Interview: Erich GmünderDer Filmemacher Thomas Lüchinger präsentiert in diesen Tagen sein neustes Werk – und sein intimstes. Es geht um nichts weniger als die letzte Phase des Lebens vor dem Tod. Für den Film bereiste der Teufner drei ferne Kontinente – die USA, Südamerika und Asien. Die Premiere im Kinok in der Lokremise von heute Abend ist bereits ausverkauft.
Seine vier Protagonistinnen und Protagonisten begleiten Menschen in der letzten Lebensphase. Er traf sie in USA, Brasilien, Nepal und in St.Gallen. Nach drei Jahren Dreharbeit und einem Jahr am Schnittplatz kommt der Film mit dem schlichten Titel «Being there» (Da sein) nun in die Kinos.
Wie kamen Sie zum Filmen?
Thomas Lüchinger: Ich war zuerst Lehrer, wurde dann Lehrer für Bildnerisches Gestalten und habe als solcher an allen Schulstufen, von der Sonderschule bis zur ETH und Hochschule für Gestaltung in Zürich gearbeitet. Viele Jahre habe ich selber gemalt und Ausstellungen gemacht. Nie aber hat mich mein Traum verlassen, Dokfilme zu machen. 1998 habe ich meinen Traum verwirklicht und bin mit Thich Nhat Hanh nach Indien gereist. Der Film «Schritte der Achtsamkeit», der daraus entstand, wurde zu einem grossen internationalen Erfolg. Das hat mir Mut gemacht, meinem Traum treu zu bleiben.
Dokfilme machen ist jedoch sehr aufwändig und kostspielig. So arbeitete ich gleichzeitig – bis vor zwei Jahren – als Lehrer für Didaktik/Kunstpädagogik an den Pädagogischen Hochschulen St. Gallen, Luzern und Zug.»
«Es war noch nie so schwierig einen Film zu realisieren wie diesen.»
Auslöser für den neusten Film – nach Schritte der Achtsamkeit, Johle und Werche, Guets Neus und Luminawa – war der Tod seiner Mutter, die er auf dem letzten Weg begleiten durfte. Da habe er sich erstmals mit der eigenen Endlichkeit bewusst auseinandergesetzt; mit der Vorstellung, dereinst einmal selber abhängig zu sein und auf dem Totenbett Abschied von dieser Welt nehmen zu müssen. «Irgendwann war der Moment, wo ich wusste, dazu will ich einen Film machen.»
Durch Lektüre und zahlreiche Besuche in Hospizen sowie bei einem Kurs in Sterbebegleitung in den USA bereitete er sich intensiv vor. Den Zugang fand er durch jene Menschen, die andere auf ihrem letzten Weg begleiten. Sein Film ist denn auch ihnen gewidmet. Durch sie habe er auch eine andere Sichtweise des Todes erfahren. «Besonders eindrücklich war das in Nepal. Dort spricht man nicht vom Anfang und Ende des Lebens, sondern vom Circle of Life, das Leben ist Teil eines Kreises.» In den Gesprächen am Bett von Sterbenden habe er aber Stunden Filmmaterial kehrte er von den Dreharbeiten zurück. Vor einem Jahr begann die grosse Arbeit des Sichtens, Transkribie-rens und Übersetzens, das Planen, Konzepten und schliesslich die Arbeit am Schnittplatz. Und weil der grosse Aufwand auch die Kosten in die Höhe trieb, kamen Finanzierungsprobleme dazu.
Hier stiess er auf unerwartet grosse Widerstände. «Es war noch nie so schwierig, einen Film zu realisieren wie diesen.»
Bei den vielen Absagen von Stiftungen, Fernsehen und Fördergremien habe er sich gefragt, ob sich darin unser Umgang mit Tod und Sterben widerspiegle: «Vielleicht möchte man mit dem Thema einfach nichts zu tun haben und verdrängt es, bis es einen einholt.» Aber er habe nicht aufgegeben. «Wir haben es trotzdem geschafft, und das freut mich sehr.»
Die Premiere des Films BEING THERE – DA SEIN am 2. November im Kinok in St.Gallen ist bereits ausverkauft. Weitere Vorstellungen siehe www.being-there.ch
Thomas Lüchinger mit Hund Cleopatra.
Thomas Lüchinger
Geboren: 16. November 1953 in Oberriet SG
Heimatort: Oberriet SG
In Teufen seit: 2005
Familie: Verheiratet mit Catherine De Clercq, Sohn Ephrem, Tochter Sophie
Erlernter Beruf: Lehrer für Bildnerisches Gestalten
Heute tätig als: Freischaffender Filmemacher
Lieblingsessen: Alles, was meine Frau kocht!
Lieblingsgetränk: Alles, was ich mit meiner Frau zusammen geniesse!
Musikvorlieben: Jede Musik, besonders jene von meinem Sohn Ephrem
Buch auf dem Nachttisch: Alles was leuchtet, Hubert L. Dreifus, Sean D.
Kelly
Hobbys: Klavierspielen, Kochen
Lebensmotto: Geniesse den Augenblick