Die Reformation in Teufen und im Lande Appenzell

03.11.2017 | TPoscht online
5 Text Zwingli
Das einzige Bild der ersten Kirche von Teufen. Gezeichnet wurde es von J. A. Feichtmeyer 1763. Es stellt den Glockenzug von Horn nach Teufen unter der «Direktion» von Meister Johannes Grubenmann dar. Feichtmeyer hatte damals als Bildhauer an der Kathedrale in St.Gallen gearbeitet. Im Besitz des Grubenmann Museums.
Rosmarie Nüesch-Gautschi Erst an der dritten Landsgemeinde im Jahre 1524 konnten die Appenzeller für ihre konfessionellen Meinungsverschiedenheiten eine Lösung finden. Doch im Lauf des 16. Jahrhunderts verschärften sich die Gegensätze, besonders durch das gegenreformatorische Wirken der 1587 in Appenzell niedergelassenen Kapuziner. Nach der konfessionellen kam es 1597 zur territorialen Trennung in Katholisch- Innerrhoden und Reformiert-Ausserrhoden. Die Zeit vor der Reformation 1517 beklagte Bischof Hugo die Unsittlichkeit der Priester, die mit Dirnen zusammenlebten oder in Wirtschaften mit Würfeln und Karten spielten und sich betranken. Seine Weisungen wurden aber wenig beachtet, und Rom selbst sandte ein Heer von Ablasskrämern, um an Jahrmärkten den Erlass der Sünden gegen Geld anzubieten. Durch den über hundert Jahre langen Kampf gegen das Kloster und die weltlichen Anmassungen der Äbte war das Volk kritisch gegen die Kirche eingestellt. Auch zwischen den volksverbundenen Priestern und dem Abt gab es Differenzen. Dazwischen befand sich die Obrigkeit, welche die teilweise zügellose Geistlichkeit oft scharf ermahnen musste. Wegen der häufigen Erbschleicherei vieler Geistlicher wurde verordnet, dass ein Zeuge zugegen sein müsse, wenn ein Landmann auf dem Totenbett sein Vermögen der Kirche vermachen wolle. Nicht nur die Zustände der Kirche ebneten den Weg für die Reformation in unserem Land, auch die Korruption beim Reisläuferwesen leitete politische Unruhen ein. Hohe Behördenmitglieder liessen sich bestechen. Im Februar 1521 willigten die Appenzeller ein, dem Papst 200 Mann zu stellen, und schon an der Landsgemeinde wurde beschlossen, nur noch für Frankreich Fremdendienste zu leisten. Die nun folgenden Rivalitäten zwischen den päpstlich und den französisch Gesinnten haben sicher beigetragen, den Abfall von Rom zu erleichtern, denn gerade in dieser Zeit fing man an, vom Lutherhandel zu reden.
Im Pfarrhaus Hörli wurde zum Andenken an den Teufner Reformator eine Schurtanner- Stube eingerichtet. Foto: Hans Bosshard.
Die Vorkämpfer der Reformation Das Auftreten Luthers und Zwinglis rief grosse Umwälzungen hervor. Ulrich Zwingli aus Wildhaus begann seine Tätigkeit 1519 als Leutpriester am Zürcher Grossmünster. Er stellte die Predigt in den Mittelpunkt seines Gottesdienstes. Für Zwingli war die Bibel der Kern des Glaubens. Geichzeitig erreichte das Papsttum in Rom unter Papst Alexander VI. seinen sittlichen Tiefpunkt. Die Kirchenspaltung konnten aber auch die folgenden Reformpäpste nicht mehr rückgängig machen. In Teufen führte schon der dritte Leutpriester, Jakob Schurtanner, die neue Lehre ein. Er war am 14. Mai 1507 vom Abt als Pfarrer für Teufen eingesetzt worden. Als Anhänger der neuen Bewegung hat er sie mit Erfolg seiner Gemeinde Teufen verkündet (siehe Kasten). Wichtiger Reformator und Freund unseres Teufner Pfarrers Schurtanner war Walter Klarer aus Hundwil. Er ist der Verfasser der appenzellischen Reformationsgeschichte. Bald nach Schurtanners Tod nahm Klarer unter der Geistlichkeit des Appenzellerlandes eine führende Stellung ein. Die drei Landsgemeinden von 1524 In Appenzell hatte der Rat bereits 1523 das sogenannte Schriftprinzip eingeführt, wonach der Glaube alleine auf dem geschriebenen Wort der Bibel und nicht mehr auf der kirchlichen Auslegung und päpstlichen Autorität basierte. Im folgenden Jahr, im April 1524, bestätigte die erste Landsgemeinde die Einführung des Schriftprinzips. Doch der ersten Landsgemeinde folgten Streitigkeiten, Verwirrung und Unruhen, sodass nach einer ebenfalls erfolglosen zweiten, am 6. August eine dritte Landsgemeinde einberufen werden musste. Hätte nicht Jos. Schumacher aus Hundwil seinen Antrag durchgebracht, wäre wohl auch diese Landsgemeinde resultatlos verlaufen. Schumacher schlug vor, «man soll in jegklicher kirchhöri meeren, wellichen glouben sy wellti annemen, und was denn die merer hand erhalte, dem soll die minder volgen…» Dieser Landsgemeindeentscheid ist wohl der bedeutendste und nachhaltigste in der appenzellischen Geschichte und hat viele Jahre den konfessionellen Frieden gesichert. Jedermann war mit dem Beschluss zufrieden, da der Unabhängigkeit der Gemeinden wieder einmal Genüge getan wurde. Auch die Priester und Prädikanten waren einverstanden, dass nun eine Kirche nur für eine Art des Gottesdienstes bereitstand. [grauer-kasten title=“Vadian – Reformator und Bürgermeister“ text=“Joachim von Watt, genannt Vadianus (1484–1551) hatte massgeblichen Anteil an der Reformation von St.Gallen, wo 1527 die Messe durch das Abendmahl ersetzt wurde. Vadian zog mit 17 Jahren an die Universität Wien. Als Humanist vertiefte er sich in alle Wissensbereiche. Er wurde Magister, Lektor, auch Dr. med., war Professor für Latein und Griechisch und wurde 1517 im Alter von 33 Jahren Rektor der Universität Wien. 1519, in seine Vaterstadt zurückgekehrt, war er Stadtarzt und von 1526 bis zu seinem Tode 1551 Bürgermeister der Stadt. Zu seinen Freunden gehörte neben Ulrich Zwingli und Johannes Kessler auch der Teufner Pfarrer Jakob Schurtanner.“ ] Die Reformation in den Gemeinden Schon am folgenden Sonntag, 13. August 1524, wurden in allen Gemeinden die mit Spannung erwarteten Kirchhörinen durchgeführt. Es sollte niemand zu einem Bekenntnis gezwungen werden. Jeder hatte die Möglichkeit, die Kirchhöre zu wechseln und sich unter seinen Glaubensbrüdern anzusiedeln oder eine andere Kirche zu besuchen. Urnäsch, Hundwil, Teufen, Gais, Trogen und Grub stimmten für die Annahme der Reformation, während Appenzell und seine Filialen in Brülisau und Gonten sowie Herisau sich für den alten Glauben entschieden. Die reformierten Gemeinden konnten den alten Kult abbauen und vor allem den Kern des alten Glaubens, die Messe, abschaffen. Bahnbrechend war hier Teufen, die Gemeinde Jakob Schurtanners. [grauer-kasten title=“Jakob Schurtanner, Reformator von Teufen“ text=“Den St.Galler Bürger Jakob Schurtanner finden wir ein erstes Mal 1505 als Verweser der Pfarrei Berg. Zwei Jahre später wird er vom Abt in Teufen eingesetzt. Schon früh tritt er mit dem St.Galler Reformator und Arzt Joachim von Watt, genannt Vadian, in mündlichen und schriftlichen Kontakt. Schurtanner ist ein feuriger Verfechter der Reformation und bekämpft besonders die Gebete und Zeremonien für die Seelen der Verstorbenen. Johannes Kessler, ein weiterer St.Galler Reformator, bezeugt, wie Schurtanner für das Evangelium gestritten habe. Trotz seines hohen Alters muss er auch auf seine Amtsbrüder als Vorbild gewirkt haben. Huldrych Zwingli (1484 –1531) selbst lobt ihn als den Anfänger und Führer der Reformation im Lande Appenzell. Das beste Zeugnis, das Zwingli ihm sowie seinen «lieben Appenzellern » ausstellte, ist in der Einleitung zu seiner Predigt «Der Hirte» enthalten: «Jacobon Schurtanner, Ceraunelateo (humanistische Umschreibung des Namens Schurtanner) byschoff, das ist wächter und hirten zu Tüffen in Abbtzell, sinem lieben in Gott brüder, embüt Huldrych Zwingli». Nach den anfänglich vielversprechenden Erfolgen in seiner eigenen Gemeinde Teufen musste Schurtanner schmerzlich erfahren, wie 1525 die Wiedertäufer mit ihrem grossmauligen Führer Johannes Krüsi seine Gemeinde dazu brachte, ihn zu verleugnen. Teufen wurde in kurzer Zeit zum verrufensten Nest dieser ausschweifenden Sekte. Der altersmüde Kämpfer Schurtanner brach zusammen und starb bald darauf.“ ]
Hans Ulrich Grubenmann erneuerte die Kirche von Teufen 1776 –1779 in Etappen. Einzig die Mauer zwischen Chor und Turm blieb vom vorreformatorischen gotischen Gotteshaus bestehen.
Jakob Schurtanner wird von den Täufern vertrieben Im ganzen Appenzellerland fanden die Täufer grossen Zulauf. Von 1525 bis weit in das Jahrhundert hinein versuchte die Obrigkeit die Unterdrückung dieser extremen Sekte. Das Täufertum, eine Nebenbewegung der Reformation, war zuerst in Zürich festzustellen. Frömmigkeit, Uneigennutz und Einfachheit sollten den vollkommenen Christen auszeichnen. Die Täufer verlangten die rasche Einführung der Erwachsenentaufe, des persönlichen Glaubensbekenntnisses und der Abendmahlfeier. Verfolgt vom zürcherischen Rat, verlegten sie ihre Tätigkeit in die Nord- und Ostschweiz und besonders nach St.Gallen. Die einfache Lebensweise, die Demut ihres Benehmens und das ganze geistlich gerichtete Leben traf den Nerv jener Zeit wunderbar. Auf die Bauern, die auch soziale Probleme hatten, wirkte besonders Hans Krüsi aus Klingnau. Er predigte in St.Georgen, Tablat und bis nach Teufen hinauf und verkündete, dass man nach dem Wort Gottes keine Zehnten und dergleichen zu geben pflichtig sei. In Teufen brachte es Johannes, Krüsi genannt, mit seinem Schreien und Reden bei der Gemeinde so weit, dass sie ihren alten, ehrbaren und wohlgelehrten Prädikanten Jakob Schurtanner absetzte. Krüsi selbst war am 6. Juni 1525 von den Leuten im äbtischen Tablat nach einem ungebührlichen Auftritt mit dem Schirmvogt des Klosters St.Gallen zu ihrem Prediger gewählt worden. Doch schon Mitte Juli liess ihn der Vogt nachts im Bett überfallen und nach Luzern bringen, wo er wenige Tage darauf verbrannt wurde.

Die Wallfahrtskirche Maria Hilf in Haslen

Im Februar 1525 waren in den Kirchen von Teufen und Gais die ersten Bilderstürmer am Werk. Die Überlieferung sagt, dass «guetherzige Menner» eine Altarplatte der vorreformatorischen Kirche Teufen beim Bildersturm gerettet und unter einem Gaden verborgen hätten. Am 7. März 1650 holten die Hasler diese Altarplatte in Teufen ab und stellten sie als eine Art Reliquie in ihrer neu erbauten Kirche auf. Diese Geschichte der Platte übertrug sich bald auf das Altarbild der Gnadenkapelle Mariahilf, denn das verwendete Wort «Altar blat» in der Bedeutung von Platte wurde mit «Altar blat» im Sinne von Bild verwechselt. Noch heute ist die Gnadenkapelle in Haslen mit dem «Altar blat» aus Teufen und dem schönen Marienbild das Ziel inniger Anbetung. Literatur: Johannes Willi, Die Reformation im Lande Appenzell, 1924, Trogen. Appenzeller Geschichte, Band 1, Die Reformation von Franz Stark, 1964. Johannes Schefer, Geschichte der Gemeinde Teufen, 1949, Teufen.

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