Mit dem Auto statt der Bahn über die Ruckhalde Richtung Güterbahnhof – im Bereich Kiosk bei der Hochwachtstrasse wäre der neue Abzweiger geplant. Foto: EG
Erich Gmünder
Jakob Brunnschweilers Idee für eine Entlastungsstrasse vom Riethüsli direkt ins Güterbahnhofareal kommt in der Stadt und im betroffenen Quartier nicht gut an.
In der Appenzeller Zeitung vom 9. Januar lancierte der ehemalige Baudirektor die Idee, das ab Ende 2018 nicht mehr benötigte Bahntrassee im Gebiet Ruckhalde in eine Entlastungsstrasse umzubauen, um so den Engpass im Riethüsli zu entschärfen.
Hintergrund ist die geplante Pförtneranlage in der Liebegg, die mittels Lichtsignal den Verkehr dosieren und den täglichen Stau auf der Teufener Strasse nach hinten ins unbewohnte Gebiet verlagern will. Dies als Zwischenlösung, bis der anvisierte Autobahnanschluss Liebegg zur Realisierung gelangt.
Übergangslösung als Alternative zur Pförtneranlage
Die Alternative, das Trassee zur Entlastung der Teufener Strasse zu nutzen, ist auf den ersten Blick bestechend: Der Individualverkehr aus dem Appenzellerland Richtung Autobahn könnte auf kürzestem Weg via Güterbahnhofareal zum Anschluss Kreuzbleiche geführt werden.
Jakob Brunnschweiler erhält für seine Idee Sukkurs aus Teufen: Vizepräsident Markus Bänziger ist Vorstandsmitglied der Wirtschaftsregion St. Gallen (WiSG) und der IG Engpassbeseitigung und bezeichnet die Idee als gute Übergangslösung bis zur Erstellung des Liebeggtunnels ein. Diese könnte das Nadelöhr Liebegg/Riethüsli massiv entlasten.
Für Quartier nicht zumutbar
Ganz anders tönt es im betroffenen Quartier. Eine zusätzliche Strasse im sonst schon verkehrsbelasteten Quartier will niemand. Die Ruckhalde mit den Familiengärten ist auch ein beliebter Naherholungsraum. Aus diesen Gründen wehrt sich der Verein Familiengärten auch gegen eine spätere Überbauung des Areals, das sich im Besitz der Stadt befindet. Sollte aber die Überbauung zustande kommen, wäre den Bewohnern der Verkehr vor der Haustüre kaum zuzumuten, sagt Gisela Bertoldo, Präsidentin des Vereins Familiengärten.
Auch der langjährige FDP-Parlamentarier und Quartiervereinspräsident Hannes Kundert, der sich schon seit Jahren für einen Anschluss Liebegg engagiert, ist skeptisch und sieht für das Quartier und die Landschaft problematische Punkte. Und als Zwischenlösung für 10 bis maximal 15 Jahre wäre eine solche Lösung zu kostspielig. „Besser, man würde das Geld in den künftigen Strassentunnel investieren“, findet er. Der Druck auf den Anschluss Liebegg müsse unbedingt aufrechterhalten werden.
Appenzeller Bahnen: „Nicht zu Ende gedacht“
Das fragliche Areal ist im Besitz der Appenzeller Bahnen, die verpflichtet sind, das Trassee nach Inbetriebnahme des Ruckhaldentunnels zurückzubauen. Was nachher damit geschehe, sei zurzeit offen, sagt Direktor Thomas Baumgartner.
Die Idee einer Umnutzung als Strassentrasse ist aus seiner Sicht jedoch nicht zu Ende gedacht. Insbesondere im Bereich Oberstrasse führe die neue Bahnlinie beim Tunnelausgang direkt auf das bestehende Bahntrassee. Dieser Bereich stehe damit nicht zur Verfügung und werde von der Bahn auch nicht abgetreten, so Thomas Baumgartner.
Das Baudepartement (neu Departement Bau und Volkswirtschaft) des Kantons Appenzell Ausserrhoden, die frühere Domäne von Jakob Brunnschweiler, nimmt keine Stellung zum Vorschlag seines früheren Chefs, da es sich um ein exterritoriales Gebiet handle. Immerhin lässt sich Kantonsingenieur Urban Keller entlocken, dass er von dieser Idee keine Kenntnis hatte und sie auch der Zeitung entnahm.
„Kosten und Nutzen in keinem Verhältnis“
Für die Stadt ist dieser Lösungsvorschlag nicht Neues, wie die neue Stadträtin Maria Pappa (SP) erklärt, die seit anfangs Jahr der Baudirektion vorsteht. Bereits 2008 sei vom Tiefbauamt die Machbarkeit einer Strasse im Gebiet Ruckhalde überprüft worden. Dabei sei aber festgestellt worden, dass der Eingriff in die Landschaft und das Siedlungsgebiet massiv wären. Insbesondere auch deshalb, weil das schmale Bahntrassee für die Aufnahme einer Strasse erweitert werden müsste, was massive Kunstbauten bedingen würde. Der Eingriff in die Landschaft und die Kosten stünden aber in keinem Verhältnis zum Nutzen.
Die Strasse würde nicht zu einer Verkehrsentlastung, sondern nur zu einer Verkehrsverlagerung führen, was insbesondere beim Verkehrsknoten Geltenwilenstrasse/St. Leonhard zu Kapazitätsproblemen führen würde. „Damit wäre das Problem weder aus Sicht des Quartiers noch der Stadt noch des übergeordneten Verkehrs gelöst“, so das Fazit von Stadträtin Maria Pappa.
Nutzung als Fuss- und Radweg im Vordergrund
Für die Stadt St. Gallen steht denn auch eine andere Alternative im Vordergrund: Sie plant, das nicht mehr von der Bahn benützte Trasse provisorisch für den Langsamverkehr zu nutzen. Provisorisch deshalb, weil zurzeit eine Studie am Laufen ist, welche eine Überbauung des freiwerdenden Areals zum Ziel hat. Ein Ausbau für den Langsamverkehr wäre mit geringen Kosten verbunden und könnte letztlich auch für die Erschliessung der Siedlung genutzt werden.
Der Link zum Artikel in der Appenzeller Zeitung vom 9.1.2017: Lösung à la Brunnschweiler
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