Vom 17. März bis zum 27. April stand das Tagesgeschäft in der Berit Klinik still – nur noch Notfälle wurden behandelt. Die Mitarbeitenden kümmerten sich stattdessen im kantonalen «Corona-Spital» in Herisau um Covid-Patienten. Was bedeuten diese Ausfälle für die Klinik? Und wie geht man hier heute mit Corona um? Ein Besuch beim Teufner CEO Peder Koch.
Die grosszügigen Schiebetüren der Berit Klinik öffnen sich nicht mehr automatisch. Ankommende werden über die «Sicherheitsmassnahmen für Besucher im Zusammenhang mit dem Coronavirus Covid-19» informiert. Wer trotzdem herein will, muss sich vorher anmelden. Die TP darf rein, sie hat einen Termin bei CEO Peder Koch. Allerdings nur mit Maske, Abstand und nach ausführlicher Hände-Desinfektion. «Wir haben uns bewusst für eine sehr strikte Regelung entschieden. Die Sicherheit unserer Patientinnen und Patienten sowie Mitarbeitenden steht an erster Stelle.» Bei der Begrüssung in seinem Büro mit Aussicht auf das Dorfzentrum Speicher trägt auch Peder Koch eine Maske. Der 51-jährige Teufner ist seit zwölf Jahren erfolgreicher CEO der Berit Klinik. Die vergangenen Monate haben ihn vor völlig neue Herausforderungen gestellt. Die Pandemie kam hier am 17. März an. Damals beschloss die Gesundheitsdirektion AR, die Patienten der ersten Covid-19-Welle zentral im Spital Herisau zu behandeln. Das galt sowohl für Ausserr- als auch für Innerrhoden. Möglich war das nur mithilfe der Privatkliniken. «Wir haben unser Personal und unsere Ressourcen gerne zur Verfügung gestellt. Das war eine Frage der Solidarität.» Das bedeutete aber auch: Reduktion des Klinik-Betriebs um über 70 Prozent – mit Ausnahme von Notfall-Operationen und Reha-Patienten – bis Ende April. Zum Vergleich: Pro Jahr werden in der grössten Orthopädischen Klinik der Ostschweiz (Speicher und Niederteufen) sonst rund 7000 Operationen durchgeführt. Ein herber Schlag. «Wir haben uns aber von Anfang an auf die Vorbereitung für die Zeit nach dem Lockdown fokussiert. In so einer Situation das Negative zu betonen, nützt niemandem etwas.»
Corona-Tests für alle
Wegen des Lockdowns musste ein Grossteil der Operationen verschoben werden. «Wir haben deshalb früh ein Konzept ausgearbeitet, wie wir diese Operationen nachholen können, ohne dabei Patienten oder Mitarbeitende zu gefährden.» Dazu gehört auch eine rigorose Test-Strategie. Jede Person, die sich in der Berit operieren lässt, wird wenn möglich einen Tag früher zum Corona-Test aufgeboten. «Wir haben dafür extra einen separaten Zugang zum Labor eingerichtet.» Die Resultate liegen nach 4,5 Stunden vor. Sind sie negativ, wird operiert. Falls nicht, wird der Eingriff verschoben. Dazu kam es bisher drei Mal. Dieses Vorgehen stosse bei den allermeisten Patienten auf Verständnis und Dankbarkeit. Etwas anders sehen es die Krankenkassen. «Tests werden nur bezahlt, wenn bereits Symptome vorhanden sind.» Für dieses Vorgehen hat Peder Koch kein Verständnis. Patienten nur bei bereits vorhandenen Symptomen zu testen, widerspreche der Grundidee. «Einerseits zeigen längst nicht alle Träger Symptome und andererseits wird ein Patient mit Fieber oder Husten sowieso nicht operiert.» Die Berit Klinik hat deshalb kurzerhand entschlossen, die Kosten selbst zu übernehmen. Mit diesem Sicherheitskonzept (inkl. Abstand, Maskenpflicht und Besucher-Regulierung) hofft Koch, bis zur Umsetzung einer schlagkräftigen Impfstrategie Corona-frei zu bleiben. «Und überstanden ist die Pandemie meiner Ansicht nach frühestens im Frühling 2021.»
Wirtschaftlicher Schaden?
Corona-Politik
Als CEO einer Privatklinik bewegt sich Peder Koch in einem ähnlichen Spannungsfeld wie der Bundesrat während der Corona-Krise. An oberster Stelle steht für ihn die Gesundheit der Patientinnen, Patienten und Mitarbeitenden. Gleichzeitig muss er auch die ökonomischen Faktoren im Blick behalten und wenn möglich einen Gewinn erwirtschaften. Was hält er von der Corona-Politik des Bundesrates? «Grundsätzlich hat er es gut gemacht. Bis zu den plötzlichen, massiven Lockerungen. Da hat man sich wohl dem Druck der Lobbys gebeugt. Mit diesem Schritt hat man sich in der Bevölkerung viel Vertrauen verspielt. Viele haben sich gefragt: Warum haben wir uns denn jetzt so lange so angestrengt?» Trotzdem erwartet er keinen zweiten Lockdown. Insbesondere, weil das die Schweizer Wirtschaft kaum verkraften würde. Auch die seit Wochen wieder steigenden Fallzahlen relativiert er. «Es sind hauptsächlich die Jungen, die sich nun anstecken. Denn die Einweisungen in Krankenhäuser und die Todesfälle steigen nicht an.» Da die Übertragung des Virus im Ausgang – beispielsweise in Clubs – kaum verhindert werden kann, seien deshalb die grundlegenden Massnahmen weiter essenziell: Abstand halten, Maske tragen und desinfizieren. «Wenn sich alle daran halten würden, hätten wir gar keine Neuinfektionen.» tiz