Aus der Frühgeschichte des Hotels zur Linde

04.07.2011 | TPoscht online
1920 mit kath
Thomas Fuchs

Zwei Familien prägten und prägen das Geschick der Linde: Im 19. Jahrhundert die Familie Meier, im 20. und frühen 21. Jahrhundert die Familie Lanker. Erstmals als Gasthof oder Schildwirtschaft begegnet uns die Linde am Sammelbüel in den Jahren 1826/27. Sie befand sich in einem Gebäude, das bereits vor 1795 errichtet worden war.

Ältester Beleg  aus dem Jahr 1795

Als ältestes noch erhaltenes Zeugnis existiert die Abschrift eines Zedels vom November 1795. Die Liegenschaft ging damals in den Besitz von Anna Barbara Reutegger, der Witwe des im Januar desselben Jahres verstorbenen Conrad Hörler (1732–1795), und ihrer Kinder über. Später übernahm es der Sohn Hans Conrad Hörler.

«Gasthof zur Linde / Hotel du Tilleul», um 1835. Kolorierte Federzeichnung von Johann Ulrich Fitzi. (Privatbesitz)

Es handelte sich um ein typisches, aus Wohnhaus und angebautem Stadel bestehendes Ausserrhoder Bauernhaus mit zugehörigem Wies- und Weideland sowie einem Waldstück im Kopfholz (Gemeinde Bühler) und einem Stück Streuemoos im Hinterleimensteig (Bezirk Haslen AI).

Seit 1827 Gasthof zur Linde

Dieses Gebäude liess im Jahr 1826 der neue Eigentümer, Christian Meier-Hofstetter (1779–1845), der vorher einige Jahre den Sternen in Speicher geführt hatte, zum Gasthof umbauen. Das Haus erhielt eine neue, repräsentative Täferfassade mit Schein-Pilastern, wie dies im selben Jahr auch bei zwei Gebäuden an der Hechtstrasse der Fall war. An die Stelle der Scheune über dem Stall trat ein zweigeschossiger, klassizistisch gestalteter Aufbau mit einem Saal und darüber liegenden Zimmern.

1827 erhielt Meier die Bewilligung, mit dem Schild zur Linde wirten zu dürfen. Drei Jahre später übergab er den aus Gasthof, Landwirtschaft und Fuhrhalterei bestehenden Betrieb seinem Sohn Johann Jakob Meier-Zellweger (1806–1878). 1846 ging die Linde an dessen jüngeren Bruder Christian Meier-Zürcher (1820–1870), der zuvor als Kellner mitgearbeitet hatte, über.

Besonderes Konzerte in der Linde 1843

Eröffnet durch eine Klavierfassung der Ouvertüre aus Beethovens Oper «Egmont», einen Choral aus Mendelssohns Oratorium «Paulus» und zwei Arien aus Rossinis «Stabat Mater» fand am Sonntag, 8. Januar 1843, in der Linde ein hochkarätiges Konzert unter der Leitung des norddeutschen Komponisten Friedrich Wilhelm Kücken (1810–1882) statt. Mehr als 300 Zuhörende sollen gekommen sein. Nach der Pause gelangten Werke für Chor und Solostimmen zur Aufführung, die Kücken eigens für diesen Abend komponiert hatte.

Organisator der Anlässe war der spätere Landammann und Ständerat Johannes Roth (1812–1870), dessen Gattin die Lieder auf ihrem englischen Flügel begleitete und die Ouvertüren solo vortrug. Roth konnte Kücken für die Jahre 1842/43 als Leiter für seinen ca. 1837 gegründeten Teufner Gesangsverein verpflichten. Ein zweites Konzert folgte am 17. April.
«Hôtel und Pension Linde, Teufen, Concert-Saal» mit gemalten Alpsteinmotiven an den Wänden, Ansichtskarte um 1910. (Sammlung Werner Holderegger)

«Hotel du Tilleul»

Der Neubau der Hauptstrasse von Teufen nach Bühler und vielleicht auch der Bau des Zeughauses in den Jahren 1853/54 bewogen den Wirt und Bauern Christian Meier dazu, seinen Gasthof zu vergrössern. Der Anbau mit Stall und Saal erfuhr eine grundlegende Veränderung. Die Etagen vom Saal an aufwärts, also der 1826 errichtete Saal und die Zimmer darüber, wurden angehoben. Darunter entstanden anstelle des Stalles zwei neue Stockwerke mit einer neuen Gaststube im Parterre und einem weiteren Saal im ersten Geschoss. Rund um das Gebäude wurde ein attraktiver Park mit «Lusthaus» (Pavillon) und Springbrunnen angelegt.

Meiers «Gasthof zur Linde (Hotel du Tilleul)» gehörte nun zu den besten Adressen im Appenzellerland. In den beiden geräumigen Sälen fanden häufig Konzerte statt. Da lag es nahe, auch die beliebten Molkenkuren anzubieten. Auf das Drängen von vielen Seiten hin und im Vertrauen auf die «schöne, milde Lage, welche allen andern Kurorten den Rang im Klima streitig macht, sowie die gesunde, reine Luft» führte Meier dieses Angebot im September 1856 ein. Es wurde während rund dreissig Jahren beibehalten.

Badehaus

Ab 1870 führten Witwe Nina Meier-Zürcher (1827–1915) und ihr Sohn Otto den Betrieb weiter. Sie liessen 1879 im Garten eine Kegelbahn (1972 Abbruch) und wenig später ein Badehaus erstellen. Die Bäder konnten im Sommerhalbjahr gegen Entgelt von allen Leuten benutzt werden, und zwar täglich ausser sonntags.

Mit der Eröffnung der ‹Appenzeller Strassenbahn› Ende September 1889 erhielt die Linde eine eigene Haltestelle. Im Herbst 1891 übernahm Heinrich Oertle-Zürcher (1854–1909), der bis dahin als Chirurg in Degersheim tätig gewesen war, den Gasthof, dem noch immer ein Landwirtschaftsbetrieb angegliedert war. Er stieg zudem in den Weinhandel ein.

 

«Hotel u. Pension zur Linde, Teufen» mit katholischer Kirche und Pfarrhaus. Ansichtskarte um 1920. (Sammlung Werner Holderegger)

Saalanbau 1904

Am 1. Januar 1901 begann mit Emil Lanker-Hörler (1873–1914) dann die noch immer andauernde Lindenwirte-Ära. Den Weinhandel, den er noch knapp zwei Jahre zusammen mit dem Vorgänger weiterführte, ergänzte er um den Handel mit Futtermitteln. 1904 liess er einen neuen, grossen Konzertsaal mit rund 300 Sitzplätzen ans Hotel anbauen (1987/88 durch heutigen Lindensaal ersetzt). 1914 kam in der Scheune eine elektrisch betriebene Futter- und Maismühle hinzu (1972 Abbruch).

Tüüfner Poscht Ausgabe 06 / 2011 (PDF)

«Gasthof & Pension zur Linde.» mit dem Saalanbau von 1904. Ansichtskarte, versandt Mitte August 1905. (Ortsgeschichtliche Sammlung Teufen)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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