnahmesituation, versteht sich von selbst.

Ist das Modell tauglich für die ganze Übergangszeit?

Es kann noch mehrere Monate dauern, bis der neue Gemeindepräsident im Amt ist. Wir wissen seit kurzem, dass wir nächstens eine andere Aufgabenverteilung vornehmen können. Ab August muss ich meine berufliche Tätigkeit wieder voll aufnehmen. Auch möchte ich wieder genügend Zeit für das Schulpräsidium einsetzen können.

Markus Bänziger konnte zwischenzeitlich mit  seinem Arbeitgeber ein Arrangement treffen, das ihm für die Monate Juli bis Oktober ein deutlich grösseres zeitliches Engagement ermöglicht.

Es braucht a) aufgrund der vielen Führungswechsel in GR und Verwaltung, b) aufgrund der grossen, kurzfristig anzugehenden Themen eine hohe Präsenz und Integration. Markus Bänziger führt während dieser Zeit die Geschäfte des Gemeindepräsidiums interimistisch, seine Stellvertretung bleibt bei mir.

Sie leisten die Arbeit von Profis, werden Sie für diese Übergangsphase auch entsprechend entlöhnt?

Nebst einem beachtlichen Teil ehrenamtlicher, nicht entschädigter Zeit erfolgt die Entschädigung bis zum 31. Mai nach dem bis dann gültigen Entschädigungsreglement: für Zusatzaufwände konnten Fr. 30.–/Stunde verrechnet werden. Ab 1. Juni erhält die interimistische Gemeindepräsidentin bzw. der interimistische Gemeindepräsident den auf dem Gehalt des Gemeindepräsidenten basierenden Stundensatz, das Vizepräsidium wird entsprechend dem neuen Entschädigungsreglement mit einer Pauschale entschädigt.

Der Gemeinderat ist mit einem zur Hälfte erneuerten Team in das neue Amtsjahr respektive den Rest der Amtsdauer gestartet. Welche Ziele/Schwerpunkte haben Sie sich gesetzt?

Ein wichtiger Punkt ist die rasche Einarbeitung der neuen Gemeinderäte. Dazu haben die vier Neuen ein Starter Kit erhalten und können sich ab sofort mit den wichtigsten Reglementen, Vorschriften und Kompetenzen auseinandersetzen.

Bereits haben die Neuen öffentliche Auftritte und Delegationen wahrgenommen. Im Ratsbetrieb wollen wir eine Qualitätsverbesserung erwirken: Einerseits werden Geschäfte besser vorbereitet werden, andererseits werden grosse Themen im Rat besser abgestützt werden, indem wir u.a. vermehrt zwei Lesungen für grosse Geschäfte vorsehen. So können Inhalte vermittelt und vertieft werden, bevor Entscheidungen getroffen werden.

Wir möchten auch näher zu den Bürgerinnen und Bürgern rücken. Zu diesem Zweck werden wir eine «offni Rotsstobe» (siehe separater Kasten) einrichten: Markus Bänziger und abwechslungsweise ein Gemeinderat stehen an Montagen der geraden Wochen zwischen 16.00 bis 18.00 Uhr für Anliegen zur Verfügung. Erster Termin: Montag 11. Juli, dann nach der Sommerpause am 8. August. Einwohnerinnen und Einwohner, aber auch Vereine und Interessengruppen sind eingeladen, angemeldet oder auch unangemeldet mit dem Gemeinderat ins Gespräch zu kommen.

Es gibt aber auch Projekte, die wir vertagen, bis der neue Gemeindepräsident im Amt ist, wie z.B. das neue Leitbild.

Der Gemeinderat steht immer noch unter Dauerbeschuss. Erst die Entschädigungsaffäre, dann die verlorene Schulhausabstimmung, jetzt die Wiederbelebung der Tunnel- und Doppelspur-Diskussion. Wie wirkt sich das auf das Gremium aus, wie gehen Sie mit der Kritik um?

Jedem Gemeinderat ist bewusst, dass es zum Amt gehört, mit Kritik umgehen zu können. Solange die Kritik sachlich bleibt, ist das auch kein Problem – im Gegenteil: Fundierte Kritik kann ein Projekt verbessern. Das Wort Dauerbeschuss möchte ich relativieren. Es ist richtig, dass eine Gruppe von Teufnern oft sehr kritisch Stellung nimmt zu aktuellen Themen. Sie nutzen die Möglichkeiten der neuen Medien sehr aktiv, repräsentieren aber nur einen kleinen Teil der Teufner Bürger.

Wir Gemeinderäte bekommen in persönlichen Begegnungen und Gesprächen auch viel Unterstützung ausgesprochen. Wir sind dankbar für solche Unterstützung, die zeigt, dass sich das grosse Engagement lohnt.

Der Gemeinderat hat zusammen mit der ebenfalls mehr als zur Hälfte erneuerten GPK einen eintägigen Ausflug unternommen (siehe sep. Bericht). Ist das ein Signal, die in den letzten Jahren von Konflikten überschattete Zusammenarbeit innerhalb des Gremiums und mit der Geschäftsprüfungskommission zu verbessern?

Die vielen Wechsel sind eine Chance für einen Neubeginn. Mit unserem Ausflug haben wir einen gelungenen Einstieg gefunden in eine konstruktive Zusammenarbeit. Die Stadtführungen in Chur und Bregenz waren lehrreich, es blieb aber auch genug Zeit, sich kennen zu lernen und anstehende Themen zu diskutieren. Es fand aber auch bereits eine erste Sitzung mit Delegationen des GR und der GPK statt. Dabei wurden die Abläufe und Prozesse der Zusammenarbeit definiert. Insgesamt lassen mich die Ergebnisse und das Klima der ersten Sitzungen mit den erneuerten Gremien optimistisch in die Zukunft blicken.

[grauer-kasten title=“Offni Rotsstobe“ text=“11. Juli: Markus Bänziger und Katja Diethelm; 8. August: Markus Bänziger und Ursula von Burg; 22. August: Markus Bänziger und Pascal Sigg Bischof.

In der «offne Rotsstobe» sind Einwohnerinnen und Einwohner, Vereine und Interessengruppen herzlich eingeladen, mit den Behörden angemeldet oder auch unangemeldet ins Gespräch zu kommen.

Die «offe Rotsstobe» wird vorläufig bis Ende Oktober am Montagabend jeweils von 16.00 bis 18.00 Uhr an geraden Wochen ausserhalb der Schulferien durchgeführt.“ ]

«Die Vorwürfe sind unhaltbar»

markus baenziger (67)
Markus Bänziger ist Präsident der Finanzkommission und führt neu das Gemeindepräsidium ab 1. Juli ad interim.

 

Markus Bänziger, vom Initiativkomitee heisst es jetzt, der Gemeinderat habe in der Tunneldiskussion mit pessimistischen Zahlen operiert und damit die Doppelspur favorisiert. Der GR habe gewusst, dass sich die finanzielle Situation verbessern werde.

Markus Bänziger: Diesen Vorwurf weisen wir vehement zurück: Vorab: Der Gemeinderat begrüsst die aktive Teilnahme der Einwohner am politischen Prozess mittels dem Instrument der Initiative.

  • Die Abstimmungsvorbereitung war einzigartig intensiv und unter mustergültigem Einbezug der Bevölkerung: vier offene Workshops mit Teilnahme von über 40 Einwohnern.
  • Der Abstimmungskampf war aussergewöhnlich lang: Das Edikt lag 3 Monate auf – normalerweise 6 Wochen – , dazu zwei öffentliche Versammlungen und eine Ausstellungim HUG. Besser kann man die Bevölkerung kaum mehr involvieren.

Die finanzielle Situation und die Tragbarkeit wurden in einem Teilprojekt des Projektierungskredites intensiv und professionell unter Mitwirkung einer politischen Arbeitsgruppe und von externen Spezialisten analysiert und beurteilt:

  • Teufen war zum Zeitpunkt der «Tunneldiskussion» 2014 aufgrund der Hochinvestitionsphase 2005 – 2012 finanziell nicht auf eine Investition in diesem Ausmass vorbereitet. Der Gemeinderat hat aber ab 2012 die Investitionen gerade im Hinblick auf einen möglichen Tunnelbau massgeblich zurückgefahren.
  • Die der Abstimmung unmittelbar vorangegangenen Jahre 2012 und 2013 verzeichneten massgebliche Rückgänge in den Steuererträgen von 31 Mio in 2011 auf 30.4 Mio in 2012 und 29.2 Mio in 2014. Die Erholung der Steuersituation wurde als denkbar, aber unsicher beurteilt: dies haben wir im Lindensaal damals genau so kommuniziert. Dass dies dann a) eingetroffen ist und b) in diesem Ausmass, hat viele andere Körperschaften wie Kanton und Bund überrascht, siehe deren Überschüsse.
  • Das Steueraufkommen ist unterjährig in Teufen sehr volatil. Gerade die letzten beiden Veranlagungs-Monate zeigen oftmals spürbare Ausschläge – nach oben und nach unten. Eine verlässliche Prognose selbst bei positivem unterjährigen Verlauf ist damit im Hebst nicht möglich.
  • Und dazu stehen wir: Eine umsichtige Finanzpolitik für die Allgemeinheit muss stets mit einer Portion Vorsicht betrieben werden: Stellen Sie sich vor, der Gemeinderat hätte einen Steueranstieg wie 2011 prognostiziert und dann Steuerrückgänge wie 2012 und 2013 hinnehmen müssen!

Es ist letztlich unhaltbar, wenn im Lichte dieses Wissens den Behörden nachträglich eine bewusst falsche Informationspolitik vorgeworfen wird. Gerade ehemalige Behördenmitglieder sollten dies wissen und das Vertrauen der Mitbürger nicht strapazieren.

 

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