Am 7. Mai 2014 findet der zweite Workshop zum Thema «Ortsdurchfahrt/ Dorfgestaltung Teufen» statt. Dabei soll das erarbeitete Zukunftsbild für die Gemeinde Teufen vorgestellt und diskutiert werden. Im Vorfeld des Workshops sprach Hanspeter Spörri*, selbst Mitglied der Arbeitsgruppe «Gestaltung & Verkehr», mit der Verkehrsplanerin Fabienne Perret über die Herausforderungen eines solchen Projekts. Der Kanton Appenzell Ausserrhoden und die Appenzeller Bahnen zeigen aus ihrer Perspektive auf, warum Bauen im Strassen- und Gleisbereich anspruchsvoll ist.
Hanspeter Spörri: Bei einem Projekt wie der neuen Bahnführung durch Teufen sind unterschiedliche und teilweise gegensätzliche Interessen tangiert – da ist es wohl nur natürlich, dass es zu Konflikten kommt?
Fabienne Perret: Die Bedürfnisse von Anwohnerinnen und Anwohnern, von Verkehrsteilnehmenden, Gewerbetreibenden, Schulkindern oder Senioren sind unterschiedlich und teilweise gegenläufig. Auf der einen Seite gibt es übergeordnete Interessen, wie z.B. die schnelle Verbindung zwischen St.Gallen und Appenzell, und auf der anderen Seite Gemeindeinteressen, wie z.B. die mit dem Projekt verbundene Dorfgestaltung. Einig ist man allerdings im Wunsch nach Sicherheit.
Teilweise kennt man die Bedürfnisse und Interessen der anderen kaum – oder gewichtet sie zu wenig.
Im Prozess, der nun begonnen hat, sollen Interessen transparent, Zielkonflikte sichtbar gemacht werden. Schon unter Nachbarn variiert die Sichtweise. Aus der Warte von Bahn, Kanton oder Bund sieht nochmals alles anders aus. Zunächst geht es um eine Auslegeordnung. Und danach erst um die Frage: Was nun? Dabei haben alle Interessen und Bedürfnisse ihre Berechtigung. Es geht nicht darum, sie gegeneinander auszuspielen, sondern darum, nach Möglichkeit einen Ausgleich zu finden – oder allenfalls abzuwägen, welche Bedürfnisse mehr im öffentlichen Interesse sind.
Es droht die Gefahr, dass man sich in der Komplexität verliert und immer wieder die gleichen Themen erörtert.
Auf Grund der Vorgeschichte stehen einzelne Fragen nicht mehr zur Diskussion, weil sie früher oder anderswo entschieden wurden. Es muss trotzdem gelingen, ergebnisoffen zu diskutieren und alle Sichtweisen zu integrieren, aber zugleich mit Hilfe von Fachleuten aufzuzeigen, was finanziell, technisch oder politisch machbar ist – und was nicht. Wir dürfen keine falschen Erwartungen wecken.
Besteht angesichts der Komplexität aber nicht die Gefahr, dass etwas Wesentliches vergessen, dass eine wichtige Stimme überhört wird?
Es ist unmöglich, mit allen Anwohnerinnen und Anwohnern und sämtlichen Interessierten zu sprechen. Einbezogen sind deshalb die Interessensorganisationen, welche die Bedürfnisse bündeln. Beispielsweise das Seniorennetzwerk Seniorissimo, der Elternrat oder das Gewerbe. Es ist das Ziel, alle derartigen Gruppierungen dabei zu haben.
Aus Erfahrung weiss ich, dass in solchen Debatten reden einfacher ist als zuhören.
Beim ersten Workshop kam es jedenfalls mehrfach zu Aha-Erlebnissen. Das ist der Vorteil eines Prozesses, wie er nun aufgegleist wurde: Er konfrontiert einen mit Standpunkten, die man zu wenig kannte, mit Fakten, die einem nicht bewusst waren. Und das spielt nicht nur zwischen Direktbetroffenen, sondern auch zwischen Gemeinde und Kanton und zwischen Kanton und Bund. Dieser redet ja immer mit, wenn es um Bahnlösungen geht.
Es lässt sich aber wohl nicht verhindern, dass am Ende eine Lösung steht, die nicht allen gefällt.
Manchmal können mit kleinen Veränderungen grosse Verbesserungen erzielt werden. Und manchmal erkennt man die Vorteile einer Neuerung erst mit der Zeit. Persönlich habe ich diese Erfahrung am Limmatquai in Zürich gemacht. Dort machte sich beispielsweise das Gewerbe zunächst stark gegen die Sperrung für den Autoverkehr. Nun will niemand mehr darauf verzichten.
Am Ende steht ein demokratischer Entscheid, der alles wieder über den Haufen werfen kann.
Die Bevölkerung hat das letzte Wort. Das ist ein grosser Vorteil, weil dann ein Entscheid vorliegt, der zu akzeptieren ist. Für die Fachleute besteht die Herausforderung darin, alle technischen Unterlagen so aufzubereiten, dass auch Laien sie verstehen, dass die Vor- und Nachteile der einzelnen Varianten sichtbar werden – ein anspruchsvolles, aber sehr spannendes Unterfangen!
*Der Teufner Publizist Hanspeter Spörri betreut die Kommunikation im Auftrag der Gemeinde.
Vier Teilprojekte gleichzeitig umsetzen
Der Kanton möchte gleichzeitig mit der Gestaltung der Ortsdurchfahrt vier Teilprojekte realisieren. Es sind dies die Gesamterneuerung der Strasse ab Stofel bis Bahnhof, die Schliessung der Trottoirlücke Spörri – UBS, die Sanierung der Hangbrücke Dorf zwischen Sanitär Fässler und Elektro Nef und die Sanierung der Bahnhofkreuzung. Das allein stellt schon eine grosse Herausforderung dar.
Dazu kommen die Koordination mit den Werkleitungsarbeiten, die Verkehrsführung während der Bauetappen und die Sicherstellung des Lichtraumprofiles für die Bahn.
Als wesentliche Erfolgsfaktoren sind daher zu nennen: eine angepasste und schlagkräftige Projektorganisation, tägliche Flexibilität, der adäquate Einbezug der Betroffenen und eine gute Kommunikation.
Ebenso wichtig wird jedoch die Solidarität der Bevölkerung mit den betroffenen Läden sein. Nur wenn die Kunden während der Bauphase fehlende Parkplätze und längere Fusswege akzeptieren, wird das Gewerbe das Vorhaben mittragen können.
Bauen im Strassen- und Gleisbereich ist anspruchsvoll
Die Appenzeller Bahnen (AB) legen Wert darauf, dass es zu möglichst geringen Einschränkungen des Betriebs und entsprechenden Bahnersatzleistungen kommt. Das bedingt spezielle Bauverfahren, oft in Etappen, und eine äusserst sorgfältige und mit allen Beteiligten abgestimmte Planung.
Jede Baustelle führt zu Einschränkungen im Fahrplan. Wird auf der Linie St.Gallen – Trogen oder St.Gallen – Gais – Appenzell gebaut, ist der Anschluss in St.Gallen an die SBB trotz diesen Einschränkungen zu gewährleisten. Das bedingt das Einplanen von Zeitreserven, ohne die Qualität für die Kundinnen und Kunden zu verringern. Deshalb gestaltet sich die langfristige Fahrplanplanung auch sehr anspruchsvoll.
Eine besondere Herausforderung von Bauvorhaben im Strassenbahnbereich ist das Zusammenspiel von Werkleitungen, Kabeln, Schienen und deren Befestigung, dem Bahnbetrieb und den andern Verkehrsteilnehmern. Die AB haben vor kurzem Weichen beschafft, die es ermöglichen, die Strasse flexibel und bedarfsgerecht zu überklettern, ohne dass ein Gleis verlegt werden muss. Dies ist dann notwendig, wenn ein Gleis gesperrt werden muss und nur noch eine Spur zur Verfügung steht. Damit können die Passagiere nahezu jederzeit mit der Bahn statt einem Ersatzbus fahren – und die Baustelle kann dem Baufortschritt entsprechend verschoben werden.