Das Zeughaus als Treffpunkt und Ideengeber

23.01.2016 | Erich Gmünder
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Ein Blickfang war das Dorf, das sich 4. Klässler nach ihren Vorstellungen gebaut hatten.

Bildbericht: Erich Gmünder

Treffpunkte früher, heute, morgen – unter diesem Motto ging das 2. Zeughaus-Café über die Bühne im Erdgeschoss des Zeughauses. Schüler präsentierten ihre Vorstellungen von einem Dorf, Jugendliche befragten Senioren nach ihren Treffpunkten in Zeiten, als es noch keine Jugendtreffs, WhatsApp und Co gab, und die Verantwortlichen des Zeughauses zogen Bilanz zum Betrieb in den drei Geschossen des 2012 neu eröffneten Kulturzentrums.

 

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Stolz führten die 4.Klässler Besucher, Eltern und Angehörige durch „ihr“ Dorf aus bunten Kartonhäusern, das sie im Fach Mensch und Umwelt bei Marcel Urscheler entwickelt und im Zeughaus aufgebaut hatten. Ein Dorf mit Häusern, Geschäften, Kiosk, Garage, Badi, einer Kirche und einem Schulhaus.

Das sei zwar schön anzuschauen, sagte Marcel Urscheler, doch im Vordergrund sei die Auseinandersetzung gestanden, der Weg sei das Ziel gewesen. Vieles sei in einer Art Gemeindeversammlung diskutiert und demokratisch beschlossen worden.

Viel fürs Leben gelernt

„Es gab nämlich ein paar „Freche“, die haben ein grosses Haus gebaut, so dass daneben nur noch ein schmales Haus gebaut werden konnte.“ Das habe dann Diskussionen wie an einer Gemeindeversammlung gegeben.  So habe man sich bei der  Baubewilligungsbehörde über die Bauvorschriften kundig gemacht.

Darf man in einem Wald bauen, wie gross muss der Abstand zum Nachbarn sein, darf die Kirche höher sein als ein normales Haus – alle diese Fragen hätten das Bewusstsein für die Gestaltung des Zusammenlebens im Dorf gestärkt. Auch die Wasserversorgung wurde besucht.

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Das Schulhaus sei übrigens erst ganz am Schluss dazu gekommen, verriet Marcel Urscheler. Die Kinder hätten gelernt, zu argumentieren. Und sie hätten sich immer wieder gefragt, was macht unser Dorf attraktiv – und sich dann stark gemacht für eine eigene Brauerei  und ein Schloss mit Führungen und Bed and Breakfast sowie ein Apple-Auto. Damit wollten die Kindern Ausflügler anziehen und tauften dann das Dorf folgerichtig als St. Ausflügler.

„Auf ihrer Stufe haben die Kinder Erfahrungen gemacht, die auch Erwachsene machen, wenn sie ein Haus bauen oder sich im Dorf engagieren wollen – das bleibt ihnen sicher zeitlebens in Erinnerung“, sagte Marcel Urscheler.

Erdgeschoss: Die Einfachheit macht die Attraktivität aus

Gallus Hengartner ist Leiter Betriebe und als solcher zuständig für den Betrieb des Veranstaltungssaales im Erdgeschoss. Er zog eine positive Bilanz über den dreieinhalbjährigen Betrieb seit der Eröffnung im Sommer 2012. „Das Erdgeschoss hat sich wirklich als Treffpunkt etabliert, genau so, wie wir uns das ursprünglich vorgestellt haben – es ist offen für jedermann.“ Das Zeughaus sei für alle da: „Für Alt und Jung, Vereine, Firmen, Präsentationen, Hochzeiten, Bundesfeier, Wahlpodien, Tagungen, Hauptversammlungen, Theater, Fasnacht, Viehschau – das ganze Leben spielt sich hier ab.“

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Moderator Hanspeter Spörri mit den drei Hauptprotagonisten des Zeughauses Gallus Hengartner, Ueli Vogt und Martin Ruff (v.l.)

Als Kontrapunkt zum Lindensaal soll das Erdgeschoss bewusst ein einfacher Veranstaltungsraum sein, ohne riesige Infrastruktur – eine Basis, aus der alle Nutzer etwas nach ihren Bedürfnissen gestalten können. Tische, Stühle, eine mobile Bühne, Küche und Office und die sanitären Anlagen würden im Basisangebot mit der Raummiete zur Verfügung gestellt.

Bewusst habe man aber keine Scheinwerferanlage und keine Lautsprecher installiert. Das werde zwar manchmal auch bemängelt. „Aber wenn man zuviel Technik verbaut, verliert der Raum seine Attraktivität und Vielseitigkeit, denn für mich macht genau diese Einfachheit seine Attraktivität aus“. So lasse er viel Raum zum selber Gestalten offen. Das sei von Anfang an so gewollt gewesen und stehe auch so in den Abstimmungsunterlagen.

Der Betrieb sei bis jetzt ohne grosse Probleme gewesen. Dank der etwas peripheren Lage gebe es – im Gegensatz etwa zur Hechtremise – auch  keine Probleme mit der Nachtruhe. Die Nachbarn zeigten sich kooperativ, sie würden jeweils auch darauf hingewiesen, wenn ein Grossanlass mit Immissionen geplant sei.

Lebendiges Museum oder Die Kunst der Irritation

Ueli Vogt, Kurator der Grubenmannsammlung und auch zuständig für die „kulturelle Mitte“, die Ausstellungsräume im Mittelgeschoss, gab Einblicke in seine Philosophie der Irritation. Er zeigte an den bisherigen Ausstellungen und Zwischenstellungen sein Anliegen auf, Themen, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben, in Verbindung zu bringen.

„Die Grubenmannsammlung ist eine grossartige Sammlung, aber wer interessiert sich schon für Holzbauingenieurskunst aus dem Barock, das sind ganz wenige Leute, die das mehrmals anschauen, deshalb besteht die Kunst, immer wieder neue Zugänge zu schaffen, die Optik zu wechseln“. Zwei Methoden stehen für ihn dabei im Vordergrund: Das Weiterentwickeln und das Shiften.

Mit Shiften meint er das Stilmittel, den Standpunkt zu verändern, wie das beispielsweise mit den bemalten Möbeln passiert sei. Der langhaarige, schwarze Teppich habe dazu eingeladen, sich niederzulegen und die Perspektive zu wechseln. Als Beispiel für Weiterentwicklungen nannte er die Appenzeller Motive der Schränke, die von bekannten Designers als Inspiration für Stoffe und Turnschuhe weiterverwendet wurden. Volkskundler seien „schwer irritiert“ gewesen, als Models an einer Fashion Week mit Appenzeller Motiven auftreten. „Darf man das? Ja, nur so lebt diese Kultur weiter, sonst verstaubt sie in den Archiven“, sagte Ueli Vogt.

Vermittlung

Wichtig ist dem Kurator auch die Vermittlung an die nachwachsende Generation. Er erwähnte den Kanton, der ermöglicht, dass alle Kinder unter 16 Jahren gratis ins Museum gehen können. Im Zeughaus Teufen malen sie zum Beispiel Bilder der Hans-Zeller-Sammlung ab und lernen, ihre eigenen Vorstellungen von Landschaft umzusetzen, oder sie bauen oder erfinden nach dem Vorbild der Grubenmänner eigene Brücken.

Und manchmal kämen auch „grössere Kinder“ und bauten gemeinsam eine Da Vinci-Brücke, ganz ohne Nagel oder Schrauben, schmunzelte Ueli Vogt – und zeigte ein Erinnerungsfoto, wie der Ausserrhoder Regierungsrat zum Abschied von seinem Kollegen Jakob Brunnschweiler stolz vor einer selber gebauten Brücke posiert.

Jung und Alt im Dialog

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Thomas Ortlieb mit Schülern.

Ein hübsches Beispiel, was herauskommt, wenn ein generationenübergreifender Dialog zustande kommt, zeigte Thomas Ortlieb von der Kinder- und Jugendberatungsstelle KJAT. Eine Gruppe Jugendlicher hatte Senioren im Altersheim Bächli besucht und sie vor laufender Kamera über Freizeitgewohnheiten und Treffpunkte in ihrer Jugendzeit befragt.

Deutlich wurde im Kurzfilm, dass die Gross- und Urgrosselterngeneration in der Kindheit zu Hause helfen musste und wenig Zeit für Ausgang oder zum Abmachen hatte. Und Lacher produzierten die erfrischenden Aussagen der älteren Bewohner zur Entwicklung ihres Dorfes: „Die modernen Villen passen nicht zu uns. Aber die auf der Gemeinde wollen das ja so; Zuzügler, die finanziell gut gestellt sind, und die wollen eben nicht in so Klapperkisten wohnen…. Unser Dorf ist moderner geworden, aber nicht schöner.“

Positives Fazit

Gemeinderat Martin Ruff, der den Anlass mit der Kulturkommission initiiert hatte, zeigte sich am Schluss zufrieden mit der 2. Auflage. „Ein interdisziplinärer Austausch, der uns näher brachte, das Verständnis für einander förderte und öffnete, Wissen von den Andern aufzunehmen und für uns zu nutzen.“

Zwar sei der Saal bei der ersten Durchführung vor zwei Jahren „pumpenvoll“ gewesen. Die Veranstaltung habe aber interessante Verbindungen aufgezeigt zwischen den Projekten der Jugendarbeit, der Schule und den Anlässen im Museum, und mit den filmischen Interviews der älteren Einwohner sei auch ein Bogen gespannt worden zur Teufner Geschichte.

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