Ein Traumberuf

03.05.2020 | Félice Angehrn
Silvia_Hablützel (1)
Félice Angehrn Sie macht ihren Job mit Leidenschaft. Jahrelang pflegte sie schwerkranke Menschen. Heute begleitet sie RentnerInnen mit Vorträgen und Tipps zu Themen wie Bewegung, Ernährung, Demenz, Trauer und Soziales. Ich treffe Silvia Hablützel in ihrem Haus im Schönenbüel. Dort oben wohnt sie mit ihrer Familie mit wunderbarer Sicht zum Alpstein. Umgeben von Kunstgemälden sitzen wir am langen Esstisch. Diverse Broschüren über ihre Tätigkeit sind bereit für unser Gespräch. «Im Moment mache ich Homeoffice wie alle. Bin ständig am Telefon», sagt Silvia Hablützel lachend. Die Senioren vermissen jetzt die sozialen Kontakte mehr denn je. Für viele Personen im hohen Alter sind die Isolationsmassnahmen extrem belastend. Die diplomierte Pflegefachfrau arbeitet seit zehn Jahren bei der Pro Senectute AR. Ihr Büro hat sie in Heiden. Zuständig ist sie für Gesundheitsförderung und Prävention und leitet verschiedene Angebote. Wer sich aktiv betätigt, bleibt länger gesund. «Zwäg is Alter» ist ein kantonales Programm und bietet unentgeltliche Angebote ab 64 Jahren in Appenzell Ausserrhoden. Um die Wahrnehmung, Konzentration und Merkfähigkeit zu fördern, gibt es den Kurs «Spielen fürs Gedächtnis ». Und ins Sonntagscafé können Senioren ungezwungen hingehen, um zu reden, spielen oder singen. Rückmeldungen von Gästen solcher Angebote sind folgende: «Ich finde es einfach schön, hier trifft man immer jemanden.» Oder: «Früher ist mir oft die Decke auf den Kopf gefallen. Heute gehe ich ins Sonntagscafé und das tut mir gut.» Aber wann ist der richtige Zeitpunkt? «So früh wie möglich und lieber spät als nie. Besser vorbeugen statt heilen.» Das jüngste Angebot, das sie vor fünf Jahren mit einem engagierten Team lanciert hat, ist das Trauercafé. Das sei ein grosses Bedürfnis und werde gut besucht, auch von Männern. Dort hätten sich schon wertvolle Bekanntschaften mit Gleichgesinnten entwickelt. «Abschied nehmen ist etwas vom Schwersten, was uns das Leben abverlangen kann. Anderen Menschen zu begegnen, die dasselbe Schicksal erlebt haben, kann sehr hilfreich sein.» Der Austausch findet einmal monatlich statt und die Gruppe wird von erfahrenen und geschulten Personen begleitet. Allein sein «Einsamkeit ist ein grosses Thema », sagt die 56-jährige Pflegefachfrau. Nicht nur jetzt, in der Corona-Krise. Besonders den Sonntag empfinden einsame Menschen als schlimmen Tag. Das sitze ganz tief von früher. Da möchte man niemanden stören. Die Hemmschwelle, jemanden für einen Spaziergang zu fragen, sei sehr hoch. Warum fühlen sich die Menschen einsam? «Eine Scheidung oder eine Verwitwung kann dazu führen.» Manchmal sind keine Kinder da oder sie wohnen weit weg. Viele haben nach dem langen Berufsleben kein soziales Netz. Manchmal trauen sie sich nicht, neue Dinge auszuprobieren. Was hat sich bei den Senioren gegenüber früher verändert? «Heute sind sie wesentlich gesünder und selbständiger.» Ganz viele sind finanziell gut gestellt. So lange wie möglich möchten sie zu Hause bleiben. Zurück zur Kindheit Zusammen mit vier Geschwistern wuchs Silvia Hablützel in Herisau auf. Weit weg vom «Schuss», wie sie sagt, in einem Haus ohne elektrische Heizung und Bad. Mit 14 Jahren verlor sie ihren Vater. Ihre Mutter arbeitete von morgens bis abends, um die Familie durchzubringen. Dazu pflegte sie noch ihre kranke Mutter zu Hause. Mit 18 Jahren verliess die gerade volljährig gewordene Frau das Elternhaus, ging nach Zürich, um sich zur Pflegefachfrau AKP auszubilden. Weiterbildungen folgten in Herisau, Wil und St. Gallen. Erfahrungen sammelte sie auf verschiedenen Gebieten der Spitäler wie in der Onkologie, in der Psychiatrie und in der Palliativmedizin. «Alte Menschen haben mich schon immer interessiert. Sicher bin ich geprägt von meiner Kindheit und wollte immer schon kranken Menschen helfen», erzählt sie. Seit 30 Jahren lebt sie in Teufen. Sie ist verheiratet und hat zwei Söhne. Während der Familienphase hat sie in Teilzeit gearbeitet. Zum Ausgleich singt sie im Chor Gais. «Ich liebe klassische Musik, Literatur und Kunst. Und meinen Traumberuf würde ich auch heute wieder wählen. Das Älterwerden empfinde ich als schön. Mit meinem Leben bin ich zufrieden, ich bin dankbar, gelassen und kann mich an kleinen Dingen im Alltag erfreuen.»

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