«Ich werde das Gequietsche ein bisschen vermissen»

29.03.2018 | Erich Gmünder
ruckhalde (22)
 Seit dem 1. Oktober 1889 rumpelte das rote Appenzeller Bähnli quietschend und kreischend über den Ruckhaldenrank – mit einem Radius von 30 Metern die engste Zahnradkurve Europas. Nach beinahe 129 Jahren laden die Appenzeller Bahnen am Ostermontag, 2. April zu den letzten nostalgischen Fahrten auf der alten Strecke ein, die danach zurückgebaut wird. Bis am 7. Oktober die neuen Tango-Züge erstmals unter der Ruckhalde durch den neuen, 700 Meter langen Tunnel fahren, wird der Bahnbetrieb eingestellt und zwischen St.Gallen und Teufen auf Bahnersatz mit Postautos umgestellt. Wir waren bei einigen der letzten Fahrten über die legendäre Strecke dabei und haben mit Passagieren über ihre Erlebnisse und Erinnerungen gesprochen. EG Interview und Fotos: Félice Angehrn, Alexandra Grüter-Axthammer und Erich Gmünder

Simone Angehrn, Niederteufen

«Ich erinnere mich gut. Bekannte von mir aus Kanada machten Halt in der beschaulichen Ostschweiz und besuchten mich in Niederteufen. Ein Ausflug mit dem Auto runter in die Stadt war keine Option. Klar, eine Fahrt mit dem roten, knarrenden Bähnli wollten sie sich nicht entgehen lassen… und spätestens im Riethüslirank beim Einrasten ins Zahnrad war mir klar: Das ist DIE Attraktion. Abrupter Themenwechsel und Fenster runter auf beiden Seiten! Diese Szene werde ich nie vergessen. Eigentlich schade, ein bisschen werde auch ich das Gequietsche rund um die Schrebergärten vermissen.» FA

Bettina Kuhn-Hofmann, Teufen

«Vermissen? Nein, ich habe zwar den wunderbaren Blick auf die Stadt genossen, aber man sollte nicht der Vergangenheit nachhängen», findet Bettina Kuhn ganz pragmatisch. Auch ihre Kinder hätten immer Freude an der Kurve gehabt, doch nun sei halt eine andere Zeit. Entscheidend sind für sie nicht die kürzere Fahrzeit, sondern die besseren Anschlüsse in der Stadt. Und sie freut sich auf die direkte Fahrt ins Stadtzentrum – und das neue Rollmaterial. «Ich kann mir gut vorstellen, dass ich einst im Alter froh bin um den ebenerdigen Einstieg.» EG

Rosa Forrer und Hanni Schmid, Nesslau

Die beiden Zwillingsschwestern aus Nesslau sind rege «Zügli»-Benützerinnen und machen wöchentlich Ausflüge ins Appenzellerland. «Schade, dass diese Ära zu Ende geht. Wir haben das Vorhaben in der Zeitung verfolgt und werden diesen schönen Zug mit dem vertrauten Gequietsche vermissen! Als Nostalgiker verstehen wir nicht, warum man diesen teuren Tunnel braucht. Ist doch schade um die Aussicht. Ausserdem hätte der Halbstundentakt doch gereicht, denn der Zug ist eh nie voll.» FA

Stadia Pavlovic, Niederteufen

«Dass es bald vorbei ist mit der schönen Aussicht auf die Stadt, war mir gar nicht bewusst. Schade, mir gefällt die Kurve sehr gut und ich staune heute noch jedesmal, wenn ich mit dem Bähnli nach St.Gallen fahre, und das obwohl ich heute täglich zwei bis dreimal auf dieser Strecke unterwegs bin», sagt Stadia Pavlovic. Die gebürtige Serbin lebt mit ihren Eltern seit 14 Jahren in Teufen, und pendelt seit Jahren täglich in die Stadt, wo sie im Sommer das Studium in Betriebswirtschaftslehre an der HSG mit dem Bachelor abschliesst. «Ich finde es auch immer wieder schön, wenn man miterlebt, wie Leute von auswärts, die erstmals hier unterwegs sind, über die Kurve staunen.» EG

Esther Schäpper, Niederteufen

Esther Schäpper steigt in Niederteufen aus, sie kommt gerade von St.Gallen und ja, es sei ihr sehr bewusst, dass am Ostermontag die letzte Bahn über den Ruckhaldenrank fahre, sagt sie. «Ich bedaure das sehr, auch wenn ich die Pläne der Appenzeller Bbahnen gut verstehe. Der Ausblick über die Stadt ist aber bei jeder Fahrt einfach schön.» Als junge Familie wohnten sie in St.Gallen, in Hördistanz zum Ruckhaldenrank. «Auf der Terrasse hörten wir jeweils das Quietschen der Räder, wir mochten das Geräusch und fanden es irgendwie heimelig». Besonders angetan hatte es ihnen der Übergang zum Streckenabschnitt mit dem Zahnrad im Riethüsli. Auf ihren Spaziergängen schauten sie manchmal, zu wie die Bahn mit viel Lärm ins Zahnrad einrastete. AG

Elisabeth Schweizer, Teufen

Es sei eher selten, dass sie mit dem Bähnli fahre, sagt Elisabeth Schweizer. Heute habe sie einen Termin in der Stadt, da nehme sie natürlich die Bahn. Allerdings sei ihr nicht so bewusst gewesen, dass am Ostermontag die letzte Fahrt über den Ruckhaldenrank führen werde. «Mit den Enkelkindern sind wir die Strecke auch schon gefahren und diese Kurve beeindruckt uns sehr», sagt sie. Dass es danach im Tunnel nach St.Gallen geht, ist für Elisabeth Schweizer nicht weiter schlimm. «Veränderungen gibt es überall, das ist einfach so.» AG

Top-Artikel

Top-Artikel

Anzeige

Anzeige

Gruengut-Animation2024-Oktober

Nächste Veranstaltungen

Sonntag, 06.10.2024

Zefiro - Zwischen Renaissancemusik und Jodeltrationtion

Sonntag, 06.10.2024

Eröffnungsfeier Waldeggtrail

Aktuelles

×
× Event Bild

×
×

Durchsuchen Sie unsere 7390 Artikel

Wetterprognose Gemeinde Teufen

HEUTE

06.10.24 00:0006.10.24 01:0006.10.24 02:0006.10.24 03:0006.10.24 04:00
4.2°C4.1°C4.1°C4°C3.7°C
WettericonWettericonWettericonWettericonWettericon

MORGEN

07.10.24 05:0007.10.24 09:0007.10.24 12:0007.10.24 15:0007.10.24 20:00
9.8°C13.5°C17°C18.3°C14.6°C
WettericonWettericonWettericonWettericonWettericon