Seit 2010 ist Stefan Staub Pfarreileiter der Pfarrei Teufen-Bühler-Stein, und in dieser Zeit hat er wohl ein Dutzend mehr oder weniger prominente Gäste zum „Gespräch an der Kanzel“ eingeladen. Statt einer Predigt unterhält er sich mit ihnen über Gott und die Welt und auch über persönliche Fragen wie zum Beispiel ihren Glauben.
Am kommenden Sonntag ist der TV-Mann Röbi Koller an der Kanzel im Stofel zu Gast, Moderator der Sendung „Happy Day“ von Schweizer Fernsehen SRF. Stefan Staub stellte sich vorgängig den Fragen der Tüüfner Poscht zur Auswahl seiner Gäste und seinen Zielen mit diesem Gottesdienst-Element.
TP: Wie treffen Sie die Auswahl Ihrer Gäste?
Ich suche Menschen aus dem öffentlichen, gesellschaftlichen Leben, die mir ins Auge gestochen sind aufgrund ihrer Äusserungen zu gewissen Themen, wie Glaube, Leben und Spiritualität. Die Personen, welche ich anfrage, müssen einen Bezug zu diesen Themen haben. Im Gespräch werden diese Themen angeschnitten und nicht etwa Hobbys oder Familienstand, etc.
Jetzt ist ein Fernsehpromi bei Ihnen zu Gast: Wie sind Sie auf Röbi Koller gestossen?
Es war ein Youtube-Video über einen jungen Mann, der an einer chronischen Krankheit leidet, die ihm keine Aussichten auf ein langes Leben gewährt. Wie er mit dem Mann gesprochen hat, hat mich berührt. Das war der Auslöser. Also fragte ich ihn per Mail an. Und er hat noch am selben Tag zugesagt….
Was wollen Sie bei diesem Gespräch herauskitzeln – was erfahren wir über Röbi Koller?
Röbi Koller macht eine Sendung, die viele Herzen von Ost bis West berührt. Seine Geschichten, die er vor die Kamera bringt, sind authentisch, quasi aus dem Leben gegriffen. Koller hat ja auch schon Polit-Sendungen wie „Der Club“ moderiert. Wie geht er als Moderator von Happy Day mit dem Gegenteil von „glücklichen Tagen“ um? Mit Unglück? Leid? Abgründen? Wo sieht er Parallelen zu seinem Leben?
Glaube und Religion sind ja etwas ganz Persönliches – rücken die Gäste damit heraus?
Wenn man keine plakativen oder plumpen Fragen stellt – schon. Ich will ja nicht wissen, wie oft er betet oder eine Kirche besucht. Religion und Glaube betreffen das ganze Leben, also wie wir denken, handeln, fühlen. Unsere Einstellungen und Strategien. Wenn ich mit jemand darüber spreche, gibt mein Gegenüber einiges preis über seinen Umgang mit Gott, Glaube, Vertrauen, Hoffnung….
Happy Day – Wie stehen Sie selber zum Begriff Glück? Gilt immer noch der Spruch: Du bist deines eigenen Glückes Schmied – oder ist Glück ein Geschenk?
Das Sprichwort gilt für mich immer noch. Zumindest kann ich mein Glücksgefühl nicht von anderen Menschen abhängig machen. Das Glück beginnt in mir, in meinem Herzen. Nur das schon ist eine religiöse Aussage, ich weiss…. Umgekehrt bin ich felsenfest überzeugt, dass ein Mensch, der offen ist für das Göttliche in der Welt, der glauben kann, dass nicht alles von ihm selbst abhängt, um ein Mehrfaches glücklicher empfindet, als ein Mensch, der alles von seinen eigenen Leistungen abhängig machen muss.
Es ist wie im Leben: Keiner kann sich selbst aus dem Sumpf herausziehen. Nur schon das Wissen, ich hab etwas, das mir Kraft gibt oder hilft, lässt mich gelassener sein. Und das ist mein Glück. Glück ist aber auch Geschenk. Es ist ein unverdientes Riesengeschenk, dass ich hier leben darf, wo die Welt noch einigermaßen geordnet abläuft und ich auf Strukturen vertrauen darf.
Beim Fernsehen starrt man ja auf die Einschaltquote – je nachdem werden Sendungen neu ins Programm aufgenommen oder bei Misserfolgen abgesetzt. Wie haben Sie es mit der „Einschaltquote“ beim Kirchenbesuch?
Wer als Seelsorger sagt, es sei ihm egal, wie viele oder wie wenige Leute den Weg zur Kirche finden, macht sich selbst etwas vor. Kirche lebt davon, dass sie Menschen anspricht. Es gibt eine Kerngemeinde und eine weitere Gemeinde, die eher an der Peripherie der Kirche zu finden ist. Diese periphere Gemeinde möchte ich ansprechen und ihnen „sagen“, dass unser christlicher Glaube etwas vom Besten ist, das unser Leben bereichern kann. Die Kerngemeinde trägt das Ganze. Sie ist mir ebenso am Herzen. Ohne sie wäre ich oft alleine in der Kirche (grins). Zum Glück tragen viele der Kerngemeinde mein Anliegen mit. Ich mute ihnen ja auch einiges zu.
Was sollen die Besucher nach Hause nehmen?
Dass uns bewusst wird, dass unser Leben ein Geschenk ist und wir nicht der Nabel der Welt sind. Wenn es mir gelingt, einigen zu vermitteln, dass unser Leben kein Zufall ist, sondern gewollt und wir bei „dem da oben“– ich nenne es Gott – geborgen sind, egal, wie erfolgreich unser Leben verläuft oder nicht, dann – so finde ich – glaube ich, dass ich was Sinnvolles getan habe….
Was waren die Highlights bei den bisherigen Gesprächen an der Kanzel, was ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben, welche Begegnung war am eindrücklichsten?
Jedes Gespräch war anders und bei allen ist mir etwas geblieben. Ob Simon Enzler mit seiner Satire und dem entlarvenden Humor, der Sufi Mumum Baba, der mich als Islamgeistlicher Bruder und Freund nennt, oder Benedikt Weibel, der ehemalige SBB CEO, der uns gesagt hat, dass das Gebet zu seinem Leben gehört – das sind glaubwürdige Zeugen, dass ein offener Glaube und eine Religion, welche die Menschen liebt und nicht nur maßregelt, eine Stütze ist für eine Gesellschaft, damit sie sich nicht komplett verliert .
Auf was freuen Sie sich besonders an diesem Sonntag?
Auf den Menschen Röbi Koller und nicht auf den „Röbi National“.
Interview: Erich Gmünder