
Interview: Erich Gmünder
Am 7. Oktober nehmen die modernisierten Appenzeller Bahnen offiziell ihren Betrieb auf – die neuen Tangozüge fahren erstmals fahrplanmässig durch das Jahrhundertbauwerk Ruckhaldetunnel von St.Gallen nach Teufen. Jahrelange Vorarbeiten und eine intensive Bauphase sind dann grösstenteils abgeschlossen.
Wir sprachen mit Sabrina Huber, Mediensprecherin der Appenzeller Bahnen, über die Herausforderungen vor dem Start.
Noch gut einen Monat, dann geht es am 7. Oktober so richtig los – was fehlt noch, damit die neuen Züge durchs Dorf tanzen können?
Zurzeit laufen die Gleisbauten im Bahnhof Teufen auf Hochdruck. Die alten Gleise und die Weiche wurden entfernt, jetzt wird das Fundament für die neue Weiche Richtung Niederteufen erstellt. Gleichzeitig beginnen die Unterhaltsarbeiten der Bahnhofkreuzung durch das kantonale Tiefbauamt. Der Verkehr wird in dieser Zeit mit einer Lichtsignalanlage geregelt; für die Fussgänger wurde eine Umleitung entlang dem Postgebäude erstellt.
Ab anfangs September folgen die ersten Testfahrten zwischen Niederteufen und St.Gallen durch den Ruckhaldetunnel. Das heisst, dass die Bahngeleise spätestens dann nicht mehr als Abstellplatz benützt werden dürfen (schmunzelt). Ab anfangs Oktober fahren dann die Testzüge bis Teufen. Bis zur Eröffnung haben wir dann nur noch eine Woche Zeit für den Testbetrieb.
Für den Start benötigen wir sechs neue Tangozüge, die teilweise bereits in Betrieb sind und teilweise noch getestet werden müssen.
Stehen Sie unter Zeitdruck?
Ja, aber wir liegen im Zeitplan. Die grosse Herausforderung ist, dass alle Teams am gleichen Zeitpunkt, nämlich am Tag X, sprich bis zum grossen Eröffnungsfest am 6. Oktober bereit sein müssen: Infrastruktur, Rollmaterial, Umschulung des Personals auf die neuen Züge, Betrieb, Zugsteuerung, Marketing etc. Dieser Challenge schweisst uns aber alle zusammen, wir spüren viel Vorfreude.
Bereits seit Mitte August sind Tango-Züge fahrplanmässig zwischen Teufen und Appenzell unterwegs. Wie sind die Reaktionen in der Bevölkerung?
Ausschliesslich positiv, und zwar seitens der Passagiere wie auch der Anwohner. Anwohner freuen sich, dass die neuen Züge so leise und erschütterungsfrei durchfahren – ja, es gibt mittlerweile bereits Reaktionen von Leuten, die sich beklagen, dass man die Züge ja gar nicht mehr höre, was gefährlich sei. Wir erhalten viele schriftliche Feedbacks via Mails oder Posts von Zugbenützern auf Facebook, und unsere Lokführer erzählen, wie die Leute grosse Augen machen, wenn sie erstmals einen Tango einfahren sehen oder einsteigen und Platz nehmen. Das ist für alle Mitarbeitenden der schönste Lohn. Das Thema ist präsent und wir werden überall darauf angesprochen.
Seit anfangs April müssen Passagiere in Teufen in den Bahnersatz umsteigen. Wie sind hier die Erfahrungen?
Auch die sind fast durchwegs positiv, das hören wir jeweils auch bei unseren Verteilaktionen in den frühen Morgenstunden, wo wir bei den Fahrgästen den Puls spüren können. Dank der früheren Abfahrt (4 Minuten gegenüber dem regulären Fahrplan) und genügend Fahrplanzeitreserven kommen die Busse auch bei den Hauptverkehrszeiten pünktlich in St.Gallen an. Kritische Rückmeldungen gibt es zur Auffindbarkeit der Haltekante X beim Neumarkt oder zu den zu Hauptverkehrszeiten leider häufig überfüllten Bussen – weshalb man oft mit Stehplätzen vorliebnehmen muss. Manchmal gibt es auch Verwirrung wegen der doppelten Führung der Busse am Morgen, wenn einzelne Fahrgäste glauben, der Bus sei ihnen vor der Nase abgefahren, der zweite jedoch noch dasteht.
Leider stellen wir auch fest, dass die Frequenzen kleiner sind als bei der Bahn, möglicherweise sind mehr Leute auf das Auto oder – vielleicht dank der langen
«Alles in allem wird man bald sehen, dass wir nicht zuviel versprochen haben.» Sabrina Huber, Mediensprecherin AB
Schönwetterperiode – auf Roller oder Velo umgestiegen. Wir hoffen natürlich, dass wir sie mit den komfortablen neuen Zügen und dem Viertelstundentakt zurückgewinnen können.
Gibt es Leute, die lieber weiter Bus fahren würden?
Das ist mir noch nie zu Ohren gekommen. Und wenn es so wäre, würden wir sie gerne daran erinnern, dass die neuen Züge komfortabler sind, nicht im Stau steckenbleiben und erst noch schneller in St.Gallen sind, nämlich in 15 statt 22 Minuten.
Ursprünglich hiess es, dass der Ausbau des Bahnhofs und der Bahnhofkreuzung während des Baustopps durchgeführt werden könne. Nun wurde bekannt, dass es Verzögerungen gibt. Was sind die Gründe?
Ja, das war unsere Absicht. Der Zeitplan war sehr ambitiös. Insbesondere bei der Bahnhofkreuzung haben Einsprachen ein zügiges Verfahren verhindert. Projektänderungen sind die Folge.
Auch beim Teilprojekt Bahnhof kam es zu Verzögerungen. Einzelne Projektelemente mussten umprojektiert werden, um beim BAV eine Bewilligung zu erhalten. Deshalb wird ein Baubeginn im 2018 verunmöglicht. Die Bauarbeiten müssen im Vollbetrieb oder allenfalls mit einem temporären Bahnstopp im Jahr 2019 durchgeführt werden.
Mit welchen Verkehrsbehinderungen hat Teufen zu rechnen?
Während der Unterhaltsarbeiten an der Bahnhofkreuzung wird wie bereits beim Eindolen des Katzenbachs wieder eine temporäre Lichtsignalanlage aufgestellt, mit Einbahn von der Ebni Richtung Dorf und Umleitung via Bächli (Auto) und Hechtstrasse (Velo). Die Busse können jedoch passieren. Wir müssen leider einmal mehr an die Geduld der Teufner appellieren. Zusätzlich werden die Fussgänger über eine provisorische Fusswegverbindung umgeleitet.

Am 7. Oktober geht es richtig los. Wie wollen Sie die Teufner ins Boot holen?
Wir haben ganz verschiedene Massnahmen, mit denen wir die Teufnerinnen und Teufner ganz direkt ansprechen wollen. Einerseits laden wir sie zu Gratis-Fahrten mit dem neuen Tango an das grosse Eröffnungsfest am 6. Oktober ein – im 20-Minuten-Takt. Und wir präsentieren uns an der Gewerbeschau Teufen mit Informationen zur Eröffnung, mit einer Feedback-Wand, wo man Wünsche pinnen kann, sowie an der Berufsschau mit Informationen über die Lehrstellen in unserem Betrieb. Und wir kommunizieren – auch das ist einmalig – proaktiv und gemeinsam mit dem Kanton AR und der Gemeinde auf der Internetplattform Zukunft-Teufen. ch. Hier wird auch laufend über die aktuellen Bauphasen der Bahn informiert.
Ist das ein Zückerchen für die Teufner als Entschädigung für die Behinderungen während der Bauzeit?
Das kann man so sehen, ja. Aber wir wollen primär gluschtig machen. Für die Teufner Bevölkerung entsteht ein echter Mehrwert, können sie nun doch mit den komfortablen neuen Tangozügen direkt ins Stadtzentrum fahren, ohne umzusteigen, und ab Anfangs 2019 in den Hauptverkehrszeiten sogar im Viertelstundentakt. Auch bieten die neuen Züge genügend Platz für Velos und Kinderwagen; in der 1. Klasse gibt es Steckdosen fürs Handy oder den Laptop, und neu fahren anstelle des Abendbusses die Züge bis Mitternacht, so dass man kein Fest und keine Aufführung im Theater mehr früher verlassen muss. Nachtbusse gibt es nur noch an Wochenenden (Freitag und Samstag).
Alles in allem wird man bald sehen, dass wir nicht zuviel versprochen haben.
Die aktuellen Baustellen im Überblick GALERIE


















Neuer Perronzugang als Knackpunkt?
Für die optimale Nutzung des Bahnhofs ist nebst dem Zugang vom Dorf auch ein direkter Zugang aus den östlichen Quartieren und den P+R-Parkplätzen zum neuen Mittelperron geplant. Dieser Zugang muss aufgrund aktueller Erkenntnisse in der geplanten Form als nicht bewilligungsfähig betrachtet werden. Die erforderliche Sicherheit für die Benützer des Zugangs sei nicht gegeben. Weitere Abklärungen und Projektanpassungen rund um diesen Zugang werden nötig sein.
Die AB und die Gemeinde Teufen setzen sich für eine kundenfreundliche und sichere Lösung ein. Das Projekt «Bahnhof Teufen» wird erst bewilligungsfähig, wenn dieser Punkt bereinigt ist. AB