«Breiter Rücken ist bei dieser Arbeit wichtig»

01.06.2012 | Erich Gmünder
Margot Schweizer
Margot Schweizer musste bei ihrer Arbeit manches einstecken. Jetzt wurde sie pensioniert. Foto: EG

Durchschnittlich an drei Stunden pro Tag, zu ganz unterschiedlichen Zeiten, machte Margot Schweizer ihren Rundgang bei den öffentlichen Parkplätzen der Gemeinde und kontrollierte, ob die Parkscheibe richtig eingestellt oder die Parkuhr richtig gefüttert wurde. Wenn nicht, zückte sie ihren Bussenblock, notierte Uhrzeit, Ort und Kontrollschildnummer und steckte den Bussenzettel unter den Scheibenwischer.

Negative Reaktionen sind Ausnahme

Die Reaktionen der Gebüssten waren ganz unterschiedlich. Meist sei die Busse – wenn auch zähneknirschend – akzeptiert worden. Einige wenige hätten sich bei der Gemeinde beschwert, oder, wenn die Parkwächterin noch in der Nähe war, gleich bei ihr selber. «Manche Leute ärgern sich über sich selber und lassen die Wut an der Parkwächterin aus.» Oft werde dann der Bussenzettel zu Boden geschmissen oder demonstrativ zerrissen.

Einige wenige Male wurde sie beschimpft, wobei «Parkhexe» gerade noch das anständigste Wort war. Einer erdreistete sich und steckte ihr die Parkbusse in den Ausschnitt. Solche emotionalen Reaktionen schützten allerdings nicht vor dem Bezahlen. «Es gab aber auch Leute, die mich nach einer Busse spontan zu einem Kaffee eingeladen haben – nicht, um mich zu bestechen oder um einen Rückzug zu feilschen, sondern einfach so.»

Regelmässig besuchte Margot Schweizer auch Ausbildungen, wo geübt wurde, mit schwierigen Situationen umzugehen und sich nicht provozieren zu lassen.

Nach Schicksalsschlag neue Herausforderung gesucht

Margot Schweizer meldete sich vor 15 Jahren auf ein Inserat, weil sie wieder arbeiten wollte. Drei Jahre vorher hatte die Mutter von drei erwachsenen Kindern ihren Mann verloren, der nach einer schweren Krankheit gestorben war. Die Arbeit hat die gelernte Hotelfachangestellte trotz der Schattenseiten geliebt; im Bewusstsein, dass man sich damit kaum Freunde schafft. «Ich bin gerne an der frischen Luft, und liebte es, selbständig zu arbeiten und meine Zeit selber einteilen zu können.» Bei Wind und Wetter, auch in der grössten Kälte, unterwegs zu sein, machte ihr nichts aus. Und sie schätzte den Kontakt mit der Bevölkerung.

Breiter Rücken wichtig

Was sie manchmal beschäftigte, waren Vorurteile: «Manche meinten, ich sei scharf darauf, viele Bussen zu verteilen, um mehr zu verdienen, aber das war nicht so.» Sie erhielt für ihre Arbeit einen fixen Stundenlohn, der nicht von der Anzahl der verteilten Bussen abhängig war. Bei Parkzeitüberschreitungen bis maximal 15 Minuten drückte sie ein Auge zu, und wenn sie sah, dass jemand beim Parkieren vergass, die Parkscheibe einzustellen, machte sie ihn darauf aufmerksam.

Ende Mai wurde Margot Schweizer offiziell pensioniert. Nun freut sie sich darauf, mehr Zeit für ihre Grosskinder und ihren neuen Lebenspartner zu haben. Ihrer Nachfolgerin wünscht sie «einen breiten Rücken und ein frohes Gemüt, um negative Erfahrungen wegstecken zu können.» Und gerne erwähnt sie noch, dass sie während all den Jahren von Vorgesetzten und Kolleginnen und Kollegen unterstützt wurde, die ihr den Rücken gestärkt hätten. Erich Gmünder

TÜÜFNER POSCHT 5/2012

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