Bildbericht/Video: Erich Gmünder
Es sollte eine Reverenz an den Toggenburger Reformator sein, aufgewachsen auf der anderen Seite des Alpsteins, in Zürich gross geworden – ein Revoluzzer aus heutiger Sicht. Selber musikalisch, hat Huldrych Zwingli die Musik ebenso wie die Bilder aus der Kirche verbannt. Nun kehrte die Musik ihm zu Ehren anlässlich des Jubiläums 500 Jahre Reformation in die Kirche zurück.
Für die Aufführung seines Auftragswerks „Zwingli im Alpstein“ hat Töbi Tobler rund ein Dutzend junge und drei ältere Hackbrettspieler sowie drei Bläser um sich geschart und monatelang geprobt: Das Hackbrettuniversum. Das Werk wurde am 14. März im Grossmünster Zürich und nun am 25. März in der Grubenmann-Kirche in Teufen uraufgeführt.
Töbi Tobler war selber in den 80er-Jahren selber ein Revoluzzer: Zusammen mit Ficht Tanner (Bassgeige), der im Publikum sass, machten die beiden jungen Wilden mit den langen Haaren unter dem Namen „Appenzeller Space Schöttl“ das alpenländische Saiteninstrument in der alternativen Szene salonfähig – und sich selber im Appenzellerland anfänglich nicht unbedingt beliebt, wurden sie doch als Aufmüpfige wahrgenommen, die es mit der Tradition nicht so genau nahmen. Wegen ihrer hohen Virtuosität mussten sie jedoch ernst genommen werden und gehören zu den Wegbereitern für den heutigen Boom des Instruments.
Die beiden sind 30 Jahre älter, ihre Haare grauer und kürzer und sie wohl auch etwas braver geworden, doch ein bisschen von dieser Vergangenheit drückte auch in der Komposition durch. Schon ganz am Anfang, als nach den „so schön katholischen“ (sprich Innerrhoder) Weisen die Basstuba die gefällige Harmonie aufbrach und vereint mit Trompete und Saxophon die Umwälzungen der Reformation (sprich das Kommen des Toggenburger Revoluzzers Zwingli) zum Ausdruck brachte.
https://www.tpost.ch/news/zwingli-ist-eine-basstuba/
Und voller Freude berichtete der mittlerweile 64-jährige Komponist über die jungen Amerikaner, die gegen die Waffenlobby und das Wettrüsten auf die Strasse gehen und von Revolution sprechen – eine Revolution, die von innen heraus komme, ganz fein, wie er im Anschluss erklärte.
Mit den folgenden Sätzen entwickelte sich die Komposition in ganz verschiedene Stilrichtungen: Mal volksmusikalisch-brav mit Anklängen an bekannte Stücke, dann jazzig, ja oft fast kakophonisch wie eine Guggenmusik, um wieder in den Alpenraum zurückzukehren und das Tanzbein zucken zu lassen wie an einer Appenzeller Stobete.
Der begeisterte bis frenetische Applaus am Schluss zeigte: Die Aufführung mit ihrem gewagten, ja vielleicht sogar etwas revolutionären Stilmix gefiel und brachte so ganz verschiedene Welten zusammen – der Name Hackbrettuniversum war wohl nicht zufällig so gewählt.
https://www.tpost.ch/news/ein-konzert-mit-18-hackbrettern-und-blaesern/