Der Wahnsinn der Welt – wie könnte es anders sein – beginnt in Innerrhoden. «Das sind natürlich Innerrhoder Sterne. Ich weiss doch nicht, ob sie in Amerika auch Sterne haben. Und schon gar nicht, ob es andere als die Innerrhoder Sterne sind. Da war ich noch nie. Aber ich war mein ganzes Leben hier. Und ab und zu in Ausserrhoden. Und ich weiss: Da haben sie auch die Innerrhoder Sterne», poltert Richi Küttel mit passendem Akzent. Sein Dialog-Partner Ralph Weibel kann nur noch den Kopf schütteln. Und das Publikum laut lachen. Das Spoken-Words-Duo eröffnet mit ihrem ersten gemeinsamen Auftritt in Teufen das Kultur-Jahr des «baradies». Wie für die zwei üblich starten sie nicht mit einer 0815-Begrüssung – auch wenn ihr Programm ziemlich pünktlich beginnt –, sondern gleich mit einer ersten Nummer: Einer freundschaftlichen Streitdiskussion über die Besitzverhältnisse der Sterne am Innerrhoder Himmel. Ralph Weibel ereilt dabei rasch dieselbe Erkenntnis, die wohl einige der Anwesenden seit einer vergleichbaren Diskussion mit den Kantonsnachbarn teilen: Hier nützen Argumente nichts. Am besten einfach lächeln, den Kopf schütteln und schlagfertig bleiben: «Stimmt. Am besten geniessen wir die schönen Sterne einfach. Wenn die Innerrhoder uns schonmal etwas gratis geben.»
Nackte Gruppentherapie
«Einfach genial. Ich kann nur staunen.» Andreas Kuster kommt während der Pause ins Schwärmen. 15 Minuten dauert die. Genug Zeit zum Durchatmen, Zigarettenrauch einatmen oder ein Getränk bestellen. Kuschi ist grad mit Letzterem beschäftigt. Seit kurzem ist er im «baradies» nur noch Gast. Vergangenes Jahr trat die Kultrugruppe des Vereins geschlossen zurück, um den Platz freizumachen für einen Neuanfang. Diesen repräsentiert an diesem Abend Christoph Bischof, der die «Schlammpoeten besser gesagt Slam Poeten» kurz aber herzlich begrüsst hatte. Derzeit zeichnen er und Jochen Töpfer für das kulturelle Programm des «baradies» verantwortlich. Einen ersten Erfolg können die beiden im neuen Jahr bereits verbuchen. Die kleine Bar ist an diesem Abend bis auf den letzten Winkel voll und die Stimmung straft den Mythos des Januarlochs Lügen.
Die Texte von Richi Küttel und Ralph Weibel treffen den Humor der Anwesenden. Hier darf es auch gerne mal etwas Nacktheit und Gewalt sein. Wie in der Geschichte einer Stammtisch-Gruppe, die das «Drei Eidgenossen» für ein Wochenende zum Jahresstart mit einem Tipi und einem Mentaltrainer tauscht. Das Ergebnis ist katastrophal. Während der emotionalen und physischen «Entblössung» in der Schwitz-Hütte entlädt sich die angestaute Spannung in Form eines Handgemenges. Der Auslöser: die rasierte Scham einer der Herren. Diese «pädophil motivierte» Scheusslichkeit bringt die Gemüter zum Überkochen. Und später auch die heissen Steine der «Wald-und-Wiesen-Sauna», was zu einem Tipi-Brand führt. Fazit des Experiments: Fünf nackte Männer werden nach dem Zusammentreffen mit einer regionalen Blauring-Gruppe von der Polizei abgeführt. Immerhin, so Richi Küttel: «Schlimmer kann das Jahr kaum noch werden.»
Abwechslungsreiches Halbjahr
Dieser Abend war der Startschuss ins neue baradies-Jahr und der erste Programmpunkt auf dem neuen Halbjahrprogramm der Kulturbar. Es ist vielfältig und hat nebst Musik (14. Februar: True Colors / 7. März: Christine Lauterburg / 21. März: Trio Anderscht / 9. Mai: Lisa Berg und Partner / 6. Juni: The Lutzbrothers) auch noch zwei Lesungen bzw. Spoken-Words Anlässe zu bieten: 4. April: Karin die Geschichtenerzählerin / 20. Juni: Slam-Poetin Miriam Schöb.
