Timo Züst
Vergangenen Freitag verkündete der Bundesrat: Der Präsenzunterricht an den Schulen wird bis zum 19. April eingestellt. Für die Teufner Schulen bedeutete das eine gewaltige Umstellung in kürzester Zeit. Hier lesen Sie von einem Besuch in der Oberstufe und ein Nachgefragt bei der Primarstufe (siehe unten).
Eines fällt auf dem Weg ins Büro von Schulleiter Urs Schöni besonders auf: die Stille. An diesem Dienstagnachmittag ist der Schulhof leer. Keine Kinderschuhe huschen durchs Treppenhaus, kein helles Lachen, kein Geschrei – nicht einmal Getuschel. Ein Bild, das man in der Sekundarschule Hörli sonst nur von den Ferien kennt. Die Frühlingsferien beginnen aber erst am 4. April. Eigentlich wäre jetzt Unterrichtszeit. Verantwortlich für die Leere ist das Coronavirus. Am 13. März beschloss der Bundesrat, den Präsenzunterricht an den Schulen ab dem 16. März bis zum 4. April einzustellen. Seit der Bekanntgabe dieses Entscheids am Freitagnachmittag sind Urs Schöni und der gesamte Teufner Lehrkörper – inkl. Primarstufe (siehe unten) – mit der Organisation alternativer Unterrichtsformen beschäftigt. «Wir wussten, dass am Freitag eine Info kommt. Aber da sie erst um 15:30 Uhr rausging, blieb uns am Freitag nicht mehr viel Zeit. Weil sich alle reingehängt haben, gingen die nötigen Infos für die Eltern aber zum Glück noch vor dem Wochenende raus.» Damit war eine erste Hürde gemeistert. Der Wochenbeginn war deshalb aber nicht weniger turbulent.
Ein «Team»
Die Verordnung des Bundesrates stellt Primar- und Oberstufe vor unterschiedliche Herausforderungen. Zwar befassen sich beide mit dem Thema «Homeschooling», aber auf der Primarstufe musste zudem in kürzester Zeit ein Betreuungsangebot auf die Beine gestellt werden. «Das haben die Kolleginnen am Freitag wirklich toll gemacht. Respekt», so Urs Schöni. Er selbst hat sich am Wochenende und in den vergangenen Tagen hauptsächlich mit einer Software beschäftigt: «Team». Die kurze Google-Definition dazu lautet: «Microsoft Teams ist eine Plattform, die Chat, Besprechungen, Notizen und Anhänge kombiniert. Der Dienst ist in die Office-365-Office-Suite mit Microsoft Office und Skype integriert.» Anders gesagt: Haben sowohl Lehrperson als auch Lernende diese Software auf einem Rechner mit stabiler Internetverbindung installiert, ist ein Austausch in Echtzeit möglich. Das gilt für Daten oder Videos, es kann telefoniert oder gestreamt werden. «Glücklicherweise hatten wir uns schon etwas länger mit dieser Software beschäftigt. Vor zwei Wochen gab ich dann die Direktive raus, dass jeder Schüler daheim eine funktionierende Team-Version installiert haben muss», so Schöni. Gerade noch rechtzeitig. Denn hätten Anfang Woche erst noch die Softwareinstallationen und Schulungen stattfinden müssen, wäre das Aufgleisen des Fernunterrichts deutlich herausfordernder geworden. Aber auch jetzt sind noch viele Fragen offen.
Unterricht daheim
Am Montagabend ging die «Elterninformation_Sek_16.3» auf der Schule Teufen-Website online. Es ist ein Brief der Schulleitung an die Erziehungsberechtigten. Darin ist zu lesen, wie der Unterricht daheim in den nächsten zweieinhalb Wochen ablaufen soll. «Sie können sich vorstellen, wie turbulent der Montag war. In einem Tag mussten wir alles organisieren, diskutieren und aufgleisen», so Urs Schöni. In einer solchen Situation bleibt wenig Zeit für ausschweifende, pädagogische Diskussionen. «Wir hatten eine klare Anweisung erhalten. Es lag nun an mir, ebenfalls klare Anweisungen zu geben.» Das Resultat der Montags-Anstrengungen ist der heute gestartete «Unterricht daheim». Für die Oberstufen-Lernenden gilt: Von 8:30 bis 11 Uhr und von 14 bis 16 Uhr (ausser mittwochs) ist Präsenzzeit. Dann müssen sie per «Teams» erreichbar sein. Gleichzeitig sind auch die Lehrpersonen verfügbar. «So können Fragen diskutiert oder Aufträge erläutert werden. Wenn nötig auch per Video-Stream.» Urs Schöni betont: Diese Zeiten sind ein erster Versuch. In den nächsten Tagen und Wochen wird sich zeigen, ob Anpassungen nötig sind. «Sie könnten viel zu lang oder viel zu kurz sein. Das Ganze ist schliesslich Neuland für uns.» Ein erstes Fazit ziehen die Lehrpersonen diesen Freitag. Dann wird entschieden, wie es weitergeht. Ein Vorteil sind die anstehenden Ferien. Zwar gilt der Schulstopp momentan nur bis zum 19. April. Aber die Vermutung liegt nahe, dass er noch einmal verlängert wird. «Wir haben jetzt also zwei Wochen Zeit, uns an das System zu gewöhnen. Dann folgt eine kleine Pause. Das passt sehr gut.»
Ein Prüfungsstopp
In der Oberstufe besagt eine Faustregel, dass pro Leistungsfach und Wochenlektion jeweils eine Prüfung pro Semester geschrieben wird. Also 5 Mathe-Lektionen = 5 Prüfungen. «Für diese drei Wochen waren natürlich noch einige Prüfungen angesetzt», so Urs Schöni. Diese via «Teams» zu schreiben, ist allerdings nicht ganz einfach. Zwar verfügt die Software über diverse Features, die sich für prüfungsähnliche Aufgaben eigenen würden (z.B. Multiple-Choice). Aber die Lernenden auf Distanz zu kontrollieren, ist eine fast unlösbare Aufgabe. Die Schulleitung entschloss sich deshalb, für diese Zeit auf klassische Prüfungen zu verzichten. Weiterhin möglich sind aber benotete Arbeiten. «Das ist wichtig für die Motivation der Lernenden.»
Unsicherheit und Teamwork
Das Homeschooling ist nun aufgegleist. Damit hat die Oberstufe Teufen einen gewaltigen Schritt bereits gemacht. Aber: Die kommenden Wochen und Monate werden Lehrpersonen, Lernende und Eltern vor weitere grosse Herausforderungen stellen. «Die psychische Belastung ist nicht zu unterschätzen. Diese abrupte und radikale Umstellung ist für die Jugendlichen nicht einfach zu verkraften. Und auch für die Familien eine zusätzliche Belastung», so Urs Schöni. Die Oberstufe hat deshalb eine Hotline eingerichtet (071 335 07 60). Hier können Jugendliche und Eltern anrufen, Fragen stellen oder um Hilfe bitten. «Die Aufgabe der Lehrperson am Telefon ist es, eine Triage zu machen. Entweder landet der Anrufende bei mir oder bei einer externen Organisation.» Die gute Nachricht: Bisher wurde dieses Angebot kaum in Anspruch genommen. Und auch Urs Schönis Telefon klingelt erstaunlich selten. «Die Eltern stehen zum Glück hinter der Schule. Wir haben bisher kaum negative Reaktionen auf die Homeschooling-Umstellung erhalten. Das ist für uns eine grosse Erleichterung und Unterstützung.»
Genau so unsicher sich die Lage derzeit schweizweit präsentiert, ist sie auch in den Schulen. Wie es nach den Frühlingsferien weitergeht, weiss heute niemand. Auch nicht, wann darüber informiert werden soll. «Das Motto muss sein: flexibel bleiben und zusammenarbeiten. Zum Glück kann ich mich auf ein sensationelles Team verlassen. Das haben die letzten Tage gezeigt.»
Nachgefragt Primarstufe
Geantwortet haben die Schulleiterinnen Priska Lussmann und Janine Haltiner-Bächtiger.
Letzten Freitag gab der Bundesrat bekannt, dass die Schulen bis zum 4. April geschlossen bleiben. Wie sehr hat Sie das überrascht?
Wir haben bis am Donnerstag nicht mit einer so schnellen Schulschliessung gerechnet, am Freitagvormittag zeichnete sich diese jedoch ab.
Können Sie kurz beschreiben, wie die Tage seither abliefen?
Am Freitagnachmittag und -abend sind wir drei Schulleitungen und die Schulverwaltung zusammengesessen, haben das weitere Vorgehen besprochen und erste Schritte aufgegleist. Alle Klassenlehrpersonen der Primarschule haben die Eltern per Telefonkette darüber informiert, dass die Schule ab Montag geschlossen wird und die Eltern alle weiteren Informationen per Mail erhalten.
Am Freitagabend ging dann ein erstes Informationsmail an alle Eltern mit den offiziellen Informationen des Kantons und einem Anmeldeformular für die Betreuung ab Montag. Ebenfalls wurden alle Infos auf der Homepage der Schule aufgeschaltet. Die Lehrpersonen wurden für eine Sitzung am Montag eingeladen und machten sich erste Überlegungen zum «Lernen zu Hause». Am Sonntagnachmittag wurde auf Grund der eingegangenen Anmeldungen die Betreuung organisiert.
Der Start in diese Woche war natürlich sehr turbulent. Ist nun alles aufgegleist?
Die Schulteams haben sich am Montag getroffen und ab Montagnachmittag gingen Informationsmails an alle Eltern mit Arbeitsaufträgen für die Kinder. Ebenso wurden Zeitfenster festgelegt, an denen die Kinder ihr Material in der Schule abholen können.
Bei der Oberstufe setzt man auf «Homeschooling». Wie sieht es bei Ihnen aus?
Auch für Kindergarten- und Primarschulkinder gilt das «Homeschooling». Alle Kinder haben einen Wochenplan erhalten, auf dem je nach Stufe verschiedene Aufträge und Aufgaben erledigt werden müssen.
Gibt es für Eltern eine Möglichkeit, die Kinder während der Schulzeit in Betreuung zu geben? Und wird dieses Angebot bestehen bleiben?
Die Schulen sind verpflichtet, ein Betreuungsangebot anzubieten für Eltern, die keine andere Möglichkeit haben. Weitere Infos sind auf der Homepage der Schule zu finden.
Was sind nun die grössten Herausforderungen für die Schule? Insbesondere, falls der Betrieb auch nach den Frühlingsferien noch nicht «normal» weiterläuft …
Das «Homeschooling» oder der «Fernunterricht» ist Neuland für die Primarschulen und muss nun laufend angepasst und verbessert werden. Wir sind dran, unsere Erfahrungen mit dem digitalisierten Unterricht zu erweitern. Dies hat natürlich auch einen positiven Effekt. Eine Herausforderung ist vor allem die Technik. Um die Eltern mit Infos zu bedienen, haben wir auf den E-Mailversand gewechselt. Da gab es noch gewisse Probleme, weil wir nicht über durchwegs aktuelle E-Mailadressen verfügten. Wir hoffen natürlich sehr, dass die mit der Krise verbundenen Massnahmen nicht zu lange dauern und wir das soziale Leben wieder pflegen dürfen.
Für die Eltern ist diese Situation ebenso ungewohnt wie für die Kinder. Haben Sie Ratschläge?
Eine gewisse Struktur in den Tag zu bringen, ist sicher hilfreich. Neben den Aufträgen aus der Schule, können auch Basteln, Tätigkeiten im Haushalt oder im Garten für Abwechslung sorgen. Wir wünschen den Eltern viel Geduld und Kreativität bei der Bewältigung dieser aussergewöhnlichen Situation.