Ein süsser Frühling

13.05.2020 | Timo Züst
Honig_Miriam_Rutz (1)
Das «flüssige Gold» fliesst vom Chromstahlbehälter in die 250-Gramm-Gläser. Fotos: tiz

Das vergangene Jahr war für die meisten Imker der Ostschweiz kein Erfolg. Viele von ihnen ernteten so wenig Honig wie schon lange nicht mehr. Der sehr warme Frühling macht nun aber Hoffnung auf ein deutlich besseres 2020.

Auf dem Stubentisch von Miriam Rutz thront ein Chromstahlbehälter. Darin befinden sich rund 17 Kilogramm ihres «flüssigen Goldes». Sorgfältig öffnet sie mit der rechten Hand das Ventil und lässt exakt 250 Gramm des Honigs in ein Glas fliessen. Noch sind die Gläser nackt. Später wird darauf eine Etikette geklebt: «MiRi’s Appenzeller-Honig». Eigentlich ist es noch einen Monat zu früh für das erste Abfüllen. «Im Wissen, dass uns ein Kälteeinbruch bevorsteht, habe ich den starken Bienenvölkern den zweiten Honigraum bzw. die bereits verdeckelten reifen Honigwaben entnommen, damit sie etwas näher zusammenrücken.» Darauf folgt eine Erklärung: Je grösser die Fläche im Bienenkasten, auf die ein Volk verteilt ist, desto intensiver müssen die Bienen heizen (zittern), um die nötige Kernenergie zu erreichen. «Und eine verdeckelte Honigwabe ist Honig, den die Bienen bereits für den kommenden Winter zur Seite gelegt haben.» Um das flüssige Gold» zu schützen, verschliessen sie die Waben mit einem Wachs.

Von Flüssig zu Kristall

An zwei der abgefüllten Gläser wird ein Notizzettel befestigt. Darauf hat Miriam Rutz nebst dem Datum auch die Prozentzahl 15,2 geschrieben. Dieser Honig ist nicht für den Verzehr gedacht. «Als Siegel-Imkerin bin ich verpflichtet, zwei Gläser zurück zu behalten. So lässt sich später immer nachvollziehen, ob die Qualität gestimmt hat.» Auch bei den 15,2 Prozent geht es um die Qualität. Das ist der Wasseranteil des Honigs. Grundsätzlich gilt: je weniger, desto besser. «Das ist ein sehr guter Wert. Der Honig wird vermutlich rasch und schön kristallisieren», so die Imkerin. Nach dem Abfüllen sollte der Honig in einem kühlen, dunklen Raum gelagert werden. Dort verwandelt sich die dunkelgelbe, flüssige Masse in den bekannten, stichfesten gelben Honig. Wie schnell und stark der Honig kristallisiert, hängt aber nicht nur vom Wassergehalt ab. Viel entscheidender sind die Inhaltsstoffe. «Reiner Waldhonig bleibt beispielsweise flüssig. Sogenannter Sommerhonig, eine Mischung aus Wald- und Blütenhonig, kristallisiert nur teilweise.» Grund dafür sind die unterschiedlichen Nahrungs- bzw. Nektarquellen der Bienen. Sie verändern die Zusammensetzung. Bei den Gläsern, die Miriam Rutz diese Woche abgefüllt hat, handelt es sich um reinen Blütenhonig. Diesen sammelten die Bienen in den vergangenen Wochen auf den reichhaltigen Frühlingswiesen. Aber: «Neben dem Bienenhaus steht auch eine Akazie, die bereits blüht. Da waren sie sicher auch. Das könnte den Honig etwas weniger hart werden lassen. Ich bin gespannt.»

Hoffen auf Waldhonig

Das bisher ertragsreichste Jahr für Miriam Rutz war ihr erstes Honigjahr. Im vergangenen Oktober sagte sie zur TP: «Meine Honigernte 2017 war mit 64 Kilogramm mein bisheriger Rekord. 2018 waren es dann noch 30 Kilo und dieses Jahr nur acht.» Die dürftige Ausbeute von 2019 hat sie mit ihrer ersten, verfrühten Ernte von 17 Kilogramm jetzt bereits überrundet. Für sie keine Überraschung: «Für die Bienen war der Frühling bisher natürlich perfekt. Es war sehr warm und alles hat rund drei Wochen früher geblüht.» Zwar lässt sich noch nicht voraussagen, wie es den Bienen im 2020 insgesamt ergehen wird. Aber die Zeichen stehen seit langem wiedermal auf Waldhonig. «Man sagt, wenn es im Mai Fliegen im Wald hat, könnte es Waldhonig geben. Und das war heuer definitiv der Fall.» Den Bienen von Miriam Rutz geht es bisher auf jeden Fall sehr gut. Auch wenn der ungewöhnlich milde Winter sie vor Herausforderungen gestellt hat. Denn wenn die Temperaturen zu früh ansteigen, stellt die Königin die Brutaktivität über den Winter kaum ein. Die Bienen sind dann ständig damit beschäftigt, die Brut zu pflegen und zu wärmen. Die Energie dazu entnehmen sie ihrem Futtervorrat – sprich dem eingelagerten Honig. «Ich musste im Februar aber noch Zuckerteig nachfüttern. Leider weiss ich im Herbst jeweils nicht, was für ein Winter auf uns zukommt.» Es ist deshalb jeweils schwer abzuwägen, wie viele Futterreserven sie den Bienen für den Winter lässt. Kälteeinbrüche wie den von dieser Woche machen ihren Schützlingen hingegen viel weniger zu schaffen. «Die Völker sind vital, haben genügend Futtervorräte und können so einen Wetterwechsel wie diesen gut verkraften. Das ganze Volk rückt zusammen, bis es wieder wärmer wird. Ähnlich wie wir.» tiz

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