Im Einfamilienhaus der Familie Imper in Niederteufen stehen auf dem Esstisch zahlreiche kleine Silvesterchläuse, handgefertigt und einzigartig. Einige sind geschnitzt, andere aus bemaltem Sagex oder Sperrholz – die meisten vom siebenjährigen Leandro und einige auch von seiner Schwester Ladina gefertigt. Das «Chlausefieber» hat Leandro schon als Dreijährigen gepackt. Guido, sein Vater, schmunzelt bei der Erinnerung: «Damals übte er schon im Garten, bastelte Masken aus Papier und Karton und lief mit einem selbst gemachten Rollenträgerli ‘juuchzend’ durch die Wiese, stellte sich hin und begann zu zauren.»
Ganz so früh wie sein Sohn begann Guido nicht mit dem Chlausen. «Mit etwa Fünfzehn fuhr unsere Clique mit dem Töffli ins Tessin», erinnert er sich. «Auf dem Campingplatz sangen wir zusammen. Einige der Jungs waren bereits in einem Schuppel aktiv und meinten, mit meiner Stimme könnte ich doch auch mitmachen. Wenig später durfte ich an die erste Gesangsprobe und war dann ein fester Bestandteil im Muldenschuppel.» Gemeinsam nahmen sie Gesangsstunden bei Pöstler Erich Neff, einem erfahrenen Musiker und langjährigen Dirigenten des «Jodlerclub Teufen».
«Zwischen Weihnachten und Neujahr haben wir dann oft mehrere Tage nur mit dem Groschte verbracht», erzählt Guido. «Auch wenn das locker an einem oder zwei Tagen möglich gewesen wäre.» Die Männer trafen sich, um gemeinsam das «Chres» für ihr Groscht zu sammeln, manchmal fällten sie dafür sogar eine Tanne. «Dann erstellten wir gemeinsam das Groscht, und stimmten immer wieder ein Zäuerli an. Als wir 2013 entschieden, ‘schö’ zu gehen, musste die grosse Arbeit für die neuen Hauben und Hüte bereits ein Jahr im Voraus begonnen werden.» Die Planung der Hauben und Hüte, dem «Chügele», dem Haubenbau und Schnitzereien beschäftige den ganzen Schuppel das ganze Jahr hindurch. Und sie seien dann sehr auf die ganze Familie, Frauen und viele Helfende angewiesen gewesen. Gemeinsam ein so grossartiges Projekt zu verwirklichen, bedeutet Guido sehr viel und mache ihn stolz.
Für Guido und seine Familie ist Silvester längst ein fester Punkt im Jahreskalender geworden: «Das Chlausen ist ein Höhepunkt im Jahr, zwei Tage, an denen ich mit guten Freunden den Brauch zelebriere.» Von Haus zu Haus zu ziehen und den Menschen eine Freude zu bereiten, ist für ihn ein besonderes Erlebnis. «Wenn ich sehe, dass jemand Tränen in den Augen hat, wenn wir ein Zäuerli anstimmen, berührt mich das immer sehr und ist auch Balsam für die Seele.»
Wenn ich sehe, dass jemand Tränen in den Augen hat, wenn wir ein Zäuerli anstimmen, berührt mich das immer sehr und ist auch Balsam für die Seele.
Guido Imper
Das Chlausen begleitet die Familie Imper während des ganzen Jahres. Letztes Jahr hat Leandro einen neuen Rollenträger bekommen, auf den er sichtlich stolz ist. Der Rollenträger wiegt sieben Kilo, das gesamte «Groscht» rund 15 Kilo – beachtlich für den jungen Chlausen-Freund, der damit fünf Stunden auf den Strech geht. Leandro liebt das Chlausen, auch wenn es anstrengend wird, und freut sich dieses Jahr besonders, den neuen Rollenträger wieder tragen zu dürfen.
Guido geniesst die gemeinsame Zeit mit seinem Sohn – sei es beim Üben der Zäuerli mit den anderen Jungen im Schuppel oder beim Sammeln des Tannengrüns für das Groscht. Ganzkostbare Augenblicke sind für ihn jedoch jene, wenn sich sein Muldenschuppel und Leandros Buebeschuppel auf dem Strech begegnen: «Dann nehmen wir die Kleinen in unseren Kreis und singen gemeinsam. Das sind ganz besondere Momente.»
Guido ist gelernter Baumaschinenmechaniker und absolvierte die Rekrutenschule in Thun, wo er seinen Traum verwirklichte und die Lastwagenprüfung ablegte. «Lastwagenfahren war ein grosser Traum von mir», erinnert er sich. Nach der RS begann er als Lastwagenfahrer, zunächst auf Baulastwagen und später noch aushilfsweise auf Kühltransporten.
Mit 23 Jahren eröffnete er eine Filiale in St. Gallen für ein Unternehmen, das Baumaschinen vermietet und repariert und leitete diese 17 Jahre lang. Er bildete sich weiter zum Technischen Kaufmann. Aktuell arbeitet er bei der Firma Mock Technik AG in Gais. Dem Lastwagenfahren ist er allerdings stets treu geblieben: Seit 20 Jahren ist er unter anderem als Maschinist bei der Feuerwehr TBG tätig und gehört zum Spezialistenteam der Strassenrettung.
«In Niederteufen, wo ich aufgewachsen bin, fühle ich mich wohl.» Hier lernte er auch seine Frau Fabienne kennen, schon in der Schulzeit. «Sie ging zu den gleichen Lehrern wie ich – nur drei Jahre vor mir», schmunzelt er. Richtig zusammengefunden haben die beiden später, als Guido am Frühlingsmarkt für den Feuerwehrverein das «Beizli» führte. Im Einfamilienhaus der Familie ist im Keller eine kleine Werkstatt eingerichtet, in der Guido und Leandro die letzten Verzierungen an Leandros Hut anbringen, bevor sie dann an Silvester mit ihren Freunden von Haus zu Haus ziehen.