Der Neugier folgen

10.03.2023 | Timo Züst
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Leandro Neff mit seiner Freundin Natalia. Derzeit arbeitet und wohnt er in Santo Domingo. Foto: zVg Leandro Neff arbeitet seit Anfang Februar in der Schweizer Botschaft in Santo Domingo. Seit über eineinhalb Jahren lebt der 25-Jährige aus Niederteufen in Lateinamerika. Er hat hier sein Studium abgeschlossen und sich ein zweites Zuhause aufgebaut. Die TP hat ihn via Internet-Telefon erreicht. Leandro Neff ist früh aufgestanden. Die digitale Uhr auf dem «zoom»-Starbildschirm hier in Teufen steht auf 10 Uhr. Bei ihm ist es erst 5 Uhr. Der Zeitunterschied vom Appenzellerland zur Dominikanischen Republik (Santo Domingo) beträgt fünf Stunden. Noch grösser ist die Differenz bei den Temperaturen. Auch im Februar zeigt das Thermometer dort fast täglich über 30 Grad an. Daran muss sich auch der 25-Jährige erst gewöhnen. Bis vor drei Wochen lebte er nämlich in Bogotá. Die kolumbianische Hauptstadt liegt auf 2640 m.ü.M. – höher als der Säntis. «Das Klima ist dort ganz anders. Auf dieser Höhe wird es natürlich auch kalt. Hier in Santo Domingo herrscht schon eher ‘Insel-Feeling’.» Trotz der Distanz von über 7700 Kilometer ist er gut zu hören. Stabile Internetverbindung sei Dank. Für das Gespräch mit der «Tüüfner Poscht» ist er eine Stunde früher wach als sonst. Anschliessend wird er seine übliche Morgenroutine nachholen. Dazu gehört der Spaziergang zur Schweizer Botschaft. Dort arbeitet Leandro seit Anfang Februar. «Diese Hochschulpraktika sind sehr gesucht. Eins zu bekommen, war ein grosser Erfolg.» Deshalb akzeptierte er das Angebot sofort, nachdem er sich bereits auf mehrere andere Botschaftspraktika in Lateinamerika beworben hatte. Von Sommer 2021 bis September 2022 absolvierte Leandro Neff in Bogotá den Master in Politikwissenschaften, zusätzlich zum Master in Internationalen Beziehungen. Während dieser Zeit hat Leandro auch seine Freundin Natalia kennengelernt, die ihn oft von Bogotá aus besuchen kommt. Inzwischen lebt er seit über eineinhalb Jahren fast ununterbrochen in Lateinamerika, und trotz der Begeisterung für diesen Teil der Welt verspürt er teilweise doch Heimweh: «An Weihnachten zum Beispiel. Da wäre ich gerne daheim gewesen.» Auf Grossvaters Spuren Aufgewachsen ist Leandro Neff in Niederteufen. Er hat aber auch familiäre Verbindungen nach Innerrhoden: «Der Grossteil meiner Verwandtschaft kommt von dort. Entsprechend bin ich dieser Region sehr heimatverbunden. » Von dieser Seite der Familie stammt auch seine Faszination für Latein- und Südamerika. Schon sein Grossvater Jakob war im Jahr 1953 nach Venezuela ausgewandert und hatte sich dort eine neue Existenz aufgebaut und eine Familie gegründet. Mit dieser für jene Zeit aussergewöhnlichen Reise beschäftigte sich Leandro Neff in seiner Maturaarbeit. «Mir war damals schon klar, dass ich da irgendwann mal hin will.» Die erste Chance kam im Jahr 2016: fünf Wochen Sprachaufenthalt in Cartagena in Kolumbien. Darauf folgten Militärdienst und 2017 der Studiumsbeginn an der HSG. Ein Semester seines Bachelors in Internationalen Beziehungen konnte Leandro Neff in Perus Hauptstadt Lima absolvieren. Das war 2019, kurz vor dem Ausbruch der Corona- Pandemie. «Da dachte ich: Am besten hänge ich den Master gleich an.» Zwei Jahre später war es dann so weit: Leandro Neff zog nach Bogotá, um hier sein Studium abzuschliessen. Während des letzten Halbjahres hielt er sich (und sein Visa) mit Aushilfsjobs wie Englischlehrer über Wasser, bis die langersehnte Zusage aus Santo Domingo kam. Sein Praktikum in der Botschaft dauert bis Anfang August. Danach muss er sich eine neue Anstellung suchen. Einen konkreten Plan hat Leandro Neff noch nicht gefasst. Aber er und Natalia wollen – mindestens für eine Weile – nach Europa zurückkehren. «Sie würde gerne in Europa studieren und ich werde mich vermutlich für den ‘Diplomatischen Concours’ bewerben.» Der Concours ist der klassische und direkteste Weg zum vollberuflichen Diplomaten. Die Ausbildung bzw. Prüfung wird vom Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) angeboten. Sie ist sehr umkämpft, er will es aber trotzdem versuchen. Die eigentliche Entscheidung folgt aber später: Will Leandro Neff das Leben eines Diplomaten leben? «Der Beruf bringt auch viele Hürden mit sich. Die Versetzungspflicht alle vier Jahre lässt sich beispielsweise nur schwer mit einer Familie vereinbaren. Zum Glück muss ich das nicht heute entscheiden.» Nicht wie «Narcos» Leandro Neff wohnt in der Nähe der Botschaft in einer «Airbnb»-Unterkunft. «Eine kleine Wohnung wäre wohl günstiger gewesen. Aber etwas für ein halbes Jahr zu finden, ist nicht einfach. Ausserdem ist es hier sicherer. » Trotz seines jungen Alters hat Leandro Neff schon in Peru, Kolumbien und der Dominikanischen Republik gelebt. Wie gefährlich sind diese Länder denn nun wirklich? «Ich fühle mich sicher, wenn ich auf der Strasse unterwegs bin. Natürlich gibt es Kriminalität und Touristen-Fallen. Aber wo nicht?» Er persönlich sei bisher nie in einer brenzligen Situation gewesen – abgesehen von einem Taschendiebstahl. Auch als seine Familie aus Niederteufen zu Besuch war, sei das Fazit sehr positiv ausgefallen. «Fast alle Europäer sind nach ihrem ersten Besuch in Kolumbien positiv überrascht. Die Realität ist eben doch nicht wie bei der Krimi-Serie ‘Narcos’ auf Netflix. » tiz

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