Bildbericht: Erich Gmünder
Am 21. Mai 2017 wird in Teufen über die Kurztunnel-Initiative abgestimmt. Möglich gemacht hat dies ein Komitee, das letzten Sommer innert kurzer Zeit 919 gültige Unterschriften sammelte. Im Gespräch mit der Tüüfner Poscht erläuterten eine Vertreterin und zwei Vertreter des Komitees ihre Motive.
Im Zentrum ihrer Überlegungen steht die Lebensqualität im Dorfzentrum sowie die Sicherheit der schwächeren Verkehrsteilnehmer, wie Köbi Brunnschweiler, Susan Meier und Werner Hugelshofer bei unserem Treffen klarmachen. Aber auch was die baulichen Eingriffe ins Dorfbild angeht, vertreten sie eine diametral entgegengesetzte Haltung wie der Gemeinderat.
Das Ortsbild und die Sicherheit der Kinder
Als sie durch die Heirat mit ihrem Mann von Engelburg nach Teufen gezogen sei, habe sie sich gleich in das Dorf mit den schönen alten Häusern verliebt. Teufen bedeute für sie heute Heimat, erzählt Susan Meier. Angetrieben werde sie jedoch vor allem von der Sorge um die Sicherheit der Schüler, sagt die Mutter von zwei schulpflichtigen Kindern. «Der Argumentation, dass die Doppelspur für die Kinder sicherer sein und deshalb sogar langfristig bis Niederteufen verlängert werden soll, kann ich nicht folgen.» Sie beruft sich dabei auf Unfallstatistiken mit Tramunfällen aus der Stadt Zürich, die etwas Anderes aussagen würden. «Hier suggeriert man Pseudosicherheit», sagen auch Köbi Brunnschweiler, der frühere Ausserrhoder Baudirektor, und Werner Hugelshofer, ehemaliger Gemeinderat von Teufen. Dass die Verdoppelung der Anzahl Bahngeleise zu mehr Sicherheit führe, widerspreche jeglicher Logik. Zudem habe der Fussgänger auch am Fussgängerstreifen kein Vortrittsrecht gegenüber der Trambahn.
Es gelte nun, das Bewusstsein der Bevölkerung für diese massiven Eingriffe in die Lebensqualität zu schärfen.
Lebensqualität auf dem Spiel
Die Sicherheit der Velofahrer sei primär im engeren Dorfbereich zwischen Bahnhof und Engpass Elektro Nef gefährdet und nicht entlang der Strasse Richtung Niederteufen. Die Tunnellösung würde aus ihrer Sicht die Problematik im Dorfzentrum entscheidend entschärfen. Zudem werde das Dorf durch die Doppelspur zweigeteilt.
Leiden würde aus ihrer Sicht aber auch der Dorfkern als lebenswertes Zentrum mit seinen Geschäften. «Das Dorfzentrum ist organisch gewachsen und erzeugt Identität», sagt Werner Hugelshofer. Durch die Doppelspur entstehe eine «Autobahn» durchs Dorf.
Zwar würden die Trams zeitweise den Verkehr im Pulk anführen, dafür hätten die optische Verbreiterung und die Aufhebung des Engpasses bei Elektro Nef – bisher eine Art Stadttor – nachteilige Effekte. Ungelöst sei auch die Parkplatzfrage, die für die Dorfgeschäfte überlebenswichtig sei. Bei einer Tunnellösung erübrige sich ein teures Parkhaus.
«Ein riesiger Fladen»
Sorgen macht dem Komitee aber auch die Gestaltung des Bahnhofkreisels mit Lichtsignalanlage, der ein neuralgischer Punkt bleibe – und zudem das Dorf verschandle. «Wenn das realisiert wird, gibt es da einen riesigen Fladen zwischen Post und Bahnhof, und Staus sind programmiert», sagt Köbi Brunnschweiler. Zudem müssten wegen dem Einbau des dritten Gleises im Bahnhof und der neuen Streckenführung der Baum, die Wetterstation, der Veloparkplatz sowie auch einige Parkplätze weichen, was für das «Böhli» zur Existenzfrage werde.
Zwar machen die Bahnverantwortlichen klar, dass der Kreisel unabhängig vom Ausgang der Abstimmung über die Initiative ebenso wie der Bahnhof prioritär realisiert wird, damit er rechtzeitig bis zur Inbetriebnahme der Durchmesserlinie Ende 2018 zur Verfügung steht. Falls die Kurztunnel-Initiative zustande käme, müsste er auf Kosten der Gemeinde zurückgebaut werden. Werner Hugelshofer findet, dass die Realisierung bei einem Ja zur Initiative gestoppt und durch ein Provisorium ersetzt werden sollte, bis die Tunnelfrage definitiv entschieden ist. Ausserdem könnten auf dem Instanzenweg allfällige Einsprachen bis vor Bundesgericht gezogen werden. Die Verantwortlichen gingen hier von «optimalsten Annahmen» aus. Die Einführung des Viertelstundentakts sei nicht dringend und müsste notfalls halt hinausgeschoben werden. Die ganze Durchmesserlinie habe sowieso gegenüber der ursprünglichen Planung eine Verspätung von zwei Jahren.
Bauliche Einschnitte vertretbar
Für die Initianten ist die Erstellung der beiden Tunnelportale ein vertretbarer Eingriff ins Ortsbild. Wie entsprechende Visualisierungen der Gemeinde zeigten, lasse sich das Tunnelportal beim Schützengarten gut in das Gelände integrieren. Umgekehrt seien das Tunnelportal beim Bahnhof und die Tieferlegung aus Sicht des Dorfes kaum wahrnehmbar. Sie räumen allerdings auch «Schwachstellen» dieser Tunnelvariante ein, insbesondere dass im Bereich Werdenweg und Schützenbergstrasse aufgrund der neuen Gesetzgebung Bahnschranken realisiert werden müssten.
Zweitbeste Lösung
Leider stehe die beste Variante nicht mehr zur Verfügung: Der Langtunnel wurde im Januar 2015 mit deutlichem Mehr an der Urne abgelehnt. Schuld seien damals aber die pessimistischen Annahmen der Behörden vor den finanziellen Risiken und einer Steuerfusserhöhung gewesen. Dies bestätigten ihm immer wieder Stimmbürger, welche den Langtunnel grundsätzlich favorisiert hätten, sagt Köbi Brunnschweiler.
Stünde er nochmals zur Diskussion, hätte er heute grosse Chancen. Zumal diesmal der Gemeinderat die Finanzierung als tragbar erachte.
Keine Prognose wagen
«Wir haben jetzt die letzte Chance, Teufen als Dorf zu erhalten», sagt Werner Hugelshofer. In ihrer Wahrnehmung habe die Stimmung in recht grossen Teilen der Bevölkerung gedreht, zugunsten einer Tunnellösung. Eine Prognose sei aber schwierig. «Sicher werden wir ein besseres Resultat machen als bei der letzten Abstimmung», so Köbi Brunnschweiler.
Falls aber ein Nein resultiere, werde dies selbstverständlich akzeptiert und die Tunnelfrage nicht weiterverfolgt.