Gemeinderat und Leiter Ressort Finanzen, Urs Spielmann, bei der Vorstellung des Budgets 2020 im November 2019.
Armin Sanwald vom Initiativkomitee beantwortet eine Frage aus dem Plenum. Fotos: tiz
Timo ZüstBereits im Vorfeld war klar, dass die Initiative des Schiesssportzentrums zu reden geben würde. Aber auch die Präsentation des Voranschlags und die Informationen zum Glasfaser-Kredit waren nicht ohne Spannung.
Die SSZ-Initiative
Laut Abstimmungsedikt wären die Rollen an diesem Abend klar verteilt gewesen: Der Gemeinderat plädiert für eine Ablehnung der Initiative. Das SSZ, beziehungsweise das Initiativkomitee, versucht den Anwesenden eine Annahme schmackhaft zu machen. Zwar fiel keine der Parteien wirklich aus ihren Rollen. Schwarz-weiss war die Sache aber trotzdem nicht. «Glauben Sie mir, auch wir hätten es lieber, dem SSZ würde es gut gehen», sagte beispielsweise Gemeindepräsident Reto Altherr als Reaktion auf ein Pro-SSZ-Plädoyer aus dem Plenum. Und auch sonst machte der Gemeinderat mit seinen Aussagen klar: Einfach hatte er sich die Empfehlung für die Ablehnung der Initiative nicht gemacht. Aber einfach ist beim SSZ auch kaum etwas. Der kurze historische Exkurs von Altherr machte dies deutlich:
2010: Gründung der Genossenschaft
2011 Abschluss des Baurechtsvertrag (inkl. Begleichung der Strom-, Wasser- & Abwasserkosten durch die Gemeinde)
Der Bau wurde deutlich teurer als ursprünglich angenommen. Das hatte diverse Gründe. Insbesondere das schwierige Terrain trug zum Kostenanstieg bei.
2012 Eröffnung und Label-Verleihung.
2013 Unterbreitung des Sanierungs- bzw. Rückkaufangebots der Gemeinde. Die Genossenschaft schlug das Angebot aus – auch weil das Geld nicht für die vollständige Begleichung der Handwerkerrechnungen gereicht hätte.
2018 Deponierung der Bilanz durch die Genossenschaft. Dieser Schritt erfolgte nach Jahren finanzieller Schwierigkeiten – wurde aber wieder zurückgenommen. Darauf folgte die Initiative.
Dem Gemeinderat ist bewusst, dass während dieser wechselhaften Geschichte auf beiden Seiten Fehler gemacht wurden. Am konkretesten war diesbezüglich Urs Spielmann, Leiter Ressort Finanzen: «Wir wollen nicht behaupten, dass von Seiten der Gemeinde nie Fehler gemacht wurden. Weder wollen wir das grosse Engagement des SSZ oder die sportlichen Erfolge negieren. Wir versuchen lediglich darzulegen, wie sich die finanzielle Situation nach unserem Wissensstand präsentiert.» Für diese Analyse stützte sich die Gemeinde auf die Unterlagen der Genossenschaft und auf die Meinung externer Experten. Das Ziel war, eine realistische und faire Einschätzung der finanziellen Zukunft (Zeitraum der Initiative bzw. 10 Jahre) des SSZ abgeben zu können. Dafür ging man vom «Idealfall» aus. Das heisst: Die Erträge pendeln sich im Durchschnitt der Jahre 2017 und 2018 ein. Die Gemeinde verzichtet gemäss Initiative auf Zinsen und Amortisationen und leistet zudem den jährlichen Maximal-Beitrag von 52’000 Franken. Auch die weiteren Beiträge – hauptsächlich vom «Regionalen Leistungssportzentren Schiessen» (RLZS) – fliessen weiterhin. Dazu wurden 300’000 Franken betriebsnotwendige Investitionen über die nächsten zehn Jahre eingerechnet. Und es wurde angenommen, dass private Gläubiger auf Zinsen bzw. Amortisationen verzichten.
Das Fazit Spielmanns für dieses Finanz-Szenario: «Die Genossenschaft könnte ihre Ausgaben decken und einen bescheidenen Beitrag zurücklegen. Eine Rückzahlung der Schuld gegenüber der Gemeinde (Stand heute: rund 955’000 Franken Darlehen und offene Rechnungen / knapp 156’00 Franken in Fälligkeiten) wird im Jahr 2031 aber nur in sehr kleinem Umfang möglich sein. Ab 2032 droht bei Ausbleiben der Gemeindebeiträge erneut die Zahlungsunfähigkeit.» Deshalb auch die Empfehlung von Gemeindepräsident Reto Altherr: «Wenn wir nicht einigermassen sicher sagen können, dass kein Konkurs des SSZ droht, können wir Ihnen nicht zu einer Annahme der Initiative raten.»
Der Architekt Felix Schellenberg ist Teil des Initiativkomitees.
Die Initianten kamen ebenfalls zu Wort. Für sie trat Armin Sanwald, Sprecher des Initiativekomitees, ans Mikrophon. Seine Ausführungen fokussierte er weniger auf die Finanzen, sondern auf die sportliche Bedeutung des SSZ: «In der ganzen Schweiz existieren nur zwei solcher Anlagen. Hier können Schützinnen und Schützen ihren Sport in einem optimalen Umfeld ausüben.» Ausserdem vertrat er die Ansicht, dass das SSZ bei einer Annahme der Initiative auf mehr externe und zahlende Nutzer zählen könnte: «Viele potenzielle Mieter zögern heute mit einer Zusage, weil sie nicht wissen, wie es mit dem SSZ weitergeht.» Rückendeckung erhielt Sanwald von Komitee-Kollege und Architekt Felix Schellenberg: «Ich kann Ihnen sagen, dass dieses Gebäude in einem tadellosen Zustand und die Anlage top ist. Und dass man das Gebäude wohl kaum für etwas anderes verwenden könnte.» Ausserdem werde am 24. November nicht darüber abgestimmt, ob der Gemeinderat oder das SSZ Fehler gemacht habe. Sondern darüber, ob man diese Anlage mit einem schweizweit sehr guten Ruf erhalten will.
Aber was passiert bei einer Ablehnung?
Diese Frage beantwortete Reto Altherr: Die Gemeinde wäre gezwungen, ihre Forderungen auf dem Rechtsweg einzutreiben. Ein nachfolgender Konkurs würde wahrscheinlich. Dann käme es wohl zu einer Gant der Liegenschaft. Die Gemeinde steigerte dabei wohl bis zur Höhe der ausstehenden Forderungen mit. Anders gesagt: Die zukünftige Nutzung der Liegenschaft wäre ungewiss. Und: «Im schlimmsten Fall müsste ein Rückbau diskutiert werden.»
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Der Voranschlag
Urs Spielmann, Leiter Ressort Finanzen, präsentierte heuer zum ersten Mal einen Voranschlag der Gemeinde Teufen.
Weniger kontrovers, aber doch spannend, waren die Ausführungen von Urs Spielmann zum Voranschlag 2020. Für den Nachfolger von Markus Bänziger war die Präsentation eine Premiere – und er wurde anschliessend vom Publikum gelobt. Denn er machte sich die Mühe, das Zahlenspiel mit konkreten Vergleichen zu ergänzen und deren Bedeutung zu erläutern. Ein Beispiel sind die für 2020 budgetierten Personalkosten. Diese fallen gegenüber des Voranschlags 2019 wegen Anstiegen bei den Heimen (+ 173’000 Franken) und den Schulen (+ 624’000 Franken) deutlich höher aus. Dazu Spielmann: «Häufig macht es Sinn etwas genauer hinzuschauen. Der Anstieg bei den Schulen ist nämlich nicht nur durch die steigenden Schülerzahlen begründet. Mit 455’000 Franken fällt hier insbesondere die Einführung der Schulsozialarbeit ins Gewicht. Aber: Diese Kosten trägt Teufen nicht allein. Die anderen beteiligten Gemeinden übernehmen auch 355’000 Franken. Das Problem: Das wird im Transferertrag verbucht und taucht deshalb im Personalaufwand nicht auf.»
Die übrigen Zahlen des Voranschlags sind schnell zusammengefasst: Der Gemeinderat geht bei einem gleichbleibenden Steuerfuss von 2,8 Einheiten und Nettosteuereinnahmen von 33,9 Mio. Franken (Voranschlag 2019: 33,8 Mio. Franken) von einem operativen Defizit von 709’000 Franken und einem Gesamterfolg von 17’000 Franken aus. Darin enthalten sind Investitionen im Umfang von rund 7,5 Mio. Franken. Diese betreffen hauptsächlich die Schulliegenschaften, die Wasserversorgung und die Telekommunikation (Glasfaser).
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Die Glasfaser
Die Gemeinde beantragt dem Teufner Stimmvolk am 24. November auch einen Investitionskredit über 2,3 Mio. Franken für die Glasfasererschliessung (FTTH) des gesamten Gemeindegebiets. «Wir sind überzeugt, dass dies der richtige Schritt ist, um die moderne Infrastruktur unserer Gemeinde auf einem hohen Niveau zu halten», sagte Gemeindepräsident Reto Altherr. Bei diesem Ausbau geht es um jene Liegenschaften, die beim ersten Glasfaser- Ausbau in den Jahren 2012 bis 2014 nicht berücksichtigt wurden. «Die SAK und Swisscom fokussieren sich beim Glasfaser-Ausbau auf dicht besiedelte Gebiete. Anderswo bauen sie nur, wenn die Gemeinde einen Beitrag leistet», so Altherr. Dieser Beitrag beläuft auf die 2,3 Mio. Franken, Swisscom und SAK übernehmen ihrerseits 1,2 Mio. Franken. Die Gemeinde entschied sich dabei für die Maximal-Variante. Das bedeutet: Alle Liegenschaften werden mit Glasfaser ausgerüstet. Bei der Minimalvariante wäre der Ausbau nur erfolgt, wenn mindestens 60 Prozent der Liegenschaftsbesitzer einem Beitrag zugestimmt hätten. «Unter dem Strich hätten wir mit dieser Variante 390’000 Franken gespart. Dazu wäre aber das Risiko gekommen, dass einige Gebiete doch nicht angeschlossen werden», so Altherr. Wird der Kredit bewilligt, beginnen die Arbeiten voraussichtlich im vierten Quartal des kommenden Jahres und dauern bis ins Jahr 2022.
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[grauer-kasten titel=“Parteiparolen“ text=“Die SP Teufen hat ihre Abstimmungsparolen bereits gefasst:
Ja zum Voranschlag 2020
Die SP Teufen steht hinter dem Voranschlag der Gemeinde und ist mit einem Steuerfuss von 2.8 einverstanden.
Nein zur Initiative Schiesssportzentrum
Das Initiativkomitee betont, für den laufenden Betrieb genügten die finanziellen Mittel, lediglich die Amortisation des Gebäudes könnten die Betreiber nicht stemmen. Beim Lesen des Betriebkonzepts scheint das zwar möglich, aber wenig überzeugend. Der uns vorliegende Bericht der Revisoren ist nicht frei von Warnungen. Für die Initianten ist das SSZ eine Trainingsstätte, wo Sportler und insbesondere Junioren einer sinnvollen Tätigkeit nachgehen können. Wir bestreiten nicht, dass die öffentliche Hand in vielen Fällen Sportvereine unterstützt. Das Verhältnis zwischen SSZ-Benutzer aus Teufen und der verlangten Unterstützung stimmt aber unseres Erachtens nicht. Die Gemeinde hat in der Vergangenheit schon Finanzen eingeschossen, ohne dass die Anlage dadurch selbsttragend geworden wäre. Die Mehrheit der SP Teufen ist der Meinung, dass es nicht Aufgabe der Gemeinde sei, den Fortbestand des SSZ zu sichern.
Ja zur Erschliessung mit Glasfasern im ganzen Gemeindegebiet
Über 80 Prozent der Teufener Liegenschaften verfügen bereits über einen Glasfaseranschluss. Die Infrastruktur wurde vorwiegend auf Kosten der SAK und der Swisscom erstellt. Wenn jetzt die verbleibenden Liegenschaften auf Gemeindekosten angeschlossen werden sollen, so ist dies aus Sicht der SP Teufen ein Akt der Solidarität. Eine gute Infrastruktur ist ein Standortvorteil und kann mithelfen, dass junge Menschen in der Gemeinde bleiben. Glasfaseranschluss in jede Liegenschaft vermindert auch das Bedürfnis nach weitreichenden 5G-Antennen.“]