Hanspeter Spörri und Margrit Bürer sind Mitglied der Konzeptgruppe und haben die Kulturlandsgemeinde mitorganisiert. Foto: tiz
Timo Züst
«Macht.Gemein.Sinn.» Unter diesem Motto findet heuer zum fünfzehnten Mal die Kulturlandsgemeinde statt. Und zwar in Teufen. Am ersten Maiwochenende verwandeln sich Zeughaus, Lindensaal und Parkplatz in ein Kulturfestival.
So ein Festival auf die Beine zu stellen, ist keine einfache Aufgabe. Besonders dann, wenn es sich wie die Kulturlandsgemeinde jedes Jahr neu erfindet. Seit 2005 gastiert dieses Kulturfestival jeweils am ersten Mai-Wochenende in einer Ausserrhoder Gemeinde. Getragen wird der Anlass von der Genossenschaft Kulturlandsgemeinde, dem Amt für Kultur und Beiträgen mehrere Stiftungen. Auch die Gemeinde Teufen hat sich heuer finanziell beteiligt. Das Besondere an der Kulturlandsgemeinde: Jedes Jahr steht der Anlass unter einem neuen Hauptthema. Das wird dann aus gesellschaftlicher, künstlerischer, ökonomischer und ökologischer Sicht beleuchtet. Mit anderen Worten: Eine Mammutaufgabe für die Organisatoren. Für die Ausgabe 2019 hatte das Organisationskomitee (Konzeptgruppe) immerhin Hilfe bei der Themensuche. «Die Gemeinnützige Gesellschaft St. Gallen kam wegen ihres 200-jährigen Jubiläums auf uns zu», erzählt Margrit Bürer. Sie ist Geschäftsleiterin der Genossenschaft Kulturlandsgemeinde und Mitglied der Konzeptgruppe. Der Input kam in der Gruppe gut an. Auch weil die Appenzellische Gemeinnützige Gesellschaft ursprünglich zur st. gallsichen gehörte und deshalb faktisch auch bereits 200 Jahre alt ist. Aus der Grundidee wurde dann der Titel «Macht.Gemein.Sinn» geschmiedet. Nun ging es an die Suche des Veranstaltungsorts.
Ein Teufner Thema
«Wir entscheiden uns immer erst für eine Gemeinde, wenn wir das Thema festgelegt haben», so Bürer. Dass die Wahl auf Teufen fiel, ist schon fast ein kleiner Wink mit dem Zaunpfahl. Besonders gut versteht ihn der Teufner Hanspeter Spörri. Er ist ebenfalls Mitglied der Konzeptgruppe und beschreibt die Teufner Gemeinschaft so, wie sie viele wahrnehmen. «Es gibt zwei Teufen. Die einen fahren morgens aus der Tiefgarage und verschwinden abends wieder darin. Von ihnen nimmt man kaum Notiz. Dann gibt es aber auch das andere Teufen, das unglaublich engagiert ist. Beispielsweise in Vereinen oder der Kultur.» Aufgrund dieser speziellen Korrelation und des passenden Überthemas sei heuer der richtige Zeitpunkt für den ersten Stopp in Teufen. Die Gesprächsrunden, Werkstätten und Kunstinterventionen werden im Zeughaus und dem Lindensaal stattfinden – im Zelt auf dem Parkplatz befindet sich das Restaurant. «Das ist ein Festival. Es laufen also oft mehrere Sachen gleichzeitig. Alles kann man schlicht nicht sehen», erklärt Hanspeter Spörri.
Spannungsfelder ausloten
Ziel der Kulturlandsgemeinde ist eine inhaltlich tiefe und breit abgestützte Auseinandersetzung mit den Spannungsfeldern innerhalb des Hauptthemas. Ein Beispiel von Hanspeter Spörri: «Kann Gemeinsinn ohne Individualismus überhaupt existieren?» Solche Fragen ermittelt die Konzeptgruppe in ihren Diskussionen. Erst wenn sie sich auf die relevantesten Spannungsfelder geeinigt haben, werden passende Referentinnen und Referenten gesucht. So entsteht jeweils ein buntes, spannendes und fachkundiges Ensemble. Heuer finden sich auf der langen Liste beispielsweise ein prominenter Choreograph, mehrere Schauspieler und Künstler, Wikipedia-Autoren, ein junger Klimaaktivist, Digital-Spezialisten und Unternehmer (siehe unten). Aber auch die Harmoniemusik Teufen ist mit von der Partie: «Dieser Verein trägt stark zur kulturellen Vielfalt des Dorfes bei. Das hat perfekt gepasst», sagt Margrit Bürer. Neben den Gesprächsrunden schaffen Werkstätten und Kunstinterventionen Raum für Experimente, Erfahrungen und den Austausch. Zum Beispiel Manuel Hörlers Bienenworkshop. Die Mitwirkenden können Nisthilfen für Wildbienen für den eigenen Garten oder Balkon mitnehmen. Hörler erhofft sich später Rückmeldungen über die Belegung der unterschiedlich grossen Löcher. Diese kann Auskunft geben über die Verbreitung einzelner Wildbienen-Arten in der Region. «Citizen Science» nennt Hörler das Experiment.
What’s on?
«Puh, das ist nicht einfach bei einem solchen Festival», antwortet Hanspeter Spörri auf die Frage nach seinem liebsten Programmpunkt. Er findet dann aber doch noch einen besonderen Aspekt: «Ich geniesse es, dass in diesem Rahmen Menschen ins Gespräch kommen, die sonst eher nicht aufeinandertreffen würden.» Auch Spörri wird eine der Diskussionsplattformen leiten. Auf zwei Elemente der Kulturlandsgemeinde freut sich Margrit Bürer besonders: die Late Night Show am Samstag und das Sonntagsgespräch mit dem international gefeierten Ballett-Choreographen Martin Schläpfer. Aber das sind nur zwei Puzzleteile des vielseitigen Kulturfestivals, das in den vergangenen Jahren jeweils 600 bis 800 Besuchende angezogen hat. Und die Organisatoren sind überzeugt: Für jeden ist etwas dabei.
Hinweis: Für die Kulturlandsgemeinde gilt generell freier Eintritt – mit Ausnahme des Samstagabends. Weitere Infos unter www.kulturlandsgemeinde.ch