Bewerbungsgespräch vor vollem Saal

10.01.2025 | Timo Züst

Der 9. Februar ist Wahltag für Ausserrhoden. Zwei Personalien betreffen den Regierungsrat: Gesucht sind der neue Landammann und ein Ersatz für den Ende Mai in Pension gehenden Alfred Stricker (PU). Nach zehn Jahren als Vorsteher des Departements Bildung und Kultur. Für seinen Sitz kandidieren zwei Frauen: Susann Metzger (PU) aus Heiden und Barbara Giger-Hauser (parteilos) aus Teufen. Am Donnerstagabend stellten sich die beiden während eines überparteilichen Anlasses den Fragen von Publikum und Moderator Hanspeter Spörri. Klar ist: Herausforderungen gibt es mehr als genug.

Hinweis: Am 9. Februar stimmt die Schweiz auch über eine nationale Vorlage ab – die Umweltverantwortungsinitiative. Mehr dazu erfahren Sie hier.

«Ich habe eigentlich keinen fixen Plan für heute Abend. Einige Fragen habe ich mir überlegt – dann werden wir einfach diskutieren.» Hanspeter Spörris Eröffnung des Podiumsgesprächs im Lindensaal klingt freundschaftlich. Ganz so harmlos wird es dann aber doch nicht. Die Regierungskandidatinnen Susann Metzger und Barbara Giger-Hauser haben einige heikle Fragen zu beantworten. Dabei bestimmen sie die Themenwahl aber auch mit. Die erste Frage von Spörri ist nämlich die nach den anstehenden Herausforderungen unseres Kantons. Susann Metzger zählt auf: «Es stehen ganz grosse Geschäfte an. Die Kantonsverfassung – zu der sich der Regierungsrat ja gerade geäussert hat –, das Fusionsgesetz, die zunehmende Alterung der Gesellschaft und die Frage, wie wir das Volk in Zukunft miteinbeziehen können.» Ihre Teufner Konkurrentin spricht anschliessend von drei grossen Themenbereichen: «Eine qualitativ gute und bezahlbare Gesundheitsversorgung, die Kantonsfinanzen beziehungsweise die anstehenden Sparanstrengungen und die Umwelt- und Energiefragen.»

«Vermutlich müssen wir die Bevölkerung mehr in die Windkraftplanung einbinden. Wer partizipieren kann, akzeptiert die Projekte eher.»

Susann Metzger

So kamen gleich mehrere kontroverse Themen aufs Parkett. Hanspeter Spörri hakte zuerst bei den Windkraft-Plänen der Regierung nach. Diese hatte kürzlich ihren Erlass zu den entsprechenden Richtplananpassungen publiziert. Was ist die Haltung der Kandidatinnen? Beide sind im Grundsatz für die Nutzung der Windkraft im Kanton – und beide betonen die Wichtigkeit einer gewissenhaften Abwägung von Schutzinteressen und Nutzen. Susann Metzger ist als Vorderländerin – sie wohnt seit 20 Jahren in Heiden – besonders mit diesem Thema konfrontiert und sagt: «Vermutlich müssen wir die Bevölkerung mehr einbinden. Wer partizipieren kann, akzeptiert die Projekte eher.»

«Es gibt bei vielen Themen ein Plus und ein Minus. Wenn wir uns nicht von diesen Standpunkten wegbewegen, bewegen wir uns nie.»

Barbara Giger-Hauser

Klar ist: Das Thema Windkraft ist ein grosses Spannungsfeld. Eine Diskussion, bei der man ziemlich sicher «aneckt». «Wie gehen Sie mit solchen Situationen um?», fragt dann auch Hanspeter Spörri. «Ich stehe für meine Meinung ein und mir ist wichtig, dass ich sie begründen kann. Wenn ich dabei anecke, ist es halt so. Und falls die Mehrheit dann anderer Ansicht ist, kann ich das auch akzeptieren», antwortet Susann Metzger. Auch Barbara Giger-Hauser hat bei kontroversen Themen keine Berührungsängste. «Aber für mich ist das Anecken nicht das primäre Ziel. Ich versuche vielmehr, gute Lösungen zu finden. Es gibt bei vielen Themen ein Plus und ein Minus. Wenn wir uns nicht von diesen Standpunkten wegbewegen, bewegen wir uns nie.»

Führung und Kommunikation

Wo Herausforderungen sind, gibt es auch Chancen. Meistens. Für Ausserrhoden stimmt diese Prämisse auf jeden Fall. Eine sieht Barbara Giger-Hauser in der Grösse und Struktur des Kantons. Hanspeter Spörri hatte gerade das Thema Kommunikation angesprochen und sie antwortet: «Wir sind hier zum Glück noch relativ nahe an der Bevölkerung. Wenn ich einen Regierungsrat in der Migros treffe, rede ich mit ihm. Das ist aus meiner Sicht eine grosse Chance.» Hier sind sich die beiden Frauen einig. Auch Susann Metzger spricht sich für einen regen Austausch mit der Basis aus. «Man muss auch mit Leuten reden, die nicht Teil des Politzirkels sind. Dabei merkt man manchmal, was man anders kommunizieren muss.»

«Einerseits bin ich im Kanton gut vernetzt und andererseits glaube ich, es hat auch Vorteile, nicht Teil der ‘Politik-Blase’ zu sein.»

Barbara Giger-Hauser

Diese Einigkeit hält allerdings nicht lange. Denn die nächsten Fragen beziehen sich auf zwei Nebengeschäfte der neuen Kantonsverfassung: Stimmrechtalter 16 und Ausländerstimmrecht. Während Susann Metzger beides befürwortet, lehnt Barbara Giger-Hauser beides ab. Sowieso gibt es einige markante Unterschiede zwischen den beiden Kandidatinnen. Die Heidlerin mit Wurzeln im Rheintal hat bereits einiges an politischer Erfahrung «im Rucksack». Seit 2019 sitzt sie für die Parteiunabhängigen im Kantonsrat und ist seit 2023 Präsidentin der Kommission Bildung und Kultur; von 2013 bis 2021 war sie zudem Mitglied des Gemeinderats Heiden – unter anderem als Schulpräsidentin. Barbara Giger-Hausers politische Erfahrung beschränkt sich demgegenüber auf ihre Zeit im Teufner Gemeinderat von 1998 bis 2004 als Leiterin des Ressorts Soziales – damals noch für die FDP. Diese Diskrepanz wurde später auch vom Publikum aufgegriffen: Ist das ein Nachteil, Frau Giger? «Mit dieser Frage wurde ich natürlich schon häufig konfrontiert. Ich kam zum Schluss: Nein. Einerseits bin ich im Kanton gut vernetzt und andererseits glaube ich, es hat auch Vorteile, nicht Teil der ‘Politik-Blase’ zu sein. Ausserdem sehe ich viele Parallelen zwischen meinem früheren Job und der Rolle als Regierungsrätin.»

«Für mich ist aber klar, dass wir bei der Bildung nicht sparen sollten. Die Bildung ist unser höchstes Gut.»

Susann Metzger

Damit wären wir wieder bei einer Gemeinsamkeit der zwei Kandidierenden: der Ehrgeiz. Beides sind Karrierefrauen. Während Barbara Giger-Hauser bis Mai 2024 als Leiterin des Departements Pflege beim Kantonsspital St. Gallen tätig war (mehr dazu hier), ist Susann Metzger stv. Bereichsleiterin Fabrikation bei der Sefar AG in Heiden. Die Publikumsfrage nach ihren Führungskompetenzen können die zwei deshalb relativ gelassen beantworten. Wobei sie sich beim Führungsstil nicht ganz einig werden: Während Susann Metzger in Richtung partizipatives Modell tendiert, favorisiert Barbara Giger-Hauser einen eher klassischen Führungsstil.

Der überparteiliche Anlass im Lindensaal war sehr gut besucht – alle Stühle waren besetzt.

Sparen, Schule und Generation Z

Hanspeter Spörri hatte schon vor einer halben Stunde mit dieser Frage gedroht. Jetzt kommt sie: «Der Kanton muss sparen. Wo sehen Sie konkretes Potenzial?» Barbara Giger-Hauser antwortet schon wie eine waschechte Politikerin: «Es wäre vermessen zu behaupten, ich wüsste jetzt schon, wo genau der Kanton sparen kann. Aber ich finde den gewählten Ansatz gut: Wir müssen nun nochmal alles genau analysieren und einen breit abgestützten Plan definieren. Vielleicht erbringt der Kanton auch Leistungen, die gar nicht zu seinen Aufgaben gehören.» Der Moderator hakt nach: «Und falls wir zu wenig sparen können? Die Steuern etwas erhöhen?» «Das wäre für mich nur im äussersten Notfall eine Lösung. Davor sollten wir alle anderen Möglichkeiten ausloten.» Auch Susann Metzger befürwortet den eingeschlagenen Weg von Regierungs- und Kantonsrat, dem sie ja angehört. Sie erwähnt zudem die Wichtigkeit einer Volksabstimmung zur Validierung der vorgeschlagenen Sparmassnahmen. «So können wir fragen: Ist es euch das wert? Oder sollen wir einen anderen Weg finden?»

«Und falls wir zu wenig sparen können? Die Steuern etwas erhöhen?»

Moderator Hanspeter Spörri

Der zurücktretende Regierungsrat Alfred Stricker hat während der vergangenen zehn Jahren das Ressort Bildung und Kultur geleitet. Wenig erstaunlich also, dass heute Abend auch einige Vertreterinnen dieses Sektors zu Gast sind. Sie wollen von den Kandidatinnen unter anderem wissen, wie sie die Zukunft der Schule in Ausserrhoden gestalten, den Fachkräftemangel bekämpfen und allfälligen Sparmassnahmen begegnen wollen. Während dieser Diskussion profitiert Susann Metzger von ihrer Erfahrung als Schulratspräsidentin und Vorstandsmitglied der Schulpräsidienkonferenz. Einen fixfertigen Lösungsansatz hat sie dennoch auch nicht in der Hinterhand. «Für mich ist aber klar, dass wir hier nicht sparen sollten. Die Bildung ist unser höchstes Gut.» Auch Barbara Giger-Hauser spricht sich gegen harte Sparmassnahmen im Bildungssektor aus. Sie ist aber auch offen für neue Lösungsansätze – wie das punktuelle Streichen von Lektionen, das in St. Gallen getestet werden soll. «Wenn man dadurch verhindern kann, dass die Lehrpersonen überlastet und Klassen massiv grösser werden, kann man darüber diskutieren.» In diesem Kontext kommt auch die «Generation Z» und deren Ruf als «verweichlichte Generation» zur Sprache. Diesbezüglich herrscht – mit einigen Nuancen – Einigkeit bei den Kandidatinnen: Kritik an der Generation macht wenig Sinn. Diese «ist, wie sie ist» und hat viel Potenzial. Entscheidend sei, dieses Potenzial richtig zu nutzen.

Hinweis: Mehr über die beiden Kandidatinnen erfahren Sie auf den jeweiligen Websites Barbara Giger-Hauser / Susann Metzger

Landammann und Oberrichter

Am 9. Februar wählt Ausserrhoden nicht nur eine neue Regierungsrätin. Gleichzeitig stellt sich der amtierende Regierungsrat Hansueli Reutegger aus Schwellbrunn zur Wahl als Landammann zur Verfügung. Da er an diesen Abend wegen Verpflichtungen in Bern nicht anwesend sein konnte, stellte ihn Mitorganisator und Präsident der FDP-Teufen, Marco Sütterle, anhand einiger PowerPoint-Folien kurz vor.

Anschliessend kam Daniel Hofmann (Foto) zu Wort. Er kandidiert am 9. Februar als Oberrichter. Er wohnt derzeit in Horn und würde bei einer allfälligen Wahl nach Ausserrhoden ziehen – das ist Pflicht. Nach dem Jura-Studium in Fribourg arbeitete er während 14 Jahren in der kantonalen Baudirektion in Herisau. In dieser Zeit absolvierte er auch die Anwaltsprüfung in Trogen. Danach wechselte er nach Trogen – als Gerichtsschreiber am Obergericht. Dort ist er nun seit sieben Jahren tätig. Zu seiner Motivation sagt er: «Es klingt vielleicht etwas kitschig, aber Gerechtigkeit ist mir nach wie vor sehr wichtig. Ausserdem bin ich entscheidungsfreudig und wage zu behaupten, eine gute Menschenkenntnis zu haben.»

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