Noch ein Supermarkt für Teufen?

30.04.2024 | Timo Züst

Zwei Gewerbeparzellen an «bester Lage»: 1842 und 1843. Das bedeutet in diesem Fall: Sehr gute Verkehrsanbindung an die Umfahrungsstrasse, Nähe zu Stadt und Dorfzentrum bzw. Bahnhof Teufen. Aber die etwas über 6200 Quadratmeter bringen auch einige Herausforderungen mit sich: steiles Gelände, Emissionen von der Umfahrungsstrasse, eine wichtige Fussgängerverbindung, gute Einsehbarkeit vom Dorf – und eine Quartierplanpflicht.

So könnte die Entwicklung der beiden Gewerbeparzellen aussehen. Im vorderen Gebäude sollen eine Tankstelle mit Shop und Büros und im hinteren die Parkplätze, ein Detailhändler und weitere Büro untergebracht werden. Visualisierung: Akkurat AG

«Die Realisierung von Grossformen im Appenzellerland ist nie einfach.» Jürg Keel, Geschäftsführer von «Akkurat», hat Erfahrung mit solchen Projekten. Er war unter anderem am Neubau der Berit Klinik in Speicher und am Rothenbüelpark («Migros») in Teufen beteiligt. «Wir wissen, dass wir es nicht allen recht machen können.» Der Architekt steht dem Publikum an diesem Info-Abend ohne Bauherr Rede und Antwort. Der Sprecher der Investoren, Rolando Zanotelli, lässt sich von Gemeindepräsident Reto Altherr entschuldigen. Dieser verliest eine entsprechende Notiz: «Leider zwingt mich mein berufliches Umfeld nach Übersee. Gerne wäre ich an diesem für mich so wichtigen Abend vor Ort gewesen, um das in enger Zusammenarbeit mit der Gemeinde erarbeitete Projekt vorzustellen.»

Diese Zusammenarbeit ist für die Entwicklung der Parzellen 1842 und 1843 Pflicht. Denn sie liegen nicht nur in der Gewerbezone 1. Sie sind auch mit einer Quartierplanpflicht belegt. «In der Vergangenheit wurde mehrmals versucht, diese Parzellen mindestens teilweise der Wohnzone zuzuordnen. Der Kanton verhinderte das aufgrund der Nähe zur Umfahrung und der entsprechenden Lärmbelastung aber», erklärt Manuel Rey von der EER Raumplaner AG. Er vertritt die Interessen der Gemeinde Teufen. «Da Wohnzone nicht möglich war, man aber auch nicht auf die Bauzone verzichten wollte, belegte man das Gebiet vorausschauend mit einer Quartierplanpflicht.» Das bedeutet: Wer hier bauen will, muss einen Sondernutzungsplan (SNP / Überbauungsplan) erarbeiten. Erst, wenn dieser in Kraft ist, kann ein entsprechendes Baugesuch innerhalb des vorgegebenen Rahmens eingereicht werden. Um diesen SNP ging es am Montagabend im Lindensaal – und den Start des Mitwirkungsverfahrens (hier erfahren Sie mehr). Es läuft noch bis zum 29. Mai.

Tankstelle, Detailhändler, Büros

Ein Überbauungsplan besteht aus zwei Hauptelementen: den Sonderbauvorschriften und dem eigentlichen Plan. «Die Vorschriften sind eine Art ‘Mini-Baureglement’. Darin wird geregelt, was, wie gebaut werden darf», erklärt Manuel Rey. Auch der Plan gibt der Bauherrschaft gewisse Vorgaben. «Diese Pfeile stehen beispielsweise für die Gibelbaupflicht. Und sie geben an, wie diese verlaufen müssen.» Auch zu erkennen auf dem Plan: drei grosse Bäume, einiges an Grünfläche (Magerwiese) und rund 400 Quadratmeter Wildhecke. «Bei einem Sondernutzungsplan stellen Gemeinde und Kanton nicht nur Anforderungen an Grösse und Nutzung, sondern auch an die bauliche bzw. architektonische Qualität.» Das Projekt sei deshalb in Zusammenarbeit mit dem FAOT (Fachgremium Architektur- und Ortsbildberatung) erstellt worden. Und auch der Kanton hat den Überbauungsplan bei der Vorprüfung gutgeheissen.

«Generell kann man sagen, dass wir einiges geplant haben, das nicht per se dem Investor, sondern der Gemeinde als Ganzes dient», sagt Architekt Jürg Keel. Dazu gehören der öffentliche und behindertengerechte Fussweg mit Lift, der grundbuchrechtlich gesichert wird; die für einen Gewerbebau eher aufwändige bzw. teure Fassaden- und Dachgestaltung – aber auch die Gebäude an sich. Denn: «Diese Firsthöhe wäre auch in Regelbauweise erlaubt. Und wir haben das Volumen bewusst nicht ganz ausgeschöpft. Im Hinblick auf die gute Sichtbarkeit vom Dorf aus.»

Die eigentliche Krux war aber die Erschliessung. «Damit haben wir deshalb begonnen und das restliche Projekt anschliessend darum herum geplant.» Das Resultat: LKWs und PKWs werden über einen grossen «Loop» durch Parzelle und Tiefgarage zurück auf die Haslenstrasse geführt – ohne Wenden zu müssen. Davon versprechen sich die Planer einen guten Verkehrsfluss und wenig Rückstau auf, im und vor dem Kreisel. «Ein entsprechendes Verkehrsgutachten hat bestätigt, dass die bestehende Infrastruktur den Mehrverkehr schlucken kann», sagt Raumplaner Manuel Rey. Dieses Gutachten geht von der Realisierung einer Tankstelle mit Shop (im vorderen Bereich neben der Halsenstrasse / kleineres Gebäude), einem Detailhändler (im 1. OG des grösseren Gebäudes) und Büroräumlichkeiten aus (im 2. OG und oberhalb der Tankstelle). Anlieferung und Parkierung sollen hauptsächlich unterirdisch bzw. im abfälligen Gelände in Richtung Umfahrung stattfinden. Angedacht sind 75 Parkplätze im UG und 50 im Erdgeschoss – dazu kommen 60 bis 80 gedeckte Velo-Abstellplätze.

Welcher Detailhändler dereinst hier einziehen wird, ist übrigens noch nicht fix. «Die Bauherrschaft befindet sich in Verhandlungen mit Grossverteilern», sagt Jürg Keel.

Kritische Stimmen: Verkehr und Lärm

Die Besucherkapazitäten des Lindensaals werden an diesem Abend bei weitem nicht ausgeschöpft. Trotzdem entwickelt sich nach den Präsentationen eine rege Diskussion. Besonders der mögliche Mehrverkehr, Lärmemissionen und die architektonische Gestaltung werden thematisiert. Einer der Zuhörenden will zudem wissen, warum das Gebäude nicht näher an der Strasse gebaut werden könne. Dazu Raumplaner Manuel Rey: «Entlang der Umfahrungsstrasse gibt es eine Sonderbaulinie. Sie dient der Sicherstellung des Strassenraums. Innerhalb dieser Linie darf nichts gebaut werden – das ist Vorschrift. Wir haben mit dem Kanton aber einen Kompromiss für die Erschliessung gefunden. Die Linie wurde leicht angepasst.» Während der Fragerunde wird auch deutlich, dass die Verkehrs- und Lärmemissionsgutachten nicht alle Anwesenden überzeugen. Dazu Gemeindepräsident Reto Altherr: «Das sind Fachleute, die in diesem Bereich ausgebildet wurden. Wir können nicht mehr tun, als diese Experten zu beauftragen.» Aber, so der Architekt Jürg Keel, insbesondere das Thema Lärmemissionen werde im späteren Baugesuchs- bzw. Planungsverfahren sicher noch einmal genau unter die Lupe genommen.

Hinweis: In einer früheren Version dieses Artikels war vom Aldi als möglicher Grossverteiler die Rede – diese Information war falsch kommuniziert worden. Der Aldi ist derzeit nicht an diesem Projekt interessiert.

Langer Weg zum Baubeginn

Die Mitwirkung zum Überbauungsplan Haslenkreisel dauert vom 30. April bis zum 29. Mai. Die Unterlagen können während dieser Zeit physisch bei der Gemeinde oder auf www.mitwirken-teufen.ch eingesehen werden. Nach Ablauf dieser Frist und allfälliger Bereinigung findet das offizielle Auflageverfahren statt (30 Tage). Gehen Einsprachen ein, wird sich der Gemeinderat mit ihnen befassen. Darauf folgt der Erlass durch den Gemeinderat (untersteht dem fakultativen Referendum). Erst dann kann der Überbauungsplan vom Kanton genehmigt und schliesslich vom Gemeinderat in Kraft gesetzt werden.

Nächste Schritte sind dann ein Baugesuch auf Basis des Überbauungsplans. Sobald die Baubewilligung vorliegt, können die Bagger anrücken. Architekt Jürg Keel geht von einer zweijährigen Bauphase aus.

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