Deine Ausstellung trägt den Namen «Ich will schwärmen». Wovon möchtest du schwärmen?
Von unserer Gesellschaft. Manchmal gelingt es mir und manchmal ist es nicht einfach. Die Ausstellung ist ein Versuch, diese zu analysieren. Im Wort «schwärmen» steckt eine Doppeldeutigkeit. Einerseits bedeutet es, begeistert von etwas zu reden. Es ist aber auch die gemeinsame Fortbewegung von Tieren, die in Schwärmen leben. Ein Schwarm bietet Sicherheit, trägt die Einzelnen mit. Konventionen begrenzen und vereinfachen gleichzeitig den Handlungsspielraum. In einem Text zur Ausstellung schreibe ich: «Jede Freiheit des Vogels wird zur Verantwortung des Vogels.»
Und was bedeutet das für deine Analyse der Gesellschaft?
Übersetzt heisst das so ungefähr: Einerseits ist da diese Beschleunigung, der Leistungsdruck oder auch Selbstoptimierung. Darin sehe ich eher Zwänge.
Und die schönen Seiten?
Das Eingebundensein in einer Gesellschaft ist essenziell. Unser «Schwarm» ist unsere Lebensgrundlage, wir brauchen soziale Teilhabe und gegenseitige Unterstützung und Abhängigkeiten. Ich glaube, das ist so stark verinnerlicht, dass es gar nicht mehr so leicht von aussen betrachtet werden kann.
Du erwähnst in einem Video zur Ausstellung die grauen Herren aus Michael Endes «Momo». Sie sind Zeitdiebe. Diesen Aspekt hast du in Fotografien festgehalten. Wo fühlst du dich deiner Zeit beraubt?
Genau, in den Bildern versuche ich, alltägliche Situationen zu zeigen, welche auf den zweiten Blick fragen: Gäbe es da nicht eine bessere Lösung? Auch ich spüre die soeben beschriebenen Dynamiken und Zwänge. Dazu kommt mir gerade noch das Wort Selbstverwirklichung in den Sinn. Damit verhält es sich ähnlich. Erstmal wirkt die Möglichkeit zur Selbstverwirklichung verlockend. Aber das ist ein schmaler Grat. Es gibt Erwartungen von aussen, dass man etwas aus sich macht. Und natürlich stellt man diese dann auch an sich selbst.
Erstmal wirkt die Möglichkeit zur Selbstverwirklichung verlockend. Aber das ist ein schmaler Grat.
Teil deiner Ausstellung sind die schwebenden Verkehrsleitkegel. Wie reagieren die Menschen auf diese beinahe zauberhafte Installation?
Erstmal sind die orangen Pylonen im Weg und es gibt eine gewisse Distanz, da Kunst leider oft nicht angefasst werden darf. Aber dann beginnen die Menschen schnell, mit ihnen zu spielen und sie werden Teil der Schwarmbewegung. Zum Beispiel stellen sie sich drunter und warten, bis einer der Kegel wie ein Hut auf dem Kopf landet.
Darf man spielen?
Ich finde schon, solange nichts kaputt geht. Von distanzierter, elitärer Kunst halte ich nicht viel. Die Installation kann unterschiedliche Reaktionen auslösen. Sie hat nämlich auch einen sehr meditativen Charakter. Ich lade Besuchende dazu ein, einfach reinzukommen und die langsamen Bewegungen auf sich wirken zu lassen.
Du hast in Luzern an der Hochschule gerade den Master in Kunst abgeschlossen. Gibt es bald mal ein Heimspiel in Teufen?
Geplant ist derzeit leider nichts. Aber ich würde gerne bald in der Ostschweiz oder in Teufen eine Ausstellung realisieren.
Hinweis: Die Ausstellung «Ich will schwärmen» von Serafin Krieger ist noch bis am 15. Dezember in der Galerie Kriens zu sehen. Ein Videoportrait dazu gibt es von arttv.ch