Ein Millionen-Polster

25.03.2020 | Timo Züst
Gemeindehaus
Die Gemeinde Teufen vermeldet für 2019 einen Überschuss von 6,7 Mio. Franken. Fotos: tiz

Heute Nachmittag präsentierte die Gemeinde die Zahlen des vergangenen Jahres. Wegen des Coronavirus ausnahmsweise per Telefonkonferenz. Auch am Telefon klang das Ergebnis gut. Aber die Zukunft sieht nicht nur rosig aus.

Die Zahlen in Kürze


Die Jahresrechnung 2019 der Gemeinde Teufen schliesst mit einem Überschuss von 6,7 Mio. Franken (2018: 3 Mio. Franken) ab. Damit liegt man deutlich über dem Voranschlag, der von einem Überschuss von lediglich 12’400 Franken ausgegangen war.

Wichtig dabei: Bei dieser Zahl handelt es sich um den Überschuss nach Ergebnisverwendung. Das bedeutet: Es wurden bereits Zusatzabschreibungen von über 1,1 Mio. Franken (Überschuss auf Stufe 2: 7,8 Mio. Franken) abgezogen und ausserordentliche Aufwände bzw. Erträge von etwas über 444’000 Franken addiert (Operatives Ergebnis bzw. Stufe 1: 7,35 Mio. Franken.)

Dank des guten Ergebnisses haben sich einige Finanzkennzahlen weiter verbessert. Dazu gehört der Nettoverschuldungsquotient. Er ergibt sich durch die Teilung der Nettoverschuldung durch den Fiskalertrag und wird in Prozent angegeben. Es gilt: Je tiefer, desto besser. Normalerweise liegt er im positiven Bereich, was einer Verschuldung gleichkommt. Da Teufen über ein Nettovermögen verfügt, resultiert aber eine negative Prozentzahl. Nach der Rechnung 2019 liegt sie bei -71,42 Prozent (2018: -60,87 %). Das Nettovermögen ist folglich weiter gewachsen. Der Selbstfinanzierungsgrad (Selbstfinanzierung / Nettoinvestitionen) liegt mit 229,13 Prozent (2018: 301,04 %) etwas unter demjenigen von 2018.

Bei den Steuereinnahmen wurden 2019 im Vergleich zum Voranschlag insgesamt 2,2 Mio. (oder 6,73 %) Mehreinnahmen verzeichnet. Bei den natürlichen Personen belief sich der Ertrag damit auf etwas über 27 Mio. Franken (2018: 28,7 Mio.). Zwar nahmen die Einkommenssteuern um rund 1,4 Mio. Franken ab, dafür stiegen die Einnahmen bei den Vermögenssteuern um den gleichen Betrag an. Bei den juristischen Personen liegt das Ergebnis mit rund 3,8 Mio. Franken (2018: 2,69 Mio.) rund 0,8 Mio. Franken über dem Voranschlag. Auch bei den Grundstückgewinn-, den Handänderungs- und den Erbschafts-/ und Schenkungssteuern liegt die Rechnung über dem Voranschlag. Der gesamte Fiskalertrag 2019 beläuft sich damit auf 35,7 Mio. Franken (2018: 36 Mio.)

Aber was bedeuten diese Zahlen?


Die TP hat bei Gemeinderat und Leiter Ressort Finanzen, Urs Spielmann, nachgefragt.

Herr Spielmann, unter dem Strich resultiert ein Überschuss von 6,7 Mio. Franken. Mehr als doppelt so viel wie 2018 und massiv über dem Voranschlag. Mindestens das ist doch ein Grund zum Feiern, oder?

Ein Grund zum Feiern ist das gute Ergebnis trotz allem nicht. Dafür sind wir zu besorgt über die aktuell schwierige Lage für viele Unternehmen und Privatpersonen auch in unserer Gemeinde. Zudem muss man beachten, dass Sie mit der Zahl von 6,7 Mio. den Überschuss nach Ergebnisverwendung ansprechen. Dieser ist in diesem Jahr nur darum höher ausgefallen als im Vorjahr, weil wir deutlich weniger Zusatzabschreibungen vorgenommen haben. Zur besseren Vergleichbarkeit würde ich das operative Ergebnis (Stufe 1) heranziehen: Dieses liegt mit CHF 7,4 Mio. Franken leicht unter dem Vorjahresergebnis (7,8 Mio.).

Stimmt, beim Blick auf die Zusammenfassung der Erfolgsrechnung fallen die tieferen Zusatzabschreibungen sofort auf: Trotz des grossen Überschusses betragen sie «nur» 1,1 Mio. Franken. 2018 waren es fast viermal so viel. Warum das?

Der Grund ist einfach: Nach den hohen letztjährigen Zusatzabschreibungen war in diesem Jahr das Potential für weitere derartige Abschreibungen auf maximal 1,1 Mio. Franken beschränkt. Etwas vereinfacht gesagt: Mit den nun vorgenommenen Zusatzabschreibungen haben wir die vorhandenen Anlagen so vorsichtig wie möglich bzw. zulässig bewertet.

Und dann natürlich noch die Pflichtfrage: Warum lag der Voranschlag erneut so massiv daneben?

Diese Frage ist absolut berechtigt. Wir sind denn auch daran, die Budgetierungsprozesse für das kommende Jahr auf weitere Verbesserungsmöglichkeiten zu prüfen. Allerdings ist der Haushalt in unserer Gemeinde von einigen spezifischen Unwägbarkeiten geprägt (z.B. Entwicklung Ortsdurchfahrt, Dorfzentrumsgestaltung und Sondersteuern), die auch in der Zukunft zu nicht prognostizierbaren Budgetabweichungen führen können.

Was sind die Hauptgründe für die Abweichung?

Im vergangenen Jahr haben vor allem drei Effekte zu dem unerwartet hohen Überschuss geführt: Mehreinnahmen bei den stets stark schwankenden Sondersteuern (insbesondere Grundstücksgewinn-, Handänderungs- sowie Erbschafts- und Schenkungssteuern) von rund 2,2 Mio. Franken; Minderaufwendungen beim Sach- und übrigen Aufwand von rund 2,9 Mio. und eine Wertsteigerung von rund 2,6 Mio. bei den Liegenschaften im Finanzvermögen aufgrund der Neuschätzung.

Im November hatten Sie in einem Interview mit der TP zum Voranschlag 2020 gesagt, dass eine erneute Steuerfusssenkung (2018: von 3 auf 2,9 Einheiten / 2019: auf 2,8 Einheiten) nicht zur Diskussion stand. Ändert dieses Ergebnis die Ausgangslage?

Meine Aussage im November rührte daher, dass die Planung für das laufende Jahr schlicht keinen Spielraum für eine weitere Steuerfusssenkung aufzeigte. Wie die Planung für das kommende Jahr aussehen wird, weiss ich momentan noch nicht. Dementsprechend kann ich zur angezeigten künftigen Steuerpolitik noch keine verlässliche Aussage machen. Wir werden aber die Frage nach dem «richtigen künftigen Steuerfuss» im Rahmen der kommenden Budgetplanung wiederum mit aller Sorgfalt und Ernsthaftigkeit prüfen.

Wie prognostiziert, hat der Fiskalertrag im Grossen und Ganzen «stagniert». Im Vergleich zur Rechnung 2018 hat er sogar leicht abgenommen. Ein Grund zur Sorge?

Nun, aufgrund der getätigten Steuersenkungen in den Vorjahren musste damit gerechnet werden bzw. war dies in gewisser Weise auch gewollt. Sorgen machen muss uns der voraussichtlich auch in Zukunft stagnierende oder sinkende Fiskalertrag dann, wenn wir deswegen kein ausgeglichenes Ergebnis mehr erzielen. Noch sind wir davon aber klar entfernt. Allerdings ist uns auch klar, dass sich das aktuell schwierige wirtschaftliche Umfeld mit einer gewissen Verzögerung in sinkenden Steuereinnahmen widerspiegeln wird.

Auffällig dabei: Bei den natürlichen Personen nahmen die Einkommenssteuern ab, die Vermögenssteuern aber zu. Das kann doch längerfristig kein guter Trend sein, oder?

Die Steuereinnahmen der natürlichen Personen entsprachen übrigens genau dem budgetierten Wert. Dass sie aufgrund der vorgenommenen Steuersenkungen nicht weiter zunehmen würden, war klar. Welcher Effekt für die höheren Vermögenssteuern verantwortlich ist, können wir anhand der uns zur Verfügung stehenden Daten nicht genau sagen. Eine Möglichkeit könnte sein, dass etliche Immobilienvermögen aufgrund von Neuschätzungen höher bewertet wurden.

Und was sagt der gesunkenen Selbstfinanzierungsgrad aus?

Der gesunkene Selbstfinanzierungsgrad ist in unserem Fall nicht negativ zu bewerten. Er ist darauf zurückzuführen, dass im vergangenen Jahr mehr geplante Investitionen umgesetzt werden konnten als im Vorjahr.

Eine Pauschalfrage zum Abschluss: Wie steht Teufen finanziell da? Und wie gut sind wir für die Zukunft gerüstet?

Diese Frage lässt sich klar beantworten: Teufen steht finanziell sehr gesund da. Wir sind denn auch für eine – allenfalls schwierige Zukunft – vergleichsweise sehr gut gerüstet.

Corona und die Finanzen


Bei der Budgetierung von 2020 wusste die Gemeinde natürlich noch nichts von der Corona-Epidemie. Wie stark könnten die wirtschaftlichen Folgen dieser Krise die Rechnung 2020 dereinst beeinflussen?

Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Epidemie lassen sich momentan noch nicht beziffern. Klar ist hingegen schon jetzt, dass sie auch für unsere Gemeinde spürbar negativ sein werden.

Was kann die Gemeinde tun, um diese Effekte abzuschwächen?

In erster Linie müssen wir das konsequent weiterführen, was wir schon jetzt täglich umzusetzen versuchen: Nämlich mit den Steuergeldern sparsam und verantwortungsvoll umgehen. Das heisst aber nicht, dass wir beispielsweise geplante Projekte nun verschieben wollen, ganz im Gegenteil. Vielmehr wollen wir diesbezüglich antizyklisch handeln und insbesondere auch gemeindeeigenen Gewerbetrieben die Chance geben, zu Aufträgen zu kommen.  Es kommt uns jetzt zugute, dass wir als Gemeinde ein gewisses Polster für schlechtere Zeiten angelegt haben. Daran erkennt man, wie wichtig eine nachhaltige Finanzpolitik in guten Zeiten ist. tiz

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