Roland Bieri singt die Landeshymne mit neuem Text. Zum Abspielen des Videos oben auf Pfeiltaste klicken.
Stimmen Sie ab: Was halten Sie von der Idee einer neuen Landeshymne? Für die Teilnahme an der Umfrage Spalte rechts herunterscrollen.
(Hier geht es direkt zu den Ergebnissen unserer Umfrage)
Roland Bieri, der offizielle Festredner der Teufner Bundesfeier 2016, überraschte die Besucherinnen und Besucher, als er im Anschluss an seine stark applaudierte Ansprache die neue Landeshymne vortrug und gleich die ganze Festgemeinde, begleitet von der Harmoniemusik Teufen, zum Mitsingen aufforderte. Wir sprachen mit ihm über die Beweggründe.
Interview: Erich Gmünder
Roland Bieri, warum engagieren Sie sich so stark für die neue Landeshymne?
Mein Engagement entstand, weil ich als langjähriger Blasmusiker am 1. August die Leidensgeschichte der Schweizer Landeshymne während über 50 Jahren hautnah miterlebt habe und mich immer wieder ärgere, weil das Volk die Hymne nicht mit Inbrunst und Engagement singt.
Bis anfangs der 70er-Jahr hat man ja „Rufst du mein Vaterland gesungen„, das ist die Melodie nach der britischen Königshymne „God Save The Queen“, und das ist dann dermassen peinlich geworden, dass man auf den Schweizer Psalm ausgewichen ist. Das war eine Verlegenheitslösung zwischen dem Blasmusikverband, den Chören und den Sportverbänden, bis 1981 der Bundesrat den Schweizerpsalm zur offiziellen Landeshymne erklärt hat.
Warum passt Ihnen dieser Text nicht?
„Trittst im Morgenrot daher“ von Pater Alberik Zwyssig finde ich zwar ein wunderschönes Kirchenlied, aber der Text passt nicht zu einer Landeshymne. Mich hat es immer beeindruckt, vor allem bei der Fussball-WM, wenn zum Beispiel die italienische Hymne oder die Marseillaise vom ganzen Stadion gesungen wird, und wenn dann die CH Landeshymne kommt, dann ist das so mehr oder weniger ein Gemurmel. Sehen Sie einmal die Fussball-Nationalmannschaft, kein einziger singt die Hymne – abgesehen davon, dass nicht alle ausgesprochen schweizerische Wurzeln haben – , man schaut peinlich berührt auf den Boden oder in die Luft hinaus. Der Text ist zu schwülstig und zu religiös, die Mehrheit unserer heutigen Bevölkerung kann nicht dahinter stehen.
Wir haben in der Schweiz nicht mehr 95 Prozent bekennende Katholiken oder Protestanten wie in den 50er-Jahren, als ich aufgewachsen bin, wir haben heute eine andere Bevölkerungsstruktur. Dazu passt ein Kirchenlied nicht mehr. Ich spreche der Kirche absolut eine wichtige Rolle zu, aber sie hat einfach nicht mehr den Stellenwert, wie vor 50, 60 Jahren. Ich selber bin ein religiöser Mensch, zwar kein regelmässiger Kirchgänger, aber ich bekenne mich zu den christlichen Grundwerten, und bin mindestens so viel in der katholischen Kirche wie in der reformierten, wo ich dazugehöre und nach wie vor Kirchensteuern zahle
[grauer-kasten title=“Der Vorschlag für eine neue Landeshymne: Weisses Kreuz auf rotem Grund“ text=“ Weisses Kreuz auf rotem Grund,
unser Zeichen für den Bund:
Freiheit, Unabhängigkeit, Frieden.
Offen für die Welt, in der wir leben,
woll’n wir nach Gerechtigkeit streben.
Frei, wer seine Freiheit nützt,
stark ein Volk, das Schwache stützt.
Weisses Kreuz auf rotem Grund,
singen wir vereint aus einem Mund.“ ]
Wird das besser mit dieser Strophe?
Ja, ich habe das Gefühl, das ist ein Text, wo sich jeder dahinter stellen kann, ob man religiös eingestellt ist, Christ, Muslim, Jude oder Atheist ist.
Aber es gibt sicher auch Leute, welche die Anrufung Gottes vermissen.
Natürlich, unser ganzes Gesetzes- und Wertesystem basiert auf der christlichen Tradition – wenn man so will, auf den zehn Geboten, und diese Werte kommen im neuen Text auch zum Ausdruck, ohne dass Gott namentlich erwähnt wird.
Was ist die Stärke des neuen Textes?
Ich muss vorausschicken, dass es nicht mein Favorit war, er kommt etwas hölzig daher für meinen Geschmack; mir gefiel eine andere Variante, aber jetzt haben wir die und ich kann mich auch dahinterstellen. Die Stärke des neuen Textes ist die Betonung der Gemeinsamkeit und der Schutz von Schwachen und Minderheiten. Das ist doch etwas, das in unserem Land sehr ausgeprägt ist und in unserem Steuersystem mit dem Ausgleich zwischen Reich und Arm oder dem Finanzausgleich auf Bundes- und Kantonsebene zum Tragen kommt.
Wie breit war denn der Wettbewerb, bei dem der neue Text auserkoren wurde?
Es hat in den 80er und 90er-Jahren verschiedentlich Leute gegeben, welche Vorschläge machten für eine neue Landeshymne, aber das ist alles im Sand verlaufen. Mit dem Wettbewerb der SGG hat man das ganze Thema wirklich breit aufgegriffen. Es sind 200 Eingaben erfolgt, daraus hat eine 40-köpfige Jury, darunter auch Köbi Freund, unser Volksmusiker, acht Varianten ausgewählt. In einem Internetvoting wurden drei Favoriten ausgewählt, diese sind in einer Radiosendung präsentiert worden, und dort hat sich das Publikum für die jetzige Variante entschieden, die meines Erachtens sehr singbar ist in allen vier Landessprachen.
Wer hatte die Idee zu dieser Premiere an der Bundesfeier in Teufen?
Das war meine ganz persönliche Initiative. Nachdem ich mich für die 1. August-Ansprache engagieren liess – und das ist ja nicht etwas, das man rasch in fünf Minuten aus dem Ärmel schütteln kann – , dachte ich mir, wenn ich mich da schon hinstelle, dann sei es mir unbenommen, das zu machen. Die Idee entstand mehr oder weniger spontan, nachdem ich las, dass die SGG die Gemeinden dazu aufgerufen hatte, die neue Strophe an den Bundesfeiern zu singen, was allerdings ausser auf dem Rütli nur an wenigen Orten gemacht wurde.
Der Gemeinderat hat nichts davon gewusst, er wurde ebenso überrumpelt wie die Besucher (lacht). Falls also jemand damit nicht einverstanden ist, dann soll er die Kritik an mich richten und nicht dem Gemeinderat an den Karren fahren. Bis jetzt habe ich aber noch keine Kritik gehört.
Werden Sie sich weiter engagieren?
Ich schaue jetzt mal zu, was passiert. Meinen Beitrag habe ich geleistet, jetzt weiss man mindestens in Teufen, um was es geht.
Der Text der bisherigen Landeshymne: Der Schweizerpsalm