«Die Mehrheit der Bevölkerung würde profitieren»

07.09.2018 | TPoscht online
azb-SP-Rotbach
Kantonsratspräsident Beat Landolt stellte die SP-Initiative vor. Bild: mjb

Weniger Verdienende bei den Steuern entlasten und Vielverdiener stärker besteuern – das will die Steuergerechtigkeitsinitiative der SP. Kantonsratspräsident Beat Landolt informierte am Mittwochabend in Bühler über die Details der Initiative.

Mirjam Bächtold

Der Kanton Appenzell Ausserrhoden sei ein Steuerparadies, hört man oft. Doch dies gilt nur für Menschen mit einem hohen Einkommen. «Normalverdiener müssen in Appenzell Ausserrhoden deutlich mehr Steuern zahlen als in den umliegenden Kantonen», sagte Kantonsratspräsident und SP-Politiker Beat Landolt an einer Infoveranstaltung am Mittwochabend in Bühler. Er führte mehrere Beispiele auf, die zeigten, für wen Ausserrhoden kein Steuerparadies ist. Ein verheirateter Alleinverdiener mit zwei Kindern etwa, der ein Bruttojahreseinkommen von 70 000 Franken hat, wird in Ausserrhoden massiv höher besteuert als in Appenzell Innerrhoden, St. Gallen oder Thurgau. Dasselbe gilt auch für Doppelverdiener, die auf dasselbe Jahresgehalt kommen und für Rentner mit einem Bruttojahreseinkommen von 45 000 Franken.

Entlastung der weniger Verdienenden 

Der Initiativtext lautet wie folgt: «Die Steuergesetzgebung des Kantons sei so auszugestalten, dass Steuerpflichtige, die nicht in überdurchschnittlichen Verhältnissen leben (insbesondere diejenigen mit Kindern), gegenüber der heutigen Situation entlastet werden. Dass zudem die prozentuale Steuerbelastung grundsätzlich für alle Steuerklassen ansteigt und die Revision möglichst ertragsneutral ausfällt.» Momentan sieht es im Kanton so aus, dass die Progression, der Prozentsatz, mit dem das Einkommen besteuert wird, ab einem Steuerbaren Einkommen von 250 000 Franken bei Alleinstehenden oder von 400 000 Franken bei Verheirateten nicht mehr steigt. Dies entspreche nicht dem Verfassungsauftrag (Art. 127 Abs. 2 der Bundesverfassung), der unter anderem eine Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verlangt, sagte Landolt. Würde man die Progression auch bei den oberen Gehältern anheben, könnte man die weniger Verdienenden entlasten. Gegner der Initiative warfen der SP vor, dass sie nicht mit Modellrechnungen bewiesen hat, dass das Modell kostendeckend sei. «Da wir aus Datenschutzgründen keine Zahlen erhalten haben, war das nicht möglich. Das Steueramt hätte solche Rechnungen durchführen können, es jedoch nicht getan», sagte Landolt. Die SP ist jedoch überzeugt, dass diese Lösung kostenneutral ist.

Andere kritische Stimmen, etwa die von Regierungsrat Köbi Frei, äusserten im Vorfeld die Befürchtung, dass eine Annahme ähnliche Auswirkungen haben würde, wie die Annahme der Pauschalbesteuerung. Er befürchtet einen Verlust in der Staatskasse von 23 Millionen Franken, weil überdurchschnittlich Verdienende wegziehen. «Diese Befürchtung halte ich für unbegründet. Ich glaube nicht, dass Gemeindemitglieder plötzlich ihre Heimat verlassen wegen höheren Steuern», sagte Beat Landolt.

Von der Steuergerechtigkeitsinitiative würde die Mehrheit der Bevölkerung profitieren, da sich die Mehrheit im betroffenen Lohnsegment befindet. Appenzell Ausserrhoden würde als Wohnort für Familien attraktiver.

«Gegenvorschlag» zur Initiative 

Parallel zur Initiative ist momentan im Kantonsrat die Steuergesetzrevision in Behandlung, vom Regierungsrat als indirekter Gegenvorschlag zur Initiative bezeichnet. Dieser sieht vor, Familien mit Kindern insofern zu entlasten, als dass sie die Kinderabzüge vor dem steuerbaren Einkommen erhöhen würden. «Das entlastet aber nur Familien und nicht alle Wenigverdiener», sagte Beat Landolt. Zudem würden die entstehenden Mehrbelastungen von Kanton und Gemeinde getragen werden. Je nach Berechnungsvariante würde das zu Mindereinnahmen von bis zu je 2,5 Millionen Franken für den Kanton und die Gemeinden führen.

Wird die Steuergerechtigkeitsinitiative am 23. September angenommen, wird die Steuergesetzrevision hinfällig. Beat Landolt ist optimistisch: «In einem Interview habe ich auf die Frage, was typisch Appenzellisch sei, das eigenständige Denken der Appenzeller genannt. Ich denke, dass diese Eigenständigkeit bei der Abstimmung zum Tragen kommt und jeder einzelne entscheidet, statt auf eine Partei-Mehrheit zu hören.» Er gehe davon aus, dass das Ergebnis knapp werde, aber er sehe durchaus Chancen für die Initiative.

 

 

 

 

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