Auf die nächste Dekade!

30.09.2022 | Timo Züst
Jubiläum_ZHT (16)
Vor dem Abriss wurde natürlich die Einwilligung des Künstlers Thomas Stüssi (im Hintergrund) eingeholt.

Am 9. Juni 2012 begann das zweite Leben des Zeughaus Teufen: Aus dem Militär- wurde ein Kulturhaus. Am Freitagabend feierte der Kultur- und Begegnungsort sein 10-jähriges Bestehen. Mit Musik, guter Stimmung, Essen und Trinken, etwas Chaos und einer kleinen Sensation.

Ein Abend ganz nach Ueli Vogts Geschmack: Ein Jagdhorn wird geblasen, Kinder wuscheln durch die Menge, die Musik (Marius Tschirky / «TWOgether») spielt überall, während der Reden ist Essen erlaubt und ein Kunstwerk wird zerstört. Die Feier zum 10-jährigen Jubiläum des Zeughauses ist auch ein Dankeschön an den Kurator. Ueli Vogt war von Anfang an dabei. Sogar ein bisschen früher. «Es ist jetzt ziemlich genau 11 Jahre her, seit ich meinen Arbeitsvertrag unterschrieben habe. Beim Bewerbungsgespräch musste ich Rosmarie (Nüesch-Gautschi) verschiedene Zimmermann-Arbeiten erläutern. Das war mir damals ganz schön peinlich», sagt er während seiner Ansprache. Und er wartet auch mit Zahlen auf: In den vergangenen 10 Jahren hat das Zeughaus rund 45’000 Gäste empfangen, 620 Gruppen durchs Haus und das Grubenmann-Museum geführt und 60 Ausstellungen gezeigt. «Ausserrhoden hat 55’626 Einwohnende. Man könnte also sagen, jeder über 6 Jahre war schon hier. Aber vermutlich kann man das eben nicht so sagen.» Und sowieso: Für ihn sind die Besucherzahlen nicht das wichtigste Indiz für den Erfolg eines Museums. Hier bedient er sich eines Grubenmann-Vergleichs: «Rosmarie hat über die Verzierungen im schwer zugänglichen Dachstuhl der Kirche in Grub jeweils gesagt: Das haben sie für Gott gemacht. Die Menschen sehen das ja eh nie.» Solche «unsichtbaren» Verzierungen verschwanden nach und nach – man orientierte sich immer mehr an der visuellen Wahrnehmung der Menschen. «Aber ich bin überzeugt, und das ist nicht esoterisch gemeint, dass auch der unsichtbare Teil unserer Welt einen Einfluss auf uns hat. Und so ist es auch mit der Wirkung eines Museums.» Seine drei Vorredner pflichten dieser Einschätzung bei, loben seine Arbeit – und blicken in die Zukunft.

Ein Begegnungsort

Das Zeughaus wird von der Stiftung Grubenmann-Sammlung getragen und geführt. Deren siebenköpfiger Rat hatte in den vergangenen Monaten eine wichtige Entscheidung zu treffen: Ueli Vogts Nachfolge wurde gewählt. «Wie Sie sicher wissen, verlässt uns Ueli in den kommenden Monaten. Seine Nachfolge treten Lilia und David Glanzmann als Co-Leitung an. Wir sind überzeugt davon, dass sie das Zeughaus als Ort der Baukunst, der Kultur, der Kunst und der Freundschaft weiterführen werden.» Matthias Tischhauser ist Stiftungsrats-Präsident und blickt in seiner Festrede zurück und nach vorn: «In den ersten 10 Jahren hat sich das Zeughaus dank Ueli Vogt vom Start-up zu einer Institution entwickelt. Eine sehr gute Ausgangslage für die Zukunft.» Er listet auch die vom Stiftungsrat definierten Ziele für die kommenden Jahre auf. Sie machen deutlich: Das Zeughaus soll eine Kombination aus Grubenmann-Museum bzw. Haus der Baukunst und lebendiger Kultur bzw. sich wechselnden Ausstellungen und Projekten bleiben. «Mir bleibt bloss zu sagen: auf die nächste Dekade!»

«Günstiges» Haus

«Ganz ohne Stolpersteine ging diese Verwandlung allerdings nicht vonstatten.» Gemeindepräsident Reto Altherr steht an diesem Abend ebenfalls auf der Bühne. Er erinnert an die folgenschwere Abstimmung vom 15. März 1998: Damals stimmte Teufen zwar dem Landabtausch zu. «Wir traten dem Kanton Land beim Unteren Bächli ab, dafür ging das Zeughaus in den Besitz der Gemeinde über.» Dem Kunsthaus-Projekt («Sammlung T») erteilte die Stimmbevölkerung allerdings eine Abfuhr. Die nächste Abstimmung liess elf Jahr auf sich warten: Im November 2009 sagte Teufen dann «Ja» zum Umbau und der Mischnutzung des Zeughauses, wie sie heute noch praktiziert wird. «Ich will bei der Geschichte nicht zu sehr ins Detail gehen. Das können Sie in der Tüüfner Poscht nachlesen. Etwas fiel mir aber auf: Der Bau des Zeughauses von 1853 bis 1855 hatte 55’213 Franken gekostet, der Anteil des Kantons betrug 19’090 Franken.» Zum Vergleich: Der Umbau des Zeughauses, der im November 2010 startet, kostete fast 7 Mio. Franken.

Diamant und neue Kunst

Landammann Dölf Biasotto war sichtlich überrascht, als Ueli Vogt auf der Bühne in seine Sakko-Tasche griff. «Du hast ihn immer noch? Damit habe ich jetzt wirklich nicht gerechnet.» Was der Kurator da hervorzaubert, war ein Geschenk des Regierungsrates: ein Edelstein. «Ich hatte immer ein wenig ‘Verbarmen’ mit Ueli. Ich dachte mir: Das ist doch ein einsamer Job in diesem grossen Haus. Der Stein sollte ihm etwas Gesellschaft leisten.» Aber Dölf Biasotto bringt nicht nur Mitgefühl, sondern vor allem viel Lob zum Ausdruck: «Du hast in diesen zehn Jahren Grossartiges geleistet und aus dem Zeughaus einen einzigartigen Ort mit grosser Ausstrahlung gemacht. Du hast es geschafft, Ingenieursgeschichte, Handwerk, Kunst und Kultur zu verbinden.» Und dann lässt der Landammann noch eine kleine Bombe platzen. Das Zeughaus Teufen wird das neue Zuhause der Kunstsammlung des Kantons Appenzell Ausserrhoden. «Wie Sie vielleicht wissen, hat der Kanton eine stolze Sammlung wunderschöner Werke. Die meisten hängen bisher in den Räumen der Verwaltung. Sie werden nun einem breiteren Publikum zugänglich gemacht.» Von dieser neuen Dauerausstellung profitieren nicht nur das Zeughaus und dessen Gäste, sondern auch die einheimischen Kunstschaffenden. «Die Sammlung soll auch wachsen. Eine grössere Präsenz ist dafür perfekt.»  tiz

Die Festredner


 

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