Hinweis: Für den Anlass sind Anmeldungen erwünscht. Bitte direkt bei Elias Menzi unter 079 656 91 66.
Ihr seid am Sonntag mit eurem gemeinsamen Programm «es wie die Sonnenuhr machen» in Teufen. Gastgeber Elias Menzi meinte, dabei handelt es sich um eine Art «Vorpremiere». Also ziemlich exklusiv das Ganze?
Julia: Wir nennen es eher «Tryout», weil wir das Programm zum ersten Mal vor Publikum spielen und einiges noch nicht ganz sitzt. Exklusive Technikpannen und Texthänger!
Manuel: Ich arbeite in der Regel lange ganz alleine an meinen Sachen. Und bevor ich «richtig» auf Tour gehe, mache ich immer mehrere solche Ausprobier-Shows, um die Ideen ein erstes Mal freizulassen, um herauszufinden, wohin die Lieder fallen, was vielleicht lustig wird, was schwer, was langsam sein kann, wo es Tempo braucht usw.. Und diesmal machen wir es zu zweit.
Und dann muss ich natürlich wissen: Wieso dieser Titel? Eine Sonnenuhr macht ja nicht sonderlich viel.
Doch: Sie zählt die heiteren Stunden nur.
Ich hab euer Duo selbstverständlich gegoogelt. Und einen Kurzbeschrieb gefunden. Darin heisst es unter anderen: «Es geht bei ‘es wie die Sonnenuhr machen’ um neue Denkmäler, alte Französischschulbücher, historische Poesiealben, erfundene Dienstleistungen, Guezliteig und die endgültige Aufklärung der Hechtvorfälle in den St. Galler Weihern.» Habt ihr dem Appenzellerland oder gar Teufen auch ein Kapitel gewidmet?
Julia: Wir wohnen beide in St. Gallen, deshalb begegnen uns die Sachen eher hier. Die meisten dieser Themen sind aber sowieso global, also Appenzell mitgemeint.
Und gleich noch ein Zitat aus ebenjenem Kurzbeschrieb: «Hamburg hat die Hamburger Schule, Atlanta hat den Trap, Saignelégier hat die Pferde, St.Gallen hat die Lakonie.» Sind wir Ostschweizer so lakonisch? Und ist das gut oder schlecht?
Julia: Der Mensch wird über die Zeit zur Topografie, in der er lebt. Schlauchige Stadt, schlauchiger Mensch. Lakonisch ist altgriechisch für schlauchig.
Manuel: An dieser Stelle nochmals mein herzlicher Dank an dich, Julia, für den schönen Pressetext!
Mal eine ganz vernünftige Frage: Wie haben Julia Kubik und Manuel Stahlberger eigentlich zueinander gefunden?
Julia: Manuel hat mir im Frühjahr mal eine Mail geschrieben mit dem Betreff «mal was zusammen machen?» Und ich antwortete: «ja, sehr gerne.»
Manuel: Wir sind ja fast gleich. Julia ist einfach 20 Jahre jünger und ich bin ein Mann, aber sonst: Wir machen beide Musik, zeichnen, schreiben, waren beim Fernsehen, wobei Julia noch verzweigter unterwegs ist als ich.
Ihr seid beide sehr begabt darin, die Absurdität des Alltäglichen zu entlarven. Wie ist da so der Trend: Wird die Welt lustiger oder trauriger?
Julia: Insgesamt geht es der Welt wohl grad eher schlecht. Alltägliche Absurditäten, die man lustig finden kann, gibt es aber zum Glück trotzdem noch genug.
Manuel: Die Welt ist mir eh zu gross. Ich kann sie wahrnehmen und mich freuen oder aufregen, aber ich kann sie nur in meinem kleinen Kosmos ein bisschen beeinflussen. Und klar, ich kann Geschichten aufschnappen oder erfinden, auch traurige.
Eines meiner Lieblingslieder ist die «Rägebogesiedlig» (von Manuel Stahlberger). In Teufen haben wir zwar keine so grossen Überbauungen. Dafür wunderschöne Terrassen-Häuser mit grossen Fensterfronten. Generell bietet das Steuerparadies im Speckgürtel doch reichlich Stoff für Satire. Oder ist das schon wieder langweilig?
Manuel: Ich kenne mich mit Steuerparadiesen nicht aus und habe bis jetzt nie dran gedacht, aber Terrassenhäuser und Fensterfronten sind im Prinzip schon gute Bilder. Mir kommt da ein Lied von Rainald Grebe in den Sinn, der Mann im Song heisst Klaus, und irgendwo heisst es: «Seine Frau ist gegen eine Scheibe gelaufen / Klaus schaut nur auf die Scheibe und sagt: Warnvögel kaufen!» Hmmm …
Julia, deine Comics erscheinen monatlich im Kulturmagazin Saiten. Für die jüngste Ausgabe hast du einige Festival ersonnen. Mein Favorit: das Sommerklausen. Du schreibst dazu: «Die allseits beliebte Tradition der Appenzeller Silvesterkläuse hat 2 Nachteile: Sie findet nur im Winter statt, und nur lokal begrenzt.» Deshalb soll nun im Sommer als «chalte», «warme» und «halbchalte» Chläuse durch Freibäder und Naherholungszonen geklaust werden. Mit Kühlbeuteln oder Luxusbademänteln bekleidet.: Wie kommt man auf sowas?
Julia: Man könnte auch fragen: Wie kommt man drauf, Fussballprofi zu werden? Man spielt gerne und viel Fussball … Und zu einem kreativen Beruf gehört es halt, «nischigeren» Ideen und Gedanken Raum zu geben, weil man das gerne macht.
Bei «es wie die Sonnenuhr machen» soll es Dias und Kurzfilme zu sehen, Texte und Lieder zu hören geben. Das klingt so ein bisschen nach diesem einen übermotivierten Lehrer in der Primarschule …
Julia: Da hast du natürlich recht! Wir als übermotivierte Kleinkünstler*innen nennen es Multimedia-Spektakel.
Manuel: Dias, Texte, Lieder sind die Disziplinen, die tönen vielleicht etwas staubig. Aber die Inhalte finde ich sehr schön bis jetzt. Ich freue mich auf unsere Tournee!