Das Wichtigste in Kürze
- Das aus dem Jahr 1906/07 stammende Schulhaus «Altes Hörli» wird seit Herbst 2023 gesamtsaniert.
- Darin sollen später der Kindergarten und die Primarschule Dorf Platz finden.
- Da es um die Sanierung einer Schule zur Weiternutzung als Schule geht, handelt es sich um eine gebundene Ausgabe. Solche kann der Gemeinderat ohne Volksabstimmung bewilligen. Das tat er im Mai 2023. Der Ausführungskredit betrug 4.15 Mio. Franken.
- Mitte Juni gab die Gemeinde via Medienmitteilung bekannt, dass die Sanierung deutlich teurer wird als erwartet. Stand heute geht sie von Mehrkosten von 1.5 Mio. Franken aus.
- An einer Medienkonferenz wurden diese Mehrkosten begründet. Hauptkostentreiber: zu tiefer Kostenvoranschlag (das engagierte Baumanagement-Unternehmen ging zudem Konkurs), teurer Brandschutz, unerwartete Massnahmen zur Verbesserung der Statik.
- Die Gesamtsanierung soll in der ersten Jahreshälfte 2025 abgeschlossen werden. Der Umzug von «Dorf» zu «Hörli» könnte frühestens im Sommer 2025 vollzogen werden.
Gemeindepräsident, Gemeindeschreiber, zwei Gemeinderatsmitglieder, Leiter Bau und Planung und Leiter Hochbauamt: Im Sitzungszimmer Nummer 16 ist jeder Platz besetzt. So viele Gemeindevertreter sind bei einer Medienkonferenz selten anwesend. Schon das zeigt: Hier geht es um etwas Wichtiges. So wichtig, dass die Journalisten über zwei Monate nach dem Bekanntwerden der eigentlichen «News» nochmal eingeladen werden. Damals, am 13. Juni, informierte die Gemeindekanzlei nämlich in einem öffentlichen Versand über die «Mehrkosten bei der Gesamtsanierung altes Hörli». Konkret geht es um eine Differenz von 1.5 Mio. Franken zum vom Gemeinderat einst bewilligten Ausführungskredit von 4.15 Mio. Franken.
Dieser massive Anstieg warf Fragen auf – auch bei der TP. Heute sollen diese nun beantwortet werden. Die wichtigste Botschaft nimmt Gemeindepräsident Reto Altherr gleich vorneweg: «Wir durften in den vergangenen Jahren diverse Schulbauten realisieren und sind mit ihnen heute sehr glücklich. Auch das ‘Alte Hörli’ wird uns nach Abschluss grosse Freude bereiten. Obwohl der Weg dahin nicht ganz so verläuft, wie wir uns das vorgestellt haben.» Gemeinderätin Beatrice Weiler (Ressort Bildung) sagt: «Die Wahl des Hörli trafen wir nicht halbherzig. Und es war die richtige. Die Lage ist viel besser als im Dorf. Und so kann ein wertvolles, historisches Gebäude in seiner ursprünglichen Funktion weitergenutzt werden.» Bis zu dieser Nutzung – vermutlich ab Sommer 2025 – gibt es aber noch einiges zu tun.
Das muss gemacht werden
Im «Alten Hörli» wird seit 117 Jahren Schule gegeben. Mit Unterbrüchen. «Es gab immer mal wieder Teilrenovationen. Die letzte im Jahr 2006», sagt Gemeindeschreiber Marcel Aeple. Der Vorteil dieser langen Geschichte: Vor über 100 Jahren wurde mit hochwertiger Bausubstanz gearbeitet. Der Nachteil: Das Schulhaus entspricht nicht mehr den heutigen Vorgaben und Ansprüchen. Urs Kellenberger fasst als Leiter Bau und Planung die Anforderungen an die Gesamtsanierung zusammen: «Es braucht eine behindertengerechte Erschliessung bzw. einen Lift; die aktuellen Brandschutz-Vorschriften müssen erfüllt, neue sanitäre Anlagen auf jedem Stockwerk eingerichtet und die haustechnische Installationen erneuert werden.» Auch die Raumaufteilung konnte nicht 1:1 übernommen werden. Denn: Der klassische Frontalunterricht ist inzwischen eine Seltenheit. Das spiegelt sich auch im Raumkonzept wieder. All das kostet viel Geld. Aber das wussten die Baufachleute schon vor eineinhalb Jahren, als sie dem Gemeinderat den Ausführungskredit von 4.15 Mio. Franken vorgelegt hatten. Was wurde übersehen? Die Antwort darauf gibt der Leiter des Hochbauamts, Martin Zoller, in zwei Teilen.
Erstens: Planung und Kostenschätzung
Die Gemeinde Teufen baut viel. Zu viel, um alles selber zu planen und umzusetzen. Die Abteilung Bau und Planung ist deshalb sehr oft auf Externe angewiesen. Zum Beispiel beim Erstellen eines Kostenvoranschlags. Dieser bildet die Grundlage für einen Baukredit, der dann entweder vom Volk (Beispiel neues Sekundarschulhaus) oder vom Gemeinderat bewilligt wird. Beim «Alten Hörli» war letzteres der Fall, da es sich um eine gebundene Ausgabe handelt (siehe Kasten).
Was ist eine «gebundene Ausgabe»?
Bei der Gesamtsanierung des «Alten Hörli» handelt es sich um eine gebundene Ausgabe. Das bedeutet: Der Gemeinderat kann den entsprechenden Kredit bewilligen, auch wenn der Betrag deutlich höher als seine eigentliche Finanzkompetenz für einmalige Ausgaben (200’000 Franken) ist. Das tat er im Mai 2023 für einen Ausführungskredit über 4.15 Mio. Franken – dazu kommen nun die Mehrkosten von 1.5 Mio. Franken. Aber wann ist eine Ausgabe überhaupt «gebunden»? Die Regeln dafür legt der Art. 7 des kantonalen Finanzhaushaltsgesetzes fest. Darin steht: «Eine Ausgabe gilt als gebunden, wenn die Behörden hinsichtlich ihrer Notwendigkeit, ihres Umfanges und ihres Zeitpunktes keine erhebliche Handlungsfreiheit haben.» Unter Absatz «a» wird das Gesetz noch etwas konkreter: «Umbauten, Sanierungen und zeitgemässe Erneuerungen, welche der Erhaltung und dem Unterhalt des Werkes dienen, ohne den Zweck oder die vorhandenen Kapazitäten erheblich zu verändern.»
Solche Kostenvoranschläge werden je nach Projekt von Mitarbeitenden der Gemeinde selbst oder von externen Fachleuten angefertigt. Das sind dann häufig «Baumanagement»-Firmen. Im Grunde übernehmen diese Unternehmungen die Bauleitung – sind aber auch in der Planungsphase schon involviert. Und da lag in diesem Fall der Hund begraben. «Das von uns engagierte Unternehmen ging nur wenige Monate vor Baubeginn nach dem Verschwinden des Geschäftsführers Konkurs. Danach suchten wir händeringend nach einer Lösung. Und fanden sie mit der ‘RSP Bauleitungen AG’.» Mit dieser Firma hat die Gemeinde gute Erfahrungen gemacht. Sie managte schon den Bau der neuen Sekundarschule.
Das eigentlich Problem zeigte sich dann aber erst, als die Offerten der Handwerker begannen ins Haus zu flattern. «Wir merkten rasch, dass der Kostenvoranschlag viel zu tief angesetzt war. Viele Komplikationen, die so eine Gesamtsanierung mit sich bringt, waren nicht berücksichtigt worden.» Dieser ‘über-optimistische’ Kostenvoranschlag allein macht rund die Hälfte der Mehrkosten von 1.5 Mio. Franken aus.
Zweitens: Realisierung und Unerwartetes
Die Schätzung von Baukosten ist keine exakte Wissenschaft. Bei Neubauprojekten ist eine Ungenauigkeit von +/- 15 Prozent die Regel. Bei Umbauten sind es sogar 30 Prozent. «Natürlich war das Gebäude genau analysiert worden. Man hat auch Sondierungen gemacht. Zum Beispiel vom Boden.» Das Problem: Diese Sondierungen sind nur Momentaufnahmen. Erst nach dem Abbruch zeigt sich, wie homogen das Haus wirklich ist. «Und wir mussten feststellen: Leider wurde kaum etwas einheitlich saniert. An einigen Stellen haben wir einen Bodenbelag, der bereits brandschutzkonform ist. An vielen anderen überhaupt nicht. Häufig wurde einfach an den ‘guten Stellen’ sondiert», sagt Martin Zoller.
Damit spricht er einen der Haupttreiber der Kostensteigerung an: den Brandschutz. Während eines Baustellenrundgangs nach der Presseinfo zeigt er, was damit gemeint ist. «Hier sehen Sie die Fermacell- bzw. Gipsfaserplatten, die wir fast überall auf die Holzböden- und Decken montieren müssen.» Auch die Abtrennung des Treppenhauses ist ein wichtiger Bestandteil des Brandschutzes. Und dann ist da noch die Statik. Am besten wird das im Dachstock sichtbar. Hier, wo dereinst die neue Aula der Primarschule eingerichtet wird, hat man freien Blick auf die historischen Dachträger. «Wir mussten leider feststellen, dass es an vielen Stellen Verstärkungen braucht. Das hat mit der neuen Raumaufteilung zu tun. Aber auch mit verstecken Mängeln, die wir erst nach Freilegung der tragenden Elemente gesehen haben.»
Martin Zoller fasst zusammen: Planung und zu tiefer Kostenvoranschlag, massive Mehrkosten bei Brandschutz und Statik und diverses «Unerwartetes». Aber was ist mit den Preisen? «Bei den Materialien kann man eigentlich nicht mehr sagen, alles sei teurer. Klar: Der Markt ist in Bewegung. Aber vieles hat sich auch wieder beruhigt. Holz zum Beispiel.» Immer noch sehr angespannt, ist die Lage hingegen bei den Handwerkenden. «Früher haben wir drei Betriebe angefragt und drei Offerten bekommen. Heute fragen wir acht und bekommen zwei Offerten. Viele sind zu stark ausgelastet. Das hat auch einen Einfluss auf den Preis.»
Und dieser Preis soll sich nun nicht mehr gross verändern. «Stand heute» bleibe es bei den 1.5 Mio. Franken Mehrkosten. Diese Info kommt aber auch mit der Warnung: «Aber eben, es ist und bleibt ein Umbau …»
Zeitplan und Verzicht
Die Gesamtsanierung des «Alten Hörli» kostet mehr. An der grundsätzlichen (Schulraum-)Planung hat sich aber nichts geändert: Kindergarten und Primarschule sollen Mitte 2025 vom «Dorf» ins «Hörli» umziehen. «Wir sind beim Zeitplan etwas im Verzug. Der Sommer 2025 sollte aber möglich sein», sagt Martin Zoller. Grössere Anpassungen gab es beim Bau selber. Die Mehrkosten haben eine intensive Verzichtsplanung ausgelöst. Dazu sagt Gemeinderat Peter Renn (Ressort Bau und Umwelt): «Das war hart. Eigentlich hätte wir lieber nicht so viel gespart. Aber es war nötig. Und zum Glück können wir doch viel Altes und Schönes erhalten.» Konkret betrifft das Sparen die Materialisierung, Möbel bzw. Innenausbau oder ein vereinfachtes Fenstersystem. Trotzdem: Auf gewisse Investitionen wie die Photovoltaik-Anlage wollte man nicht verzichten. Das Ziel sei schliesslich, ein nachhaltiges und langlebiges Schulhaus zu bauen. «Trotz der Mehrkosten ist die Gesamtsanierung nach wie vor der richtige Ansatz. Aus finanzieller, ökologischer und ortsbildnerischer Sicht», sagt Urs Kellenberger.