«Demenz – nicht im Traum»

29.11.2023 | Sepp Zurmühle
Demenz_Info (5)

Sepp Zurmühle

Alle 16 Minuten erkrankt jemand in der Schweiz an Demenz. Doch «Menschen mit Demenz wollen am gesellschaftlichen Leben teilhaben und dazugehören». Der Kurzfilm «Nicht im Traum» von Astrid Menzel geht unter die Haut. Gezeigt wird er an einem Info-Abend zum Thema Demenz im Lindensaal. Angela Schnelli von «Alzheimer St. Gallen/beider Appenzell» gibt Antworten als Fachperson. Das breite Angebot an Entlastungsdiensten wird vorgestellt und Fragen aus dem Publikum beantwortet.

Es ist ein richtiger Winterabend mit Schnee und Kälte. An diesem 28. November um 19 Uhr ist der Lindensaal in Teufen gut besetzt. Rund 60 bis 70 von Demenz betroffene Menschen, Angehörige, Interessierte und Fachleute folgen der Einladung der Fachorganisation Alzheimer St. Gallen/beider Appenzell und dem Netzwerk Demenz Appenzell Ausserrhoden. Die Geschäftsführerin Regula Kündig führt durch den Abend und stellt den anwesenden Fachpersonen Fragen.

Nicht im Traum

Während 21 Minuten zeigt der Film von Astrid Menzel, wie ein altes Paar sich weigert ihren körperlichen und geistigen Verfall anzuerkennen. «Demenz und körperliche Gebrechlichkeit verwandeln Paul und Elisabeth in hilflose Marionetten ihrer selbst. Die Nacht wird zum Tag und der Alltag zum Albtraum. In der symbiotischen Beziehung zwischen Pauls noch wachem Geist und Elisabeths körperlicher Rüstigkeit versuchen sie, ihr Leben ohne grosse Hilfe von aussen aufrechtzuerhalten. Aber Verzweiflung und andere Ermüdungserscheinungen nagen schon länger an ihnen. Beide wissen, dass sie ein Leben ohne fremde Hilfe nicht mehr führen können. Anerkennen wollen sie diesen Umstand deshalb aber noch lange nicht.». (Regie und Drehbuch: Astrid Menzel, Bremen, D).

Der Film «Nicht im Traum» ist realitätsnah, direkt und sehr berührend. Er führt dem Publikum schonungslos vor Augen, wie man es eben gerade nicht machen sollte. Nämlich verdrängen und alleine weiterwursteln bis die Situation für alle Beteiligten vollkommen unerträglich, unwürdig und unmenschlich ist.

Aus fachlicher Sicht

Angela Schnelli, Präsidentin von Alzheimer St. Gallen/beider Appenzell und Leiterin der Fachstelle Spitexentwicklung im Spitex Verband Thurgau, kommentiert den Film und beantwortet Fragen von Regula Kündig und dem Publikum.

In der Schweiz sind aktuell rund 153’000 Menschen an Demenz erkrankt. 32’900 Personen werden jährlich neu mit einer Demenzdiagnose konfrontiert. 66 Prozent sind Frauen. Über 7’800 Menschen oder rund 5 Prozent sind vor dem 65. Lebensjahr von Demenz betroffen. Das Alter ist der grösste Risikofaktor. 1 bis 3 Angehörige pro erkrankte Person engagieren sich in der Betreuung und Pflege.

Diese Diagnose verunsichert die erkrankten Personen, genauso wie Angehörige, Freunde und Bekannte. Aus dem Publikum werden denn auch zahlreiche Fragen gestellt. Sie reichen von Suizidraten und Exit-Anmeldungen bei Demenzerkrankten bis hin zur Sorge, ab wann eine KESB (Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde) aktiv werde. Diese wird nur aktiv bei Urteilsunfähigkeit «UND» einer allfälligen Selbst- oder Fremdgefährdung – nicht aber im Normalfall. Was ist zu tun, wenn im Umfeld des betroffenen Menschen die Meinungen komplett auseinandergehen, bezüglich Verhalten und Massnahmen usw..

Organisation Ausserrhoden

Innerhalb der Dach-Organisation Alzheimer Schweiz, welche die zentrale, nationale Anlaufstelle und das Wissenszentrum für alle Fragen zu Demenz ist, arbeitet die oben erwähnte Sektion in St. Gallen. Alzheimer St. Gallen/beider Appenzell (www.alzsga.ch) engagiert sich in der Ostschweiz für Menschen mit Alzheimer oder einer anderen Form von Demenz.

In Appenzell Ausserrhoden gibt es verschiedene Fachorganisationen, welche die Angebote und Dienstleistungen im Demenzbereich anbieten. Sie haben sich zum «Netzwerk Demenz Appenzell Ausserrhoden» zusammengeschlossen. Das Netzwerk koordiniert die Hilfestellungen, damit Betroffene und ihr Umfeld Unterstützung und Begleitung während des gesamten Krankheitsverlaufes erhalten. Zudem informiert das Netzwerk die Öffentlichkeit zum Thema Demenz mit dem Ziel, Vorurteile und Stigmatisierungen abzubauen.

Immer im Dialog bleiben

Betont wird, dass jeder Fall ein Einzelfall und jede Familienkonstellation einzigartig sei und immer individuelle Lösungen gefragt sind. Zentral sei bei diesem schambehafteten Thema und bei allen Schwierigkeiten, «immer im Gespräch zu bleiben» und auch bei Differenzen den Dialog nie abbrechen zu lassen. Die beobachteten Veränderungen sollen offen und frühzeitig innerhalb der Familie und den Freunden thematisiert werden.

Als Prävention hilft: möglichst lange körperlich und geistig aktiv und in Bewegung bleiben, sich gesund ernähren, täglich genügend und gesunde Flüssigkeit zu sich nehmen, am gesellschaftlichen Leben teilhaben, Feste und kulturelle Anlässe besuchen, im Austausch mit anderen Menschen bleiben usw..

Ist eine Demenz diagnostiziert oder nehmen gewisse Fähigkeiten mehr und mehr ab, ist es von grossem Vorteil für alle Beteiligten, wenn «rechtzeitig» mit ersten kleinen Schritten angefangen wird. So können z.B. erste Entlastungsdienste in Anspruch genommen werden, damit betreuende Angehörige entlastet werden. Dies kann ein Mahlzeitendienst, ein Entlastungsdienst für einzelne Stunden oder die Spitex (auch als Haushalthilfe) sein. Gerade im Fall von Demenz empfiehlt sich der frühzeitige Einbezug von Fachpersonen. Dies um schrittweise – über die Jahre – die Angebote im Sinne des Patienten und der Angehörigen und im gegenseitigen Austausch und Verständnis anpassen zu können.

Konkrete Angebote AR

Im letzten Teil des Informationsanlasses erfährt das Publikum von den Verantwortlichen einzelner Organisationen im Netzwerk, welche Leistungen sie anbieten. Regula Kündig stellt jeweils kurze Zusatz- und Verständnisfragen. Broschüren liegen auf.

Ihre Angebote stellen vor (v.l.n.r):

  • Astrid Graf (Sozialdienst Spital Herisau)
  • Marianne Buchli (Pro Senectute AR)
  • Angela Koller (Hospiz- und Entlastungsdienst)
  • Regula Kündig (Alzheimer St. Gallen/beider Appenzell)
  • Köbi Egli (CURAVIVA Appenzellerland vertritt die Heime)
  • Annamaria Sprecher (Entlastungsdienst Appenzellerland)
  • Danijela Jankovic (vertritt die Spitex-Organisationen Appenzellerland, Rotbachtal und Vorderland).
  • Silvia Hablützel (Zwäg is Alter / Pro Senectute)

Es ist augenscheinlich: Das Angebot im Kanton ist umfangreich und vielfältig. So wie es auch die Bedürfnisse sind. Wichtig ist, sich vor Ort über die einzelnen Angebote zu informieren und auch zu spüren, ob einem dieses oder eher das andere Angebot doch besser passen würde. Man soll sich auch nicht scheuen beispielsweise in einem Altersheim mit dem Personal oder Bewohnenden direkt in Kontakt zu treten, um sich eine persönliche Meinung zu bilden.


Bevor die Anwesenden beim offerierten Apéro eifrig weiterdiskutieren und sich austauschen, richtet Gemeindepräsident Reto Altherr eine paar persönliche Schlussworte ans Publikum und dankt allen Anwesenden für ihr grosses Engagement zum Wohl der Betroffenen in unserem Kanton.

Top-Artikel

Top-Artikel

Anzeige

Anzeige

Gruengut-Animation2024-Mai

Nächste Veranstaltungen

Dienstag, 07.05.2024

Maibummel

Dienstag, 07.05.2024

Pro Juventute: Mütter- und Väterberatung

Aktuelles

×
× Event Bild

×
×

Durchsuchen Sie unsere 7201 Artikel

Wetterprognose Gemeinde Teufen

HEUTE

06.05.24 20:0006.05.24 21:0006.05.24 22:0006.05.24 23:0007.05.24 00:00
9.2°C9.1°C9°C8.7°C8.5°C
WettericonWettericonWettericonWettericonWettericon

MORGEN

07.05.24 05:0007.05.24 09:0007.05.24 12:0007.05.24 15:0007.05.24 20:00
7.8°C8.8°C9.9°C10.5°C8.6°C
WettericonWettericonWettericonWettericonWettericon