Bildbericht / Video Erich Gmünder
Nach 129 Jahren ist Schluss: Am Ostermontag fahren die Züge der Appenzeller Bahnen letztmals über die Ruckhalde, tags darauf wird der Bahnbetrieb zwischen St. Gallen und Teufen für ein halbes Jahr eingestellt. Jemand, der seit 28 Jahren diese Strecke tausende Male befahren hat, ist Thomas Wirth. Bei ihm im Lokführerstand haben wir eine der letzten Fahrten mitgemacht.
Thomas Wirth entschied sich mit 22 Jahren für den Beruf des Lokführers und war damals der jüngste Lokführer der Appenzeller Bahnen. Mittlerweile ist der gebürtige Rorschacher, der heute in Gais lebt, bereits seit 28 Jahren auf dieser Strecke unterwegs und wird seit einigen Jahren auch als Fahrlehrer für die Ausbildung des Nachwuchses eingesetzt.
Die Ruckhalde runter und rauf – GALERIE
Am Ostermontag absolviert er einen seiner letzten Einsätze, mit dem alten Rollmaterial, das in die Jahre gekommen und durch die komfortablen neuen Tango-Züge ersetzt wird. Der Abschied fällt ihm nicht schwer. „Das ist wie bei einem Fahrzeugkauf, man freut sich aufs neue Auto und trauert nicht dem alten hinterher.“ Und so freut er sich auch auf seinen neuen Arbeitsplatz.
Denn die modernen Züge bieten nicht nur für die Passagiere mehr Komfort, sondern auch für die Lokführer. Neben vielen Vorteilen wie bessere Sicht und zahlreiche elektronische Helfer, die der Sicherheit dienen, sind das auch die bequemen, luftgefederten Sitze. „Wenn man so viele Stunden sitzend verbringt, ist das ein wichtiger Teil der Gesundheit.“ Zum Wohlbefinden trägt neu auch die Klimaanlage bei: „Hier in der Kabine herrschten jeweils im Hochsommer Temperaturen bis zu 50 Grad, da half auch das Öffnen der Fenster nicht.“
VIDEO: Die Ruckhalde runter
Mit der Schliessung der Ruckhalde und der halbjährigen Totalsperre zwischen Teufen und St. Gallen geht den Lokführern die Arbeit nicht aus. In den nächsten Monaten werden schrittweise die neuen Tango-Züge getestet, zuerst auf der Strecke St. Gallen-Trogen, nach dem Endausbau auch im Ruckhaldetunnel sowie zwischen St. Gallen und Teufen. Dabei werden gleichzeitig alle Lokführer auf dem neuen Rollmaterial geschult. Neu ist für sie nicht nur das Fahrzeug, neu ist auch ein Teil des Einsatzgebietes. Die neuen Züge fahren durchgehend zwischen Appenzell und Trogen, bisher wurden die Lokführer praktisch ausschliesslich auf ihrer Hausstrecke, St. Gallen-Trogen oder St. Gallen-Appenzell, eingesetzt. Als Fahrlehrer wartet damit zusätzlich eine spannende Aufgabe auf ihn.
VIDEO: Die Ruckhalde rauf
Aller Vorfreude zum Trotz – und auch wenn der Abschied von der Ruckhaldenstrecke bei ihm nicht mit Wehmut verbinden ist: „Was die Pioniere der Eisenbahn vor 129 Jahren hier realisiert haben, verdient meinen grössten Respekt“, sagt Thomas Wirth.