Es war eine ziemlich spontane Aktion – der Andrang am Dienstagmorgen im Pfarreizentrum Stofel ist trotzdem gross. Die Frauengemeinschaft Teufen-Bühler hat zur Spenden- bzw. Materialsammlung geladen. Gesucht ist alles, was der Bevölkerung der Stadt Cherson in der Ukraine hilft, durch den Winter zu kommen.
Um 10:30 Uhr quillt das Pfarreizentrum Stofel bereits über. Vor der Eingangstür lehnen Matratzen an der Wand und wer in den Saal will, muss einem schmalen Gang zwischen Kisten, Plastiksäcken und Kleiderstapel folgen. «Wie du siehst, wurde wir völlig überrumpelt. Eine richtige Spendenlawine.» Maya Leu packt gerade Winterjacken für Kinder in eine Kartonbox. Die Übersicht zu behalten, ist in diesem Gewühl eine Herausforderung. Aber willkürlich können die Spenden nicht verpackt werden: «Sonst entsteht beim Laden und später beim Verteilen ein gewaltiges Chaos. Nur wenn alles sauber beschriftet ist, kommen Jacken, Schuhe und Essen wirklich an.»
Maya und Felix Leu sind der Ursprung dieser Sammelaktion. Sie hatten im vergangenen Frühjahr zwölf Flüchtlinge aus der Ukraine in der Kirche Bild aufgenommen. Nach drei Monaten sind diese zwar in eigene Wohnungen gezogen – der Kontakt blieb aber bestehen. «Wir führen jetzt noch zweimal pro Woche einen Deutschkurs durch. Heute wird der wohl hier stattfinden», sagt Felix Leu. Denn: Einige der Helfenden gehören zu jener «Ursprungs-Gruppe» von Ukrainern. «Inzwischen hat sich daraus eine richtige Gemeinschaft entwickelt, die über das Rotbachtal hinausgeht. Dass die Situation in Cherson so schlimm ist, wissen wir von einem Ukrainer, der jeweils aus Arbon zu uns auf Besuch kommt.»
Kein Strom, kein Essen
Nicht alle Helfer sind an diesem Dienstagvormittag im Pfarreizentrum tätig. Einige sind auf Einkaufstour. «Die akutesten Probleme sind der Stromausfall und der Zusammenbruch der Nahrungsmittelverteilung», sagt Maya Leu. Deshalb soll der erste Kleinbus, der am Mittwoch in Richtung Cherson fährt, handliche Stromaggregate an Bord haben. «Die kaufen wir jetzt halt ein – im ‘Obi’ zum Beispiel.» Für die grosse Ladung reicht der «Sprinter» allerdings nicht aus. Am Donnerstagmorgen soll deshalb ein ukrainischer LKW anreisen. Er wird Kleider, Schlafsäcke, Schuhe, Essensvorräte und Decken in die Hafenstadt mit fast 300’000 Einwohnenden bringen.
Bis dahin können die Spenden im Pfarreizentrum zwischengelagert werden. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Denn eigentlich wäre der Raum besetzt. «Aber wir haben eine Lösung gefunden. Natürlich wollen wir diese Aktion unterstützen, wenn wir können», sagt Diakon Stefan Staub. Er ist auch Vorstandsmitglied der Frauengemeinschaft Teufen-Bühler. Sie war es, die der Sammelaktion über ihren weitläufigen E-Mail-Verteiler zum Erfolg verholfen hatte. «Wirklich erstaunlich, was in so kurzer Zeit möglich ist. Wir danken allen, die heute etwas vorbeigebracht oder geholfen haben», sagt Maya Leu. tiz