Seit Mitte Jahr wird auf Initiative des Runden Tischs «Flüchtlinge und Asylsuchende im Rotbachtal» im Pfarreizentrum Stofel regelmässig Sprachunterricht für Asylbewerbende angeboten; wir haben darüber berichtet. Doris Bürge ist eine der Lehrerinnen. Hier ihr Erfahrungsbericht.
Doris Bürge
Letzten Herbst habe ich mich für die Mithilfe beim Projekt Hilfskonvoi für Kurdistan entschieden, welches die katholische Pfarrei Teufen-Bühler-Stein beeindruckend umgesetzt hat. Dies geschah ein halbes Jahr nach der Geburt meines ersten Sohnes. Ich habe meine Berufstätigkeit aufgegeben und suchte nun nach neuen Herausforderungen.
Ich weiss nicht, ob es mit meiner neuen Rolle als Mutter zusammenhing, aber zu diesem Zeitpunkt ertrug ich die Bilder über die Kriegsgebiete, über flüchtende Familien und Menschen und über die Art, wie in unserer Gesellschaft teilweise radikal darüber debattiert wurde, nicht mehr. Ich fühlte mich ohnmächtig und hilflos.
In dieser Zeit schossen mir oft Bilder vom Film «Titanic» durch den Kopf – wie die Reichsten in den völlig unterbesetzten Booten dem Unglück den Rücken zuwandten und anderen das Recht auf Leben stahlen.
Motivation
Das Hilfsprojekt nahm seinen Lauf. Und wie es Projekte so an sich haben, sind sie nach befristeter Zeit zu Ende. Ich wusste, dass dies für mich nur ein Anfang war. Und so wartete ich regelrecht auf eine nächste Gelegenheit, mich im Bereich der Flüchtlingshilfe zu engagieren. Nebst der politischen Ebene, auf die ich nur geringen Einfluss nehmen kann, spielt sich für mich das Thema vor unseren
Haustüren ab. Die Menschen sind jetzt hier. Sie sind jetzt Teil unserer Gesellschaft. So oder so. Wir haben es mit in der Hand, wie sie sich integrieren. Darin fand ich meine Motivation, jetzt aktiv etwas für die Situation zu tun. So kam es, dass ich mich auf das Inserat der Pfarrei meldete, welche Freiwillige als Lehrpersonen für Sprachkurse für Asylsuchende im Rotbachtal suchte.
Die Idee nahm Form an. Eric Petrini leitete die zusammengewürfelte Gruppe aus Freiwilligen. Und so begann nach den Frühlingsferien für fast 30 Menschen aus sechs Nationen der Deutschkurs in zwei Klassen. Elf Lehrpersonen bereiteten sich in ihren Teams mit dem vorhandenen Lehrbuch speziell für erwachsene Migranten auf den Unterricht vor.
Mit gemischten Gefühlen
Ich profitierte von den Erfahrungen pensionierter Lehrkräfte, da ich hiermit meine ersten Erfahrungen als Lehrerin gesammelt hatte. Es wäre gelogen, zu erzählen, dass ich keine Berührungsängste mit den mir noch fremden Menschen spürte. Im Gegenteil. Das Bild vom «bösen schwarzen Mann» ist in mir derart verinnerlicht, dass ich beim ersten Mal mit gemischten Gefühlen auf die Lernenden zuging. Doch umso positiver überrascht war ich, als mich alle mit der Hand begrüssten und sich vorstellten. Und schon war das Eis gebrochen.
Im Unterricht bekamen «die Fremden» Namen, erzählten Geschichten, zeigten Gefühle durch Lachen oder in Gesprächen. Und diese Begegnungen von Mensch zu Mensch empfinde ich als sehr bereichernd und lehrreich.
Unsere Klasse besucht den Unterricht am Montag- und Mittwochmorgen zu je zwei Lektionen. Ich unterrichte mit meinen zwei Teammitgliedern am Mittwochmorgen. Der Unterricht benötigt jeweils gewisse Vorbereitungen, für die wir uns als Team aufteilen, sodass es für unsere Möglichkeiten gut vertretbar ist.
Begegnungen von Mensch zu Mensch Ich erlebe die Klasse als eine Bereicherung auf vielen Ebenen. Die Menschen sind sehr dankbar für das Angebot, auch für die Begegnung mit uns «Einheimischen», was sie regelmässig in Worten ausdrücken. Wir vermitteln, nebst der deutschen Sprache, unsere Werte und Haltungen, wir vermitteln unsere Kultur. Sie erzählen von ihren Heimatländern und Erfahrungen. Das macht es für mich spannend. Hier werden auch Brücken geschlagen. Die Begegnungen im Dorf haben sich verändert, man begrüsst sich und redet miteinander. Man begegnet sich als Menschen.
Lehrpersonen gesucht
Für meine Familie steht Anfang nächstes Jahr ein Wohnortswechsel bevor. Somit naht meinerseits das Ende des Deutschkurses im Rotbachtal. Mir ist es ein Anliegen, meine Erfahrung weiterzugeben. Das Angebot kann ausgebaut werden, neue Klassen können entstehen. Und wer weiss, vielleicht sind Sie die neue Lehrperson.
Melden Sie sich bitte bei Peter Elliker, Tel. 071 333 10 57, Mobile 079 609 14 93,
pe.elliker@bluewin.ch
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