Erich Niederer
Wenn sich – an einem eidgenössischen Abstimmungssonntag mit wichtigen Vorlagen – zwei Landammänner, mehrere Gemeindepräsidenten, ein Schauspieler und 150 kunstinteressierte Gäste im Zeughaus treffen, muss ein besonderer Anlass vorliegen: Gret Zellweger zeigt zum ersten Mal in einer öffentlichen Ausstellung in Teufen einen Teil ihres Schaffens.
Vor 40 Jahren machte Gret Zellweger ihr Hobby zum Beruf: Seit damals bezeichnet sie sich als Kunsthandwerkerin und nicht als Künstlerin und arbeitet nicht im Atelier, sondern in der Kunstwerkstatt. Dort entstehen Bilder in den verschiedensten Techniken, Holzschnitte, Textilarbeiten, Beschriftungen, Tischsets, Blech- und Holzarbeiten sowie Blech- und Holzskulpturen, Wirtshausschilder, Panoramen, Aquarelle. Ihre Sujets stammen aus ihrer Heimat und der Natur, dem Appenzeller Brauchtum und dem Alpstein: Kühe, Hühner, Geissen, Berge, Bauern, Chläuse, Tänze, Musiker. 2012 erhielt sie dafür den «Tüüfner Bär».
2010 zeigte das Museum Appenzell einen umfassenden Querschnitt durch das Schaffen von Gret Zellweger, 2015 das Appenzeller Volkskunde-Museum in Stein eine Retrospektive und 2019 das Appenzeller Brauchtumsmuseum Urnäsch die Arbeiten, die Gret Zellweger im Rahmen eines Kunststipendiums in Zakopane (Polen) gefertigt hatte. Auch das Haus Appenzell in Zürich hatte schon Werke von Gret Zellweger ausgestellt – noch nie aber Teufen.
75 Jahre und 75 Monotypien – und ein Buch
Nun aber werden, mit leichter Verspätung zum 75. Geburtstag, 75 Monotypien von Gret Zellweger gezeigt. Das sind Bilder im gleichen Stil und Einzeldrucke: Auf farbige Büttenblätter werden ihre bekannten Sujets mit Schablonen gelegt und dann abgezogen. Alle Monotypien sind Inhalt des Buches, das auf die Vernissage vom Appenzeller Verlag herausgegeben und allen Besuchern dank grosszügiger Unterstützung Dritter abgegeben wurde: «Gret Zellweger: Appenzellerland». 2005 gab es das erste Buch zu Gret Zellwegers Schaffen: Gitta Hassler und Toni Küng: «Gret Zellweger, 25 Jahre Kunsthandwerk». Darüber hinaus erhielt die Ausstellung in Appenzell begleitend eine Publikation zu den Blecharbeiten, jene in Stein ein Postkartenbüchlein.
«Ein Stück Appenzellerland»
In seiner Begrüssung bezeichnet Matthias Tischhauser Gret Zellweger als «Tüüfner Urgestein», als «eine der kreativsten Künstlerinnen mit einem unglaublich breiten Repertoire». Alfred Stricker, der Ausserrhoder Landammann, stellte wiederum gleich zu Beginn seiner Laudatio fest, dass alle hier seien wegen der Gret, weil alle Gret kennen und sie gerne haben. «Da werden alle Vechschauen bei uns abgesagt, aber 75 Jahre Gret findet statt». Gret sei «ein Stück Appenzellerland und im ganzen Appenzellerland daheim». Sie sei «eine hervorragende Brückenbauerin – und eine Treiberin des heutigen Anlasses».
«Keine schönen Kühe ohne Hörner»
Überraschungsgast und Schauspieler Philipp Langenegger rezitierte Gedichte von Julius Ammann und Chämifeger Bodemaa. Dazwischen interviewte er Gret Zellweger, fragte sie, wie man 75 Bilder im gleichen Stil machen könne, liess sich Monotypie und ihre Schaffenskraft erklären und erfuhr, dass es «keine schönen Kühe ohne Hörner» gibt und dass sie «einen guten Draht zu allen Appenzellern habe» und sie ohne Innerrhoden anfänglich «nochzue verlompet» wäre.
Am Sonntag, 25. Oktober 2020, 14.00 Uhr, wechselt Gret Zellweger ihre Kunstwerkstatt ins Zeughaus und zeigt öffentlich, wie Monotypien hergestellt werden.