"Das ist nicht realistisch"

09.04.2019 | Timo Züst
Portrait Landammann Matthias Weishaupt Enthuellung (48)

Gesundheitsdirektor Matthias Weishaupt bei der Enthüllung seines Landammann-Porträts im Gemeindehaus Teufen im Dezember 2018. Foto: Archiv/Erich Gmünder

Timo Züst

Die SP Innerrhoden macht sie wieder zum Thema: die Spitalregion Ostschweiz. Die TP haben den Teufner Noch-Gesundheitsdirektor Matthias Weishaupt gefragt, was für Chancen diese Idee hat.

Heute war im Tagblatt ein Artikel mit dem Titel «Ein neuer Anlauf für Spitalregion Ostschweiz» zu lesen. Den Input dafür gab die SP Innerrhoden. Sie will darüber an der Landsgemeinde vom 28. April abstimmen lassen. Inwiefern wird dieses Thema auch in AR diskutiert?

Das Thema war auch in Appenzell Ausserrhoden Gegenstand von Diskussionen, zum Beispiel im Rahmen von parlamentarischen Anfragen.

Sie haben viel Erfahrung als Gesundheitsdirektor von AR. Ganz grundsätzlich: Wie realistisch ist die Umsetzung einer solchen übergeordneten Spitalstrategie in der Ostschweiz?

Die Gesundheitsplanung und -versorgung ist eine ureigene Aufgabe jedes Kantons zur Versorgung der Kantonsbevölkerung mit stationären Leistungen. Solange wir föderale staatliche Strukturen haben, muss auch Appenzell Ausserrhoden diese Aufgabe wahrnehmen. So steht es in der Verfassung. Gemäss Krankenversicherungsgesetz müssen die Kantone ihre Spitalplanungen koordinieren. Die Planung zwischen den Kantonen ist daher sicher möglich, unter Umständen wäre sogar eine gemeinsame Spitalliste denkbar. Aber eine «Spitalregion Ostschweiz» ist nicht realistisch. Ob dies aus Versorgungssicht sinnvoll ist, müsste auch geprüft werden.

Warum?

In jedem der beteiligten Kantone müssten separat zuerst entsprechende politische Entscheide gefällt werden. Die Erfahrung zeigt, dass dies aktuell kaum zu erreichen ist. Hinzu kommt, dass auch mit einer «Spitalregion Ostschweiz» nicht alle zur Versorgung der Bevölkerung erforderlichen Leistungen umfassend abgedeckt werden könnten. So sind wir zum Beispiel auch auf die stationären Angebote der Universitätsspitäler angewiesen.

Die Befürworter eines Zusammenschlusses führen meistens das Thema Finanzen ins Feld: Je grösser der Verbund, desto günstiger soll es insgesamt werden. Sind Sie auch dieser Meinung?

Die Erfahrung zeigt, dass der Erfolg eines Spitals – qualitativ und finanziell – nicht primär von der Grösse abhängt. Welches die ideale Grösse eines Spitals ist, wird in der Fachwelt sehr unterschiedlich beurteilt. Die Grösse allein ist kein Erfolgsgarant.

Was wären sonst die – ganz grob zusammengefasst – Chancen und Risiken einer Spitalregion Ostschweiz?

Die Frage nach den Chancen und Risiken einer «Spitalregion Ostschweiz» ist – Stand heute – eine Diskussion im luftleeren Raum.

Die Spitäler sind nicht nur essenziell für die Gesundheitsversorgung, sondern auch ein wichtiger Arbeitgeber. Würden die vielen Standorte in einer grösseren Spitalregion noch Sinn machen? Oder anders gefragt: Müssten Standorte und Stellen hinterfragt werden?

Im Vordergrund steht die qualitativ gute und bezahlbare Gesundheitsversorgung. Unter Berücksichtigung der Entwicklungen im Gesundheitswesen, z.B. aufgrund des technologischen Fortschritts oder der Verlagerung vom stationären in den ambulanten Bereich, kann eine Überprüfung der Angebote je Standort sinnvoll sein. Es sind verschiedene Massnahmen denkbar: etwa Spezialisierung, Reduktion der Standorte, ambulante Gesundheitszentren oder eine Kombinationen dieser und weiterer Massnahmen.

Innerhalb der einzelnen Spitalregionen gibt es auch Herausforderungen zu bewältigen. In AI wurde gerade ein Defizit ausgewiesen, AR hat mit Heiden zu kämpfen und in SG wird eine intensive Diskussion über die Standorte geführt. Müssten die einzelnen Verbünde erst diese Probleme lösen, bis ein Zusammenschluss machbar wäre?

Der Spitalverbund Appenzell Ausserrhoden hat in den letzten vier Jahren sein Defizit stark reduziert. 2018 resultierte noch ein Verlust von gut einer halben Million Franken, und für 2019 darf mit einem positiven Abschluss gerechnet werden. Unterschieden werden muss zwischen einer Spitalregion und einem gemeinsamen interkantonalen Spitalverbund. Das sind zwei verschiedene Dinge.

Warum ist diese Differenzierung wichtig?

Die Realisierung einer «Spitalregion Ostschweiz» ist für mich in den nächsten Jahren nicht realistisch. Die Gründung eines interkantonalen Spitalverbundes ist immerhin denkbar. Die Erfahrung zeigt aber, dass dies politisch schwierig ist. Appenzell Ausserrhoden und Appenzell Innerrhoden mussten diese Erfahrung mit dem gemeinsamen Projekt «Spitalverbund Appenzellerland» machen, das 2014 nach drei Jahren abgebrochen wurde. Letzten Monat hat das Stimmvolk der Kantone Basel-Landschaft und Basel-Stadt die Gründung eines gemeinsamen Spitalverbundes beider Basel abgelehnt.

Welche Vorgehensweise würde mehr Sinn machen?

Zielführender ist in einer ersten Phase ganz sicher die Zusammenarbeit der einzelnen Spitäler auf Betriebsebene. Dies erfolgt bereits heute in verschiedenen Bereichen über die Kantonsgrenzen hinweg und kann durchaus intensiviert werden. Die Erfolgsaussichten für alle Zusammenarbeitsformen erhöhen sich, wenn zuerst die Spitäler bestehende Probleme vor Ort lösen. Der grosse Vorteil der Zusammenarbeit zwischen einzelnen Spitälern ist, dass damit Synergien gewonnen und Doppelspurigkeiten vermieden werden können. Das zeigt sich heute beispielsweise auch durch die Intensivierung der Zusammenarbeit der Standorte im Spitalverbund Appenzell Ausserrhoden.

Teufen hat schon lange kein eigenes Spital mehr. Wäre die Bildung einer Spitalregion Ostschweiz für die Gemeinde überhaupt spürbar?

Das ist eine hypothetische Frage, die sich so nicht beantworten lässt. Sicher ist, dass der Kanton die qualitativ gute Gesundheitsversorgung der gesamten Bevölkerung auf dem gesamten Kantonsgebiet im Fokus hat.

Und letzte Frage: Sie geben Ihr Amt Ende Mai ab. Sind Sie froh, diese Diskussion Ihrem Nachfolger übergeben zu können?

Ich war gerne Gesundheitsdirektor und werde mein Wissen bis zum letzten Tag einbringen. Aufgrund der Amtszeitbeschränkung geht meine Zeit als Regierungsrat von Appenzell Ausserrhoden nun zu Ende. Ich freue mich, dass ab Juni 2019 Yves Balmer, der neue Direktor des Departements Gesundheit und Soziales, die Arbeit weiterführen wird.

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