Nathalie Schoch
Pro Jahr werden schweizweit rund 9000 Brände an Gebäuden festgestellt, wie die Statistik der Vereinigung der kantonalen Gebäudeversicherungen VKF zeigt. Bei jedem vierten Brand liegt die Ursache bei der Elektrizität, da stellt sich unweigerlich die Frage, ob der Boom an Photovoltaik-Anlagen Einfluss darauf haben könnte. Eine spezielle Schweizer Statistik über Brände an Gebäuden mit Solaranlagen gibt es nicht, allerdings liegt eine länderübergreifende Studie vor, an der neben deutschen Instituten auch die Berner Fachhochschule mitgearbeitet hat. Daraus geht hervor, dass die Brandgefahr von Photovoltaik – trotz deutlicher Zunahme an Solaranlagen in den letzten fünf Jahren – gering sei.
Fachwissen über Brandbekämpfung erweitern
«Auch im Appenzellerland ist die Selbstentzündung einer PV-Anlage selten der Fall», sagt Walter Hasenfratz, Leiter Intervention der Assekuranz AR und Feuerwehrinspektor AR/AI. Meistens brenne das Dach oder Dachgeschoss aus anderen Gründen, die PV-Anlage sei dann für die Feuerwehr hinderlich beim Löschen, ausserdem eine weitere Gefahrenzone für die Einsatzkräfte. Deshalb wurde beim diesjährigen Weiterbildungskurs der Kommandanten und Instruktoren der Fokus auf die Brandbekämpfung in Verbindung mit PV-Anlagen gesetzt. 45 Teilnehmende aus diversen Appenzeller Feuerwehren setzten sich im Ausbildungszentrum Bächli in Teufen damit auseinander, unter fachkundiger Anleitung zweier Solar-Spezialisten.
Von der Theorie aufs Dach
«Grundsätzlich kann die Brandgefahr durch eine qualitativ hochwertige Anlage und eine sachgemässe Installation stark reduziert werden», betonte Marcel Speck, Teamleiter Photovoltaik eines renommierten Elektrounternehmens im Appenzellerland. Trotzdem gibt es einige Gefahren, die Feuerwehr-Einsatzkräfte zu beachten haben: Zum Beispiel ein Stromschlag, der aufgrund hoher Spannungen schwere Verbrennungen und innere Verletzungen nach sich ziehen kann.
Oder die Lichtbogen-Bildung; sie tritt auf, wenn der Stromkreis unterbrochen wird und hohe elektrische Feldstärken entstehen. Speck zeigte anhand von Beispielen auf, wie der gesamte Stromkreislauf funktioniert und wie die Anlagenbestandteile in den Gebäuden in der Regel aufgebaut sind. Dann ging es in den Praxisteil über, also in die Gebäude und aufs Dach. Während Marcel Speck die Klassen im Schulhaus in Niederteufen instruierte, stand Michael Bischoff, Elektroinstallateur und selbst Feuerwehrmann, auf dem Dach des Fabrikgebäudes Wäbi in Teufen. Die elektrische Steuerung wurde genaustens inspiziert, die Module auf den Dächern auseinandergenommen und Szenarien der Brandlöschung durchgespielt, damit im Ernstfall richtig und schnell gehandelt werden kann.
Vorkehrungen seitens Hauseigentümer:innen
Damit die Einsatzkräfte der Feuerwehren bei ihrer Arbeit nicht behindert oder gefährdet werden, sind verschiedene Massnahmen im Vorfeld hilfreich. Im Idealfall verfügen die Feuerwehren über eine Dokumentation, aus der ersichtlich ist, wo die spannungsführenden Bauteile in der PV-Anlage installiert sind. Auch Warnkleber an den Anlagenbestandteilen erleichtern die Arbeit der Feuerwehr im Ernstfall. «Es würde nur schon helfen, wenn die örtliche Feuerwehr über den Bau einer neuen Anlage informiert wird, um im Brandfall vorbereitet zu sein», ergänzt Bischoff. Doch wie so oft fehlen da oder dort gewisse Informationen, entsprechend sind die Einsatzkräfte gefordert. «Unsere Feuerwehren sind im Umgang mit Solaranlagen gut geschult, trotzdem ist es wichtig, sich mit den neuen Technologien laufend auseinanderzusetzen und deren Brandbekämpfung zu üben», sagt Hasenfratz.