Heute geht es in der Hechtremise um einen Fisch: Alexandre Pelichet spielt ein vom Beststeller «Das Evangelium der Aale» von Patrik Svensson inspiriertes Stück. Die TP hat den Schauspieler gefragt, was das Publikum erwartet. Und was er eigentlich von Aalen hält.
Aale in der Hechtremise
Herr Pelichet, nicht alle Menschen sind Fans von Aalen. Viele gruseln sich ein bisschen vor dem glitschigen Fisch. Und Sie?
Ich finde ihn nicht wirklich gruselig (lacht). Allzu viele Berührungspunkte hatte ich aber mit dem Aal auch noch nicht – ich bin kein Fischer und gegessen habe ich ihn auch nicht. Rein optisch tue ich mich nicht schwer mit ihm. Ich kann aber nachvollziehen, dass es anderen so geht. Sein «medusa-artiges» Aussehen trägt auch irgendwie zum Mysterium des Fischs bei.
Wieso wird er überhaupt als geheimnisvoll bezeichnet?
Weil sich der «Europäische Aal» grösstenteils im Verborgenen hält. Bis heute wissen wir eher wenig über ihn. Die Fortpflanzung wurde beispielsweise noch nie beobachtet. Entsprechende Forschungen haben lediglich zur Annahme geführt, dass sich alle Europäischen Aale in der Sargassosee in der Nähe der Bahamas fortpflanzen. Das bedeutet, die Tiere müssen teilweise über 5000 Kilometer weit schwimmen.
Und dann ist da auch noch der faszinierende Lebenszyklus.
Genau. Ein Aal kommt als Larve zur Welt. Sie wandert dann über Jahre von eben jener See im Atlantik bis an die europäische Küste. Kurz vor der Ankunft werden aus den Larven die kleinen Glasaale. Die sind nur wenige Zentimeter gross. Später wandern sie die Flüsse als sogenannte «Gelbaale» hoch. Erst wenn sie voll ausgewachsen sind, sehen sie aus, wie die Aale, die wir kennen. Das dauert aber lange: bis zu 15 Jahre bei den Weibchen und 9 bei den Männchen.
Laut Wikipedia ist der Aal vom Aussterben bedroht. Daran sind vermutlich die Menschen schuld.
Der Aal wird durch den massiven Fischfang, Parasiten und den Eingriff in seinen Lebensraum bedroht. Besonders Glasaale werden in grossen Mengen abgefischt. Laut Umweltschutzorganisationen ist der Bestand in den vergangenen 50 Jahren weit über 90 Prozent zurückgegangen.
Sie sind ja schon fast zu einem Aal-Experten geworden.
Nicht wirklich (lacht). Das Buch von Patrik Svensson ist einfach sehr umfassend und behandelt sowohl die Natur des Aals als auch die Mystik, die den Fisch umgibt. Auch Aristoteles oder Freud haben schon über ihn geschrieben. Darum hat Svensson dem Buch wohl diesen Titel gegeben: Der Aal steht auch dafür, was wir alles noch nicht wissen. Und für das Mysterium von Leben und Tod. Der schwedische Autor hat früher mit seinem Vater Aal gefischt – er beschreibt das sehr schön.
Wie kamen Sie eigentlich auf dieses Buch?
Der Ursprung war die Idee von einem Projekt rund um das Thema Wasser. Mit Maya Franke – sie hat Regie geführt – haben wir dann eine passende Textgrundlage gesucht. Sie schlug dann irgendwann dieses Buch vor. Ich kannte es davor nicht, war aber sofort begeistert.
Und was wurde denn nun daraus? Hört das Publikum in der Hechtremise eine Lesung oder sieht es ein Schauspiel?
Es geht mehr in Richtung Spiel. Es ist ein Schauspiel-Monolog, umrahmt vom Klavier- spiel von Roberto Vasca. Natürlich handelt es sich beim Roman von Svensson nicht um einen theatralen Text. Das Stück orientiert sich aber daran und will insbesondere das Plädoyer fürs Nichtwissen und die Schönheit des Mystischen transportieren.
Sie stehen dann also 80 Minuten ganz allein auf der Bühne. Ist das intensiver als in einem Ensemble?
Das kann ich so nicht sagen. Klar: So ein Monolog ist schon eher ein Marathon. Man hat keine Möglichkeit, sich mal kurz zu erholen oder zu sammeln. Und man ist dabei natürlich völlig auf sich allein gestellt. Aber ich mag diese Herausforderung auch sehr.
Teufen ist erst der dritte Ort für die Aufführung. Wie soll es danach weitergehen?
Ich verfolge nach wie vor die Idee, das Stück irgendwo physisch am Wasser aufzuführen. Vielleicht in einer Badi oder am See. tiz