Gemeinderat Urs Spielmann (Ressort Finanzen) bei der Präsentation des Voranschlags 2022 im Lindensaal. Foto: tiz
Der Voranschlag 2022 (Abstimmung am 28. November) sieht eine weitere Steuerfussreduktion vor – trotz Investitionen von fast 20 Mio. Franken. Wie das zusammenpasst, erklärt Gemeinderat und Leiter Ressort Finanzen Urs Spielmann während der Präsentation im Lindensaal. Klar ist: Die nächsten Jahre werden teuer. So oder so.
Hinweis: Mehr zu den Zahlen finden Sie hier (Voranschlag und Finanzplan) und hier (offizielle Mitteilung). Ein längeres Interview mit Finanzchef Urs Spielmann gibt es hier.
Unterm Strich
Der Voranschlag 2022 geht von einem leichten Ertragsüberschuss vom 76‘000 Franken aus. Das gilt allerdings nur für das Gesamtergebnis. Auf operativer Stufe resultiert ein Verlust von 1.81 Mio. Franken. Das bedeutet: Die Gemeinde rechnet im kommenden Jahr mit höheren betrieblichen Aufwänden als Erträgen. Das hat hauptsächlichen mit dem tieferen Steuerfuss zu tun. Er werden Fiskalerträge von 32.89 Mio. Franken (VA 2021: 33.25 Mio. Franken) erwartet. Demgegenüber bleibt der betriebliche Aufwand mit 52.78 Mio. Franken fast gleich hoch wie im Voranschlag 2021 (52.75 Mio. Franken). Die grösste Zunahme wird dem Transferaufwand (+ 0.46 Mio. Franken) zugeschrieben. Der Personalaufwand ist mit 24.07 Mio. Franken nur rund 0.1 % höher als im Voranschlag 2021 – der Sach- und übrige Betriebsaufwand sinkt um 0.34 Mio.
Unterm Strich ergibt das einen operativen Verlust von 1.81 Mio. Franken. Dieser soll durch die Auflösung von Zusatzabschreibungen kompensiert werden. Worum es sich dabei handelt, hat Gemeinderat Urs Spielmann der TP vor wenigen Tagen in einem TP-Interview erklärt. Kurz gesagt: Es sind finanzielle Reserven aus den «guten Jahren». Während der Präsentation im Lindensaal sagt Spielmann aber auch: «Dass wir auf der operativen Ebene einen Verlust ausweisen, zeigt uns, dass wir noch Verbesserungspotenzial haben. Die seit 2020 stark angestiegenen Personalkosten im Bereich Bildung – Stichwort Schülerzuwachs – scheinen nun aber ein stabiles Niveau erreicht zu haben.»
Steuern
Der Gemeinderat schlägt der Teufner Bevölkerung die nächste Steuerfusssenkung vor. Zuletzt sank er auf das Jahr 2019 von 2,9 auf 2,8 – ab 2022 soll er bei 2,7 liegen. Diesen Schritt begründet Urs Spielmann mit vier Hauptargumenten. Erstens: Die mittelfristige Finanzplanung zeigt, dass das Potenzial für diese Anpassung vorhanden ist. Zweitens: Die Steuerprognosen für das laufende Jahr liegen trotz Corona über den Erwartungen bzw. dem Voranschlag. Drittens: Die Gemeinde verfügt nach wie vor über genügend Reserven (Eigenkapital / Abschreibungen). Viertens: Ab 2025 ist mit einem neuen kantonalen Finanzausgleichsmodell zu rechnen. Schon heute steuert Teufen rund 44 Prozent zum Gesamtbetrag bei – Tendenz steigend. Das ist gleich viel wie der Kanton – Tendenz sinkend. In Zukunft wird Teufens Anteil wohl noch deutlich grösser werden. Dazu Spielmann: «Diese steigenden Kosten müssen wir im Blick haben. Eine Steuersenkung um 0,1 Einheiten ist deshalb ein guter Kompromiss. Sie ist trotz der hohen Investitionstätigkeit und höheren Einzahlungen in den Finanzausgleich verkraftbar.»
Dazu fragt die TP nach der Präsentation: Herr Spielmann, die Sache mit den Steuern ist in Teufen ja schon etwas eigenartig. Es geht um die Rechnung einer «kleinen» Gemeinde und trotzdem beziehen Sie die Kantonsfinanzen stark mit ein.
Primär geht es bei der Festlegung des Steuerfusses natürlich um die Gemeinde bzw. unsere Finanzen. Aber er wäre falsch, die bald steigende Belastung durch den neuen Finanzausgleich – voraussichtlich per 1. Januar 2025 – nicht in diese Überlegungen mit einzubeziehen.
Aber wenn sie nur auf die Gemeinde achten müssten, könnte der Steuerfuss noch tiefer sein, oder?
Ich behaupte, dass die Anpassung des Steuerfusses um 0,1 unterm Strich weniger ausmachen wird als der Mehrbetrag, den wir ab 2025 in den Finanzausgleich einzahlen werden. So gesehen wäre die Antwort also Ja.
Nun könnte sich Teufen auch solidarisch zeigen und den Steuerfuss bei 2,8 belassen. So würde der ganze Kanton von den guten Ergebnissen profitieren.
Damit wären wir wieder bei der ersten Frage. Wir sind unserer Bevölkerung verpflichtet. Ich würde mich nicht wohl fühlen dabei hier zu stehen und zu sagen: Wir schlagen vor, die Steuern zu belassen, wie sie sind, dann machen wir wieder ein gutes Ergebnis. Das ist nicht unser Auftrag. Genau so wenig wie neue Investitionen zu erfinden, um das Geld loszuwerden. Der Steuerfuss sollte der tatsächlichen Finanzsituation der Gemeinde entsprechen.
Was man aber sicher sagen kann: Mittlerweile sind die Finanzen in Teufen schon fast zu einer ethischen und regionalen Frage geworden.
Da stimme ich Ihnen zu.
Investitionen
Im kommenden Jahr soll kräftig investiert werden – fast 20 Mio. Franken. Das ist zwei- bis dreimal mehr als in den Vorjahren. Der grösste Betrag entfällt auf den Neubau des Sekundarschulhauses. 11.89 Mio. Franken sind dafür eingeplant. Auch einiges kosten werden die Arbeiten für den Anschluss an die ARA Au, nämlich 2.1 Mio. Franken. Darauf folgen die Wasserversorgung mit 1.48 Mio. Franken und rund 1.7 Mio. Franken für die Gemeindestrassen. Dazu kommen diverse «kleinere» Positionen wie der Wärmeverbund Landhaus mit 456’000 Franken oder der weitere Ausbau des Glasfasernetzes in den Aussengebieten (710’000 Franken). Wie diese Investitionen gestemmt werden sollen, erklärt Urs Spielmann folgendermassen: «Den grössten Teil können wir aus den liquiden Mitteln begleichen. Das sind rund 12 Mio. Franken. Weitere 7 Mio. Franken stammen aus aufgelösten Anlagen. So können wir die Investitionen finanzieren ohne Kredit aufnehmen zu müssen.»
Auch hier hatte die TP Fragen: Macht es wirklich Sinn, fast alle liquiden Mittel für Investitionen «auszugeben», wenn Kredite momentan so billig zu kriegen sind?
Ja. Denn wir zahlen derzeit Negativzinsen auf diesen liquiden Mitteln bzw. Vermögen. Das schmerzt natürlich.
Warum die Investitionen nicht mit günstigen Krediten finanzieren und die liquiden Mittel anders einsetzen? Vielleicht sind Schulden ja bald wieder teurer …
Dazu müssten wir uns «künstlich» neue Projekte suchen. Das ist nicht unsere Aufgabe – und wäre auch nicht korrekt. Natürlich stehen auch in den kommenden Jahren grosse Investitionen an: Die Sanierung des «Alten Hörli», die Ortsdurchfahrt etc. Aber unsere Finanzplanung zeigt, dass wir diese gut verkraften können. Ausserdem ist nicht zu erwarten, dass sich die Zinssituation in nächster Zeit gross verändert.
«Bächli»
Auch das ehemalige Altersheim Bächli ist im Budget zu finden. Es gehört zu den Finanzliegenschaften der Gemeinde und steht seit der Schliessung mindestens teilweise leer. Für die weitere Nutzung der historischen Liegenschaft hatte die Gemeinde im Sommer 2020 die Vision eines «Gesundheitshauses» präsentiert. Die Idee: Private Investoren sollten das Gebäude übernehmen, sanieren und dann längerfristig als Gesundheitszentrum nutzen. Trotz diverser Gespräche mit Interessenten muss dieser Ansatz nun aber wieder verworfen werden. Urs Spielmann über die Gründe: «Die Abklärungen haben ergeben, dass diese Umnutzung bzw. die komplette Sanierung rund 4 Mio. Franken kosten würde. Unter diesen Voraussetzungen kann ein Privater keinen rentablen Betrieb führen.» Deshalb will die Gemeinde nun auf den Ansatz «Rennovation light» setzen. Die Liegenschaft soll mit minimalen Eingriffen «vermietbar» gemacht werden. Als Annahme wurden dafür 1 Mio. Franken ins Budget aufgenommen. Dabei handelt es sich aber um eine finanzielle Schätzung, bauliche Abklärungen folgen erst.
Herr Spielmann, ist ein partizipativer Prozess zur weiteren Nutzung des «Bächli» damit ausgeschlossen?
Noch ist überhaupt nichts in Stein gemeisselt. Unser Ziel ist es, die Liegenschaft vermieten zu können. Dazu müssen aber gewisse bauliche Arbeiten vorgenommen werden. Wie viel investiert werden muss, hängt mit der zukünftigen Nutzung zusammen. Es ist also denkbar, dass wir eher mehr investieren und dafür mehr Miete verlangen können. Oder aber wir müssen fast nichts investieren und können die Liegenschaft dafür deutlich günstiger vermieten.
Wer wird das entscheiden?
Für diese Beurteilung werden wir sicher die Hilfe eines Dritten beiziehen. Wie das genau ablaufen wird, kann ich Ihnen aber noch nicht sagen. Klar ist: Innovative Ideen sind nach wie vor willkommen. tiz